„Rückkehr des Autors“

Berliner Tagung zur Autorschaft mit Beteiligung der Graduiertenschule

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Matthias Schaffrick

© Innokentij Kreknin

Den Zusammenhang von Autor und Text haben Literaturwissenschaftlerinnen und Literaturwissenschaftler auf einer Tagung an der Humboldt-Universität zu Berlin erörtert. Zu den Veranstaltern der Konferenz „Autorschaft zwischen Intention, Inszenierung und Gesellschaft“ gehörte Germanist Matthias Schaffrick von der Graduiertenschule des Exzellenzclusters „Religion und Politik“. Er organisierte die Tagung zusammen mit dem Germanisten Marcus Willand von der HU Berlin und mit Unterstützung der Studienstiftung des deutschen Volkes. Die Tagung zielte auf „Positionsbestimmungen nach der ‚Rückkehr des Autors‘“, wie die Veranstalter erläuterten.

Das Thema besitzt für die Literaturwissenschaft besondere Brisanz, seit der französische Literaturwissenschaftler und Semiotiker Roland Barthes „den Autor“ 1967 für tot erklärte. Dieser mit dem berühmten Essay „Der Tod des Autors“ markierte Einschnitt wurde auf der Tagung neu betrachtet. Die Teilnehmer zeigten sich überzeugt, dass der vermeintliche Tod der Autor-Autorität notwendig war, um neue Souveränität für den Autor und sein Schreiben zu gewinnen. Die Berliner Veranstaltung befasste sich mit Themen, die auch die Arbeitsgruppe Autorschaft im Exzellenzcluster erörtert.

So widmete die Tagung sich dem Thema Autorschaft auch im Spannungsfeld von Religion und Politik. Romanistin Karin Peters von der Universität Mainz präsentierte eine ideengeschichtliche Fundierung der „Barthes’schen Autorkritik“. Ausgehend von den Anfängen der Religionssoziologie in Frankreich argumentierte sie, dass Vorstellungen von religiösen Opferritualen und ihre Funktion für die politische Gemeinschaft die gesellschaftliche Bedeutung von Autorschaft als Autorität beeinflussen.

Die Autor-Intention als Mythos

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Marcus Willand

© Innokentij Kreknin

Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Moritz Baßler von der Universität Münster sprach über die Intention des Autors. Er verneinte die Frage, ob sich diese Absichten nachweisen lassen. Baßler bezeichnete die Autor-Intention als einen Mythos im Sinne Roland Barthes. Vorstellungen von einem Autor und seinen Intentionen kommen, so Baßler, erst durch das Erzählen von Absichten, Ursachen und Ursprüngen im Text zustande. Demgegenüber wandte sich der Würzburger Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Fotis Jannidis einer pragmatisch fundierten Konzeption von Autorschaft zu. Ein Autor-Image ergebe sich auf Seiten des Lesers durch kommunikative Schlussfolgerungen zwischen Autor, Leser und den zwischen ihnen liegenden Texten.

An diese und weitere Vorträge schlossen sich Diskussionen über den Stellenwert fiktionaler Darstellungen von Autorschaft, die Funktion des Übersetzers oder Herausgebers als Autor, Textsorten wie Interviews und Autorpoetiken, Autorenlesungen und wissenschaftliche Autorschaft an. Felix Steiner aus Zürich, der mit seiner Monografie über wissenschaftliche Autorschaft für dieses Thema im deutschsprachigen Raum Maßstäbe setzt, zeigte auf, dass wissenschaftliche Texte nicht „unpersönlich“ oder „autorlos“ funktionieren, sondern Autorschaft ebenso aufführen, darstellen und inszenieren, wie es auch in literarischen Texten der Fall ist. (Matthias Schaffrick)