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Dossier

Frieden. von der Antike bis heute

Wie Menschen sich seit der Antike um Herstellung und Wahrung des Friedens bemühten

Menschen haben sich zu allen Zeiten nach Frieden gesehnt, bewahren konnten sie ihn aber auf Dauer nie. Anhand vieler historischer Beispiele der europäischen Geschichte zeigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters Strategien, Verhaltensmustern und Verfahren, mit denen sich Menschen von der Antike bis heute um Herstellung und Wahrung des Friedens bemühten. Sie richten im multimedialen Dossier „Frieden. Von der Antike bis heute“ das Augenmerk etwa auf das Vertrauen als Voraussetzung von Frieden vom Mittelalter bis zum Kalten Krieg, den ältesten Friedensvertrag der Welt, eine philosophische Kritik am derzeitigen Einsatz von Kampfdrohnen und die Rolle von religiöser Musik in die Krieg und Frieden.

Aufgrund der langjährigen Untersuchungen am Exzellenzcluster zum Thema Frieden entstanden Idee und Grundkonzept des Ausstellungsprojekts „Frieden. Von der Antike bis heute“, die die Themen in einer Vielzahl von Exponaten an fünf Orten in Münster, der Stadt des Westfälischen Friedens, vom 28. April bis 2. September 2018 präsentierte. International ausgewiesene Forscherinnen und Forscher widmeten sich auf der öffentlichen Tagung des Exzellenzclusters "Frieden. Theorien, Bilder und Strategien von der Antike bis heute" vom 22. bis 25. Mai 2018 in Münster in 21 Vorträgen der Frage.

 

  • Programm der Tagung "Frieden. Theorien, Bilder und Strategien von der Antike bis heute"

    Dienstag, 22.05.2018
    18:15

    Begrüßung | Prof. Dr. Johannes Wessels, Rektor der WWU Münster | Dr. Hermann Arnhold, Direktor des LWL-Museums für Kunst und Kultur

    „Wars Begin in the Minds of Men“. Eine modernisierungstheoretische Fußnote zum Thema
    Prof. Dr. Detlef Pollack, Sprecher des Exzellenzclusters „Religion und Politik“, Münster

    19:00 Eröffnungsvortrag | Vertrauensbildung. Zur Geschichte einer elementaren Strategie der Friedensherstellung
    Gerd Althoff, Münster
    Mittwoch, 23.05.2018
    09:00–10:00 Intellektuelle gegen Politiker: Von Friedenssehnsucht zu Friedenspolitik in der griechisch-römischen Antike
    Kurt Raaflaub, Brown University (USA)
    10:00–11:00 Friede in der Bilderwelt der Griechen
    Marion Meyer, Wien
    11:30–12:30 Ausgeprägter Frieden? Eirene/Pax in der antiken Münzprägung
    Helge Nieswandt, Dieter Salzmann, Münster
    14:00–15:00 Friede in der mittelalterlichen Heldenepik
    Jan-Dirk Müller, München
    15:00–16:00 „Hineingestoßen in den Frieden“: Grenzen mittelalterlicher Friedensdiskurse bei Meister Eckhart, Marguerite Porete und Nikolaus Cusanus
    Susanne Köbele, Zürich
    16:30–17:30 Pax universalis – tranquillitas civitatis: Die politische, theologische und philosophische Bedeutung des Friedensgedankens bei Dante
    und Marsilius von Padua
    Ruedi Imbach, Paris
    17:30–18:30 Friede als Thema der Bildkünste
    Wolfgang Augustyn, München
    Donnerstag, 24.05.2018
    09:00–10:00 Ewiger Friede und gerechter Krieg in der politischen Philosophie der Neuzeit
    Ludwig Siep, Münster
    10:00–11:00 Neuordnung Europas? Friedensikonografie und Bildpolitik am Wiener Kongress (1814/1815)
    Werner Telesko, Wien
    11:30–12:30 Entstehung und Entwicklung des „Kriegsschuldparagraphen“ im Versailler Vertrag
    Gerd Krumeich, Düsseldorf
    14:15–15:15 Papsttum und Frieden im Mittelalter
    Claudia Zey, Zürich
    15:15–16:15 Mediale Inszenierung der Pax Christiana: Die Päpste im 16. und 17. Jahrhundert
    Eva Krems, Münster
    16:45–17:45 Frühneuzeitliches Völkerrecht und internationale Friedensverträge
    Christina Brauner, Bielefeld
    17:45–18:45 „Entrüstet Euch“: Frieden und soziale Bewegungen
    Hans-Ulrich Thamer, Münster
    20:15 Abendvortrag | Friedensnorm und Sicherheitspolitik: Grundprobleme frühneuzeitlicher Friedensstiftung am Beispiel des Westfälischen Friedens
    Christoph Kampmann, Marburg
    Freitag, 25.05.2018
    09:00–10:00 Friedensschlüsse und Friedlosigkeit, 1945–1990
    Jost Dülffer, Köln
    10:00–11:45

    „Nie wieder!“ Nie wieder? Verantwortung zum Schutz vor Krieg und Massengewalt
    Winfried Nachtwei, Münster

    Frieden und Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert
    Eckart Conze, Marburg

    12:00–13:00 Reden für den Frieden: Der Friedenspreis des deutschen Buchhandels und seine Öffentlichkeit
    Martina Wagner-Egelhaaf, Münster
    13:00–14:00 Make Peace Work. Friedenskonzepte in der bildenden Kunst seit den 1960er Jahren
    Ursula Frohne, Münster

     

© Deutsches Historisches Museum, Berlin, Foto: I. Desnica

„Der Frieden ist erst seit kurzem oberstes Ziel der Politik“

Das politische Ziel des Friedens hat Historikern zufolge noch nie einen so hohen Stellenwert eingenommen wie heute. „Wer etwa 1913 Frieden für das wichtigste politische Ziel hielt, gehörte zu einer Minderheit“, sagt der Zeithistoriker Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer vom Exzellenzcluster. Zur Mehrheitsmeinung sei die positive Sicht auf den Frieden erst mit der Friedensbewegung der 1980er Jahre geworden.

Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer im Kurzvideo und mit Perssemitteilung über die Friedensbewegung damals und heute

© LWL-Museum für Kunst und Kultur, Hanna Neander, © VG Bild-Kunst, Bonn, 2018

„Die Liebe verdrängt die Gewalt“

Künstler haben von der Antike bis heute laut Wissenschaftlern immer wieder auf dieselben Symbole und Metaphern zur Darstellung des Friedens zurückgegriffen. „Taube oder Regenbogen, Kuss oder Umarmung, Friedensmahl, Kriegsschrecken oder der Sieg der Liebe über die Gewalt: Künstlerische Darstellungen des Friedens haben lange Traditionslinien“, sagt die Kunsthistorikerin Prof. Dr. Eva-Bettina Krems vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“.

Prof. Dr. Eva-Bettina Krems im Kurzvideo und mit Pressemitteilung über wiederkehrende Friedensbilder in der Kunst von der Antike bis heute

© Staatliche Museen zu Berlin, Vorderasiatisches Museum, Foto: Olaf M. Teßmer

Was der älteste Friedensvertrag der Welt uns lehrt

Der älteste erhaltene Friedensvertrag der Welt widerlegt Archäologen zufolge die verbreitete Vorstellung, die Antike habe Frieden nicht durch Verhandlungen, sondern stets durch Demütigung der Verlierer herbeigeführt. „Ägypter und Hethiter sicherten sich in dem Vertrag vor mehr als 3.200 Jahren gegenseitig Unterstützung zu, keiner triumphierte. Dem müssen viele Aushandlungen vorangegangen sein“, so Dr. Helge Nieswandt vom Archäologischen Museum der Universität Münster.

Dr. Helge Nieswandt im Kurzvideo und mit Pressemitteilungüber Frieden und Wohlstand in der Antike

© Tomasz Samek/Stadtmuseum Münster

„Friedensschlüsse sind seit jeher nur mit echtem Vertrauen gelungen“

Geschenke, Friedensmahle und Versöhnungsrituale: In der Geschichte sind Friedensschlüsse laut Historikern vor allem dann gelungen, wenn sich gezielt Vertrauen zwischen Gegnern herstellen ließ. „Vertrauensbildende Maßnahmen sind kein Patentrezept, erhöhen aber nach epochenübergreifenden Untersuchungen die Wahrscheinlichkeit für Frieden“, sagt Mittelalter-Historiker Prof. Dr. Gerd Althoff.

Prof. Dr. Gerd Althoff im Kurzvideo und mit Pressemitteilung über vertrauensbildende Maßnahmen in Friedensprozessen

© imslp.org

"Da pacem, Domine"

Ob als gesungene Friedensbitte innerhalb von religiösen Zeremonien, als Mittel zur Formulierung von Friedenssehnsucht oder als Teil von Feierlichkeiten nach einem Friedensschluss: „Musik war seit jeher ein zentrales Medium der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema ‚Frieden‘ in den verschiedensten kulturellen Kontexten und Zeiten“, erläutert der Musikwissenschaftler Dr. Dominik Höink.

Zur Pressemitteilung

© maz

„Frieden ist anstrengend und anspruchsvoll“

Friedensschlüsse sind in der Geschichte vor allem durch demonstrative Maßnahmen der Vertrauensbildung gelungen. „Dazu gehörten die persönliche Zuwendung und Freundschaft, das gemeinsame Mahl und Scherzen oder Geschenke, wie sich an zahlreichen Beispielen gelungener Friedensschlüsse ablesen lässt“, sagt der Historiker Prof. Dr. Gerd Althoff.

Prof. Dr. Gerd Althoff im Kurzvideo und mit Pressemitteilung über die Bedingung gelungener Friedensschlüsse