
Forschungsschwerpunkte
Das Forschungsprofil der Psychologie gliedert sich in zwei große Themenbereiche, die insgesamt acht Schwerpunktthemen beinhalten:
- Dynamic Human Systems, mit den Schwerpunktthemen Kognitive Neuronale Systeme, Dynamische Motorische Systeme und Dynamische Soziale Systeme
- Gesellschaftliche Verantwortung, mit den Schwerpunktthemen Psychische und physische Gesundheit, Lehren und Lernen im Bildungskontext, Leistung und Expertise, Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Integration, sowie Technisierung von Lebenswelten
Der erste Themenbereich ist eher strukturell grundlagenorientiert und der zweite stärker anwendungsorientiert. Damit ist jedoch keine herkömmliche Kategorisierung in Grundlagen- vs. Anwendungsforschung oder naturwissenschaftlicher vs. sozialwissenschaftlicher Forschung gemeint. So bietet die strukturelle System-Perspektive exzellente Konzepte und Methoden für die Analyse menschlichen Erlebens und Verhaltens in den verschiedenen gesellschaftlich relevanten Themenbereichen. Umgekehrt bieten die Themen im Bereich Gesellschaftliche Verantwortung komplexe Fragestellungen und Anwendungskontexte zur Validierung systemorientierter Verfahren und Modelle. Diese Synergien spiegeln sich u.a. darin, dass sich alle Professuren im Fach Psychologie mit mehreren Schwerpunktthemen beschäftigen, und sehr häufig in beide Themenbereiche involviert sind.
Themenbereich Dynamic Human Systems
Der Themenbereich Dynamic Human Systems thematisiert die zugrundeliegenden Prozesse komplexen menschlichen Erlebens und Verhaltens und damit die Grundlage für die Vorhersage und Veränderung von gesundheitlichen, sozialen und beruflichen
Anpassungen, Entscheidungen und Leistungen. Der Fokus liegt dabei auf drei sich konzeptuell und methodisch ergänzenden Schwerpunkten.
Diese Schwerpunkte decken ein breites Spektrum psychologischerForschung ab, sowohl hinsichtlich der Inhalte als auch mit Bezug auf das Methodenspektrum, das von neurophysiologischen und bildgebenden Untersuchungsverfahren des Gehirns über labor- und feldbasierte Verhaltensuntersuchungen bis hin zur mathematischen Modellierung reicht. Die betrachteten Phänomene werden dabei als Ergebnis dynamischer, ineinander geschachtelter menschlicher Systeme verstanden. Die Interaktionen der jeweils beteiligten Komponenten erzeugen emergente Ergebnisse auf einer höheren Systemebene und werden wiederum von diesen beeinflusst.
Kognitive Neuronale Systeme
Die Forschung in Kognitiver Neurowissenschaft wird von aktuellen methodischen Entwicklungen in verschiedenen Forschungsfeldern geprägt (bildgebende Verfahren, Einsatz künstlicher neuronaler Netzwerke und digitaler Intelligenz, etc.), und vereint somit Forschungsfragen aus der Medizin, Psychologie, Biologie, Sportwissenschaft, Mathematik und Informatik. Innovative neurowissenschaftliche Forschungsansätze erfordern folgerichtig die Kooperation der verschiedenen Forschungsbereiche. Ein Forschungsziel der Psychologie besteht in der computergestützten Modellierung der neuronalen Prozesse, die kognitiven Fähigkeiten des Menschen bspw. während der Wahrnehmung und Verhalten zugrunde liegen. Hierzu sollen realistische mathematische Modelle nach biologischem Vorbild angewandt werden, unter besonderer Berücksichtigung der Dynamik von prädiktiven Prozessen. Obwohl antizipatorische Prozesse in psychologischen Theorien längst einen hohen Stellenwert besitzen, sind die theoretischen und empirischen Forschungsergebnisse über unterschiedliche Domänen hinweg noch kaum integriert. Hier soll ein domänen-integrierendes Forschungsprogramm eingesetzt werden, um funktionelle prädiktive Hierarchien der Vorhersage der Handlungsbeobachtung, des Sprachverstehens und der Wahrnehmung sozialer Interaktionen zu identifizieren. Darüber hinaus dient das Ermitteln prädiktiver Prinzipen dem Verständnis interindividueller Unterschiede und möglicher Beeinträchtigungen prädiktiver Performanz im Rahmen neuropsychiatrischer Erkrankungen. Zudem werden in Forschungsprojekten im Rahmen der DFG-Forschungsgruppe Constructing scenarios of the past: A new framework in episodic memory (FOR 2812) die Merkmale, kognitiven Mechanismen sowie Funktionen von episodischem Gedächtnis in verschiedenen sozialen Kontexten erforscht.
In diesem Schwerpunkt aktive Arbeitseinheiten
Allgemeine Psychologie I (Prof. Dr. Markus Lappe)
Allgemeine Psychologie II (Prof. Dr. Niko Busch)
Biologische Psychologie (Prof. Dr. Ricarda Schubotz)
Sozialpsychologie (Prof. Dr. Gerald Echterhoff)
Dynamische Motorische Systeme
Die Forschung dieses Schwerpunktthemas soll durch Vernetzung bereits bestehender Arbeitsgruppen am Fachbereich 7 zu einem international beachteten Zentrum etabliert werden. Hierfür bietet insbesondere die Kooperation zwischen Allgemeiner Psychologie , Biologischer Psycholgie und der Sportwissenschaft am Fachbereich eine sehr gute Grundlage. Diese Arbeitsgruppen arbeiten bereits im Otto Creutzfeldt Center for Cognitive and Behavioral Neuroscience (OCC) eng zusammen, sind Mitglied im Center of Nonlinear Science (CeNoS) und wichtiger Teil des Potenzialbereichs Neurale Systeme der WWU. Eine große Stärke ist dabei die Breite der wissenschaftlichen Methoden, die am Fach verfügbar sind, wie bspw. bildgebende Verfahren (Forschungs-MRT, MEG), Blickbewegungsmessungen und moderne Neuronale Netze aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz. Wichtige inhaltliche Themen für die zukünftige Forschung sind neurophysiologische Korrelate der motorischen Kontrolle, die Plastizität über die Lebensspanne und die Modellierung motorischer Prozesse. Durch die geplante Beantragung des Großgeräts "Gait real-time analysis interactive lab" (GRAIL) am Fachbereich sollen neuromotorische und neurokognitive Prozesse unter realitätsnahen Bedingungen in virtuellen Welten erforscht werden. Dies ist insbesondere für die Beschreibung, Erklärung und Prädiktion von Altersveränderungen und zur Entwicklung theorie-geleiteter therapeutischer Ansätze von besonderem Interesse.
In diesem Schwerpunkt aktive Arbeitseinheiten
Allgemeine Psychologie I (Prof. Dr. Markus Lappe)
Allgemeine Psychologie II (Prof. Dr. Niko Busch)
Biologische Psychologie (Prof. Dr. Ricarda Schubotz)
Dynamische Soziale Systeme
In diesem Schwerpunktthema steht die Analyse von sozialen Interaktions- und Selbstregulationsprozessen auf allen relevanten Systemebenen (Individuum, Dyade, Gruppe) im Vordergrund. Hierzu gehören unter anderem Forschungsprojekte zur Entwicklung und Dynamik von:
- Individuellen Eigenschaften, bspw. der Persönlichkeit, von sozio-emotionalen und Selbstregulations-Kompetenzen, oder von Kompetenzen in der Schule oder bei der Arbeit
- Wahrnehmung und Handlung in sozialen Kontexten
- Psychopathologien, bspw. von psychischen Störungen als Folge sozialer Vergleichsprozesse
- Symmetrischen (Freundschaften, Partnerschaften, kollegiale Beziehungen) und asymmetrischen sozialen Beziehungen (Eltern-Kind-, Vorgesetzte-Mitarbeitende, Lehrer-Schüler, Therapeut-Klient)
- Gruppen und Teams, z. B. zeitliche Entwicklung von Synergieeffekten in Arbeitsteams
- Organisationen, z. B. der Einfluss von Führung oder Regeländerungen auf individuelles und Gruppenverhalten, Change Management
- Shared Reality in Dyaden und Gruppen, kognitive und motivationale
Effekte von Kommunikation, interpersonelle Beziehungen und
Intergruppenbeziehungen
Zusätzlich zu diesen inhaltlichen Projekten werden gemeinsame Entwicklungen auf methodischer Ebene vorangetrieben, um Prozesse in Dynamischen Sozialen Systemen adäquat messen und analysieren zu können. Dazu gehört unter anderem die gemeinsame Entwicklung digitaler Methoden zur ambulanten Datenerhebung und Intervention und die fachübergreifende Weiterentwicklung statistischer Verfahren zur Modellierung dynamischer Prozesse (u.a. soziale Netzwerkmodelle, Zeitreihenmodelle, intraindividuelle Variabilitätsanalysen, längsschnittliche Datenanalysen). Schließlich zielt der Schwerpunkt darauf ab, dynamische Theorien und Methoden zu singulären Fragestellungen zu integrieren und längsschnittliche Übergänge zwischen den verschiedenen Systemebenen fachübergreifend zu untersuchen.
In diesem Schwerpunkt aktive Arbeitseinheiten
Allgemeine Psychologie I (Prof. Dr. Markus Lappe)
Biologische Psychologie (Prof. Dr. Ricarda Schubotz)
Entwicklungspsychologie (Prof. Dr. Joscha Kärtner)
Klinische Psychologie und Psychotherapie (Prof. Dr. Ulrike Buhlmann)
Klinische Psychologie und Psychotherapie (Prof. Dr. Nexhmedin Morina)
Organisations- und Wirtschaftspsychologie (Prof. Dr. Guido Hertel)
Pädagogische Psychologie (Prof. Dr. Carola Grunschel)
Paar- und Familienpsychologie (Prof. Dr. Anne Milek)
Psychologische Diagnostik und Persönlichkeitspsychologie (Prof. Dr. Mitja Back)
Sozialpsychologie (Prof. Dr. Gerald Echterhoff)
Statistik & Methoden (Prof. Dr. Steffen Nestler)