Filmtagung

Herzlich willkommen zur Fachtagung »Filmvermittlung und Kinokultur in Hochschule und Schule«

(28.- 29. Januar 2011 in Münster)

In der aktuellen Filmvermittlung bzw. Filmdidaktik sind Fragen nach einer möglichen Verortung der Geschichtlichkeit, der ästhetischen Vielfalt und der gesellschaftlichen Relevanz des Kinos bislang zu wenig berücksichtigt. Die Tagung bringt Forschende und Lehrende aus der Filmwissenschaft, der Literaturwissenschaft und der Filmdidaktik sowie Personen aus Filmbildungsprojekten und der Kinopraxis zusammen, um gemeinsam diese Lücke zu schließen und folgende Aspekte der Filmbildung und der Filmvermittlung zu diskutieren:

  • Wie können Phasen der Literaturgeschichte und der Filmgeschichte sowie literarische Formen und Filmerzählung miteinander verknüpft werden, ohne auf ‚Verfilmungen‘ im Unterricht zurückgreifen zu müssen?
  • Welche Konzepte zur Vermittlung von Kinokultur und literarischer Kultur gibt es bereits, wie können diese (weiter-) entwickelt werden?
  • Gibt es eine Anschlussfähigkeit zwischen Film- und Literaturgenres?
  • Wie werden Differenzierungen zwischen den Darstellungsformen Schrift- und Filmkultur deutlich gemacht? Können Stichworte wie ‚Multimedialität‘ und ‚Intermedialität‘ produktiv gemacht werden?
  • Welche alternativen Formen der Filmvermittlung gibt es?

Flyer mit ausführlichem Programm der Fachtagung (pdf-Dokument, ca. 10 mb)

Workshops

Neben Vorträgen und anschließenden Diskussionen wurden am 29. Januar 2011 Workshops zur alternativen Filmvermittlung speziell für Lehrerinnen und Lehrer angeboten, die  – neben Parametern wie Einstellungsgrößen und Perspektivwechsel – praxisorientiert andere Methoden in den Mittelpunkt ihres Filmunterrichts stellen wollen.

BILDGEWALTIG!
Die Möglichkeiten der Filmästhetik zur Emotionalisierung der Zuschauer

(OStR’ Ines Müller, Referentin bei Film+Schule NRW)
Licht, Farbe, Kamerastil – das sind wesentliche Aspekte bei der ästhetischen Umsetzung eines Filmstoffes. Ob symbolisch distanziert, poetisch verspielt oder dokumentarisch nüchtern – die visuelle Gestaltung beeinflusst entscheidend die Gefühlslage des Zuschauers und ist damit integraler Bestandteil des Erzählstils: die Kamera als erzählerische Instanz. Anhand von Filmbeispielen vor allem nach literarischen Vorlagen zeigt die Referentin die Wirkung und Funktion filmischer Gestaltungsmittel und Methoden der Filmvermittlung.

Experimentalfilme vermitteln

(Stefanie Schlüter freie Filmpädagogin, Berlin)
Experimentelle Filme lassen uns anders sehen, hören und erfahren, als wir es beispielsweise vom Erzählkino gewohnt sind. Nicht-narrative Formen stoßen unsere Sinne ganz unmittelbar an und erzählen von der Materialität der Filme ebenso wie von verschiedenen Weisen der Filmwahrnehmung. So steht hier nicht das Verstehen einer Handlung im Vordergrund, sondern eine mitunter ganz spielerische Annäherung an ein ästhetisches Phänomen – wie etwa der filmische Umgang mit Licht, Rhythmus, Farbe oder Musik.
Der Workshop soll Anregungen  geben, wie sich mit experimentellen Filmen Wahrnehmung teilen und mitteilen lässt. Es wird nicht nur um das ‚analytische‘ Schauen gehen, sondern auch um Fragen des praktischen Zugangs – des ‚Handanlegens‘ an den Film.
Der Workshop richtet sich insbesondere an Lehrer/innen im Grundschulbereich, ist jedoch offen für Lehrer/innen anderer Altersstufen sowie alle Interessierten. 

Klein oder Groß? Größenverhältnisse im Kino

(Bettina Henzler, Universität Bremen)
Jeder Film arbeitet mit dem Verhältnis von Klein und Groß: Im Kinosaal wird ein kleines Filmbild auf eine riesenhafte Leinwand projiziert. Figuren oder Dinge verändern ihre Größe je nachdem, wie nahe sie sich der Filmkamera befinden. Die Montage verknüpft Aufnahmen unterschiedlicher Größe, riesige Köpfe und weite Landschaften, miteinander. Ausgehend von Größenverhältnissen und ihrer Darstellung lassen sich grundlegende Aspekte des Kinos vermitteln: Projektion, Einstellung, Perspektive, Montage und Tricktechniken. Da das Motiv Klein/Groß an unsere Alltagserfahrung anknüpft – jeder war einmal klein und wollte groß werden –, eignet sich die in diesem Workshop vorgestellte Methode besonders gut für die Arbeit mit Kindern: Sie erlaubt Klein und Groß einen Einblick in die Funktionsweise von Filmen.

Imaginaire en Contexte – Wiederentdeckungen durch Film und Geschichte

(Eric de Kuyper, Kinokurator, Filmemacher, Autor, Cinematek Brüssel)
Das Projekt “Imaginaire en Contexte” der Cinematek Brüssel sucht nach neuen Wegen, um das heutige Publikum mit dem Erbe des frühen Kinos in Kontakt zu bringen.
Diese reichhaltige aber unbekannte Phase der Filmgeschichte (bis 1914) ist mit den grundlegenden ästhetischen Aspekten des 19. Jahrhunderts verwoben, so dass es ein Ziel des Projekts ist, Filme jener Zeit mit Architektur, Themen und visuellen Traditionen der vorausgegangenen Kultur zu konfrontieren. Verschiedene (nicht touristische) Orte werden ausgesucht, um das Feld der Affinitäten zu konkretisieren: eine Bildhauerwerkstatt, ein Friedhof, ein Museum für Aeronautik, ein Chinesischer Pavillon, ein Museum der Psychiatrie. Mit der Verknüpfung von Ort und Filmvorführung wird ein Kontext geschaffen, der direkt erlebbar ist und sowohl den Ort als auch die Filmform als gleichberechtigt ansieht.
Der Workshop wird dieses Projekt vorstellen und nach weitergehenden Möglichkeiten dieser Arbeitsweise zur Filmvermittlung fragen.

 

Anmeldung

Eine separate Anmeldung zur Teilnahme an den Workshops innerhalb der Tagung ist möglich.
Teilnahmegebühr 20 Euro (Entrichtung der Tagungsgebühr vor Ort)
Studierende frei

Anmeldung bitte per Mail an: s.siekmann@uni-muenster.de

Tagungsort:
Stein-Haus
Westfälische Wilhelm-Universität
Hindenburgplatz 34
48143 Münster

 

Kinoabend ● 28. Januar 2011 im Cinema Filmtheater 18.00

MENSCHEN AM SONNTAG
Ein Höhepunkt der Kino-Moderne – und des modernen Lebens

Wir erleben, was Großstadtmenschen in Berlin an einem Sommersonntag unternehmen – und dabei geht es hauptsächlich um die Wochenendabenteuer von zwei Frauen und zwei Männern am Nikolassee. 
Hinter dieser zunächst lapidar erscheinenden Handlungsbeschreibung verbirgt sich ein Meisterstück des Weimarer Kinos, eine kleine Geschichte, welche die vielbeschworenen freiheitlichen Ideen der Weimarer Republik wie kaum ein zweiter Film dokumentiert. Die jungen Filmemacher (die alle kurze Zeit später in der Emigration in den USA berühmt werden sollten) suchten sich Laiendarsteller, um in ihrem semi-dokumentarischen Werk die grundlegenden Möglichkeiten des Kinos zu zelebrieren. Was hier an Filmbildern von Menschen, Licht, Wasser und auch der Großstadt gezeigt wird, ist so modern, dass man unseren historischen Abstand zur Entstehungszeit des Films schnell vergessen kann. Oft wird das Werk der „Neuen Sachlichkeit“ zugeordnet, doch diese Stilzuschreibung kann letztlich die Qualität des Films kaum erfassen – nur der Gang ins Kino wird alle Facetten der MENSCHEN AM SONNTAG enthüllen.   

MENSCHEN AM SONNTAG · Deutschland 1929/30 · Regie: Robert Siodmak, Edgar Ulmer · Drehbuch: Billy Wilder, Kurt Siodmak  Kamera: Eugen Schüfftan, Fred Zinnemann • Mit Brigitte Borchert, Erwin Splettstößer, Christel Ehlers, Wolfgang von Waltershausen u.a. · 35mm · Stummfilm mit Musikbegleitung · ca. 70‘

Cinema Filmtheater, Warendorfer Str. 45,  48145 Münster

 

Wegbeschreibung: Stein-Haus

Stadtplan von Münster
© Uni MS

Mit dem Auto:

  • Aus Richtung Dortmund: Ausfahrt Münster Süd, L884 (Kappenberger Damm) Richtung Münster, Weseler Straße in Richtung Innenstadt, Parken auf dem Hindenburgplatz.
  • Aus Richtung Hamburg: Münster Nord auf die B54 Richtung Münster, Steinfurter Straße B53 Richtung Innenstadt, Parken auf dem Hindenburgplatz.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln:

  • Anreise mit der Bahn bis Münster Hauptbahnhof, in Münster mit der (Bus)Linie 1 Richtung Roxel, Ausstieg am Hindenburgplatz.