© Kachel aus Isfahan/Nader Purnaqchéband

Panel im Rahmen des 35. Deutschen Orientalistentags DOT 2025

Islamische Mystik und ihre Relevanz für eine neue Textepistemologie

11. September 2025 | Hörsaal 1013, FAU Erlangen-Nürnberg

Chair(s): PD Dr. Raid Al-Daghistani (Zentrum für Islamische Theologie, Universität Münster)
PD Dr. Nader Purnaqchéband (Orientalisches Institut, Universität Halle-Wittenberg)
 

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der islamischen Mystik erschöpfte sich bislang in der Erforschung ihrer Lehre, ihrer Quellen sowie ihrer Relevanz für die Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsschemata der Mitglieder muslimischer Gesellschaften. Die von ihr aus der Erfahrung und Praxis heraus entwickelten und in arabisch- sowie persischsprachigen Texten niedergelegten Konzepte von Mensch und Erkenntnis erregten bestenfalls religionshistorisches Interesse. Trotz der Tatsache, dass die islamische Mystik seit dem 19. Jahrhundert Gegenstand westlicher Orientalistik ist, wurde sie hinsichtlich ihrer Epistemologie nur fragmentarisch und peripher beleuchtet.
Vor dem Hintergrund der Krise der herkömmlichen textwissenschaftlichen Zugänge, seien sie eher radikalphilologischer oder theoriebasierter Natur, liegt das Ziel dieses Panels darin, den Grundstein für die Nutzbarmachung einer als regulativer Idee aufgefassten mystischen Epistemologie des Islams als Episteme eines neuen Zugangs zum Text für die Arbeit der (islamtheologischen und islamwissenschaftlichen) Textwissenschaftler*innen zu legen. Dementsprechend kann eine nach heutigen wissenschaftstheoretischen Maßstäben ausgerichtete Systematisierung mystischen Wissens nicht ohne Fundamentalkritik und Identifizierung von gegenwärtig verortbaren textwissenschaftsimmanenten Ideologemen auskommen. So geht es primär nicht nur um die Explikation neuer epistemologischer Werkzeuge und Zugänge, mit denen ein „vorhandener“ Text wissenschaftlich „zuhanden“ (Heidegger) gemacht werden kann, sondern auch um die Entwicklung einer mystikbasierten Anthropologie und Psychologie, aus deren Perspektive und durch deren Verinnerlichung der Forscher idealtypisch ideologie(be)frei(t) im Interesse der Wissenschaft dem Text begegnen kann. In diesem Zusammenhang soll die islamische Mystik primär als ein Läuterungs- und Erkenntnisweg im Islam (Al-Daghistani) konzipiert und dabei die Vielfalt mystischer Erfahrungen und Erkenntnisformen im Kontext des Verhältnisses zwischen Vernunft und Glaube, Philosophie und Religion, sowie Rationalität und Metarationalität diskutiert werden.


Programm:

 9:00 Uhr 

Wege aus dem epistemologischen Nihilismus
PD Dr. Nader Purnaqchéband
(Universität Halle-Wittenberg)

 9:30 Uhr 

Zur Episteme der tazkīya im Sufismus und ihre Relevanz für die Textwissenschaft
PD Dr. Raid Al-Daghistani
(Universität Münster)

10:00 Uhr  

Faḫr ad-Dīn ar-Rāzīs skeptische Überlegungen und ihre Bedeutung für Ambiguitätstoleranz in den islamischen Studien
Dr. Kamil Öktem
(Universität Wien)

11:00 Uhr

Knowledge Between Inna (Indeed) and Ka Anna (As if): Truth-Metaphor Dialect in the Sufi Weltanschauung
Assoc. Prof. Dr. Chafika Ouail
(University of Nizwa)

11:30 Uhr

Selbsterkenntnis, Innere Ordnung und Umkehr – Position und Funktion des Herzens im Kīmīyā-yi Saʿādat bei Muḥammad al-Ġazāli (st. 1111)
Irka Weiß, M.A.
(Universität Halle-Wittenberg)

12:00 Uhr

 Al-Ġazālīs Zugang zum Sufismus in Iḥyāʾʿulūm ad-dīn
Bedeutung und Grenze für die Textwissenschaft
Dr. Stephan Kokew
(Universität Paderborn)

12:30 Uhr 

The Nightfolk
Ibn Arabi on the Night and its People
Dr. Dunja Rasic
(independent scholar/Freie Universität Berlin)

14:00 Uhr Das „Ich“ als Subjekt und Medium der Erkenntnis bei Rumi:
Zwischen Sprache, Erfahrung und Selbstverwirklichung
Prof. Dr. Abdullah Takim
(Universität Innsbruck)


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