Von links nach rechts: Universitätsbeauftragter gegen Antisemitismus Dipl.-Theol. Ludger Hiepel, M.A., Friedensaktivist Loay Alshareef und Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Islamische Theologie Münster.
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Nachbericht: Zwei Dialogveranstaltungen mit dem international bekannten muslimischen Friedensaktivisten Loay Alshareef an der Universität Münster

Am Freitag, dem 7. November 2025, haben an der Universität Münster zwei gemeinsame Veranstaltungen des Zentrums für Islamische Theologie (ZIT) und des Universitätsbeauftragten gegen Antisemitismus, Dipl. Theol. Ludger Hiepel, M.A., stattgefunden. Beide Formate widmeten sich der Frage, wie religiöse und kulturelle Vorurteile überwunden und Räume für ein respektvolles Miteinander zwischen Muslim:innen und Jüdinnen und Juden geschaffen werden können.

„Von Vorurteilen zu Verständnis“ – Gespräch am Nachmittag

Die erste Veranstaltung am Nachmittag trug Titel „Von Vorurteilen zu Verständnis“. Ludger Hiepel und Abdulkerim Şenel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZIT, begrüßten den Gast Loay Alshareef, einen international bekannten muslimischen Friedensaktivisten aus Saudi-Arabien, der heute in den Vereinigten Arabischen Emiraten lebt. Im folgen in den Social Media etwa 800.000 Menschen.

Im Zentrum stand der persönliche Weg Alshareefs: seine Kindheit und Jugend in Saudi-Arabien, in der er zunächst antisemitisch geprägt worden war, Begegnungen mit jüdischen Menschen und insbesondere sein Aufenthalt bei einer jüdischen Familie in Frankreich, der sein Verständnis von Glaube, Identität und Miteinander grundlegend veränderte. Aus diesen Erfahrungen entwickelte sich sein öffentliches Engagement für interreligiösen Dialog und Verständigung.

Darauf aufbauend wurde gemeinsam darüber gesprochen, wie Glaube, religiöse Traditionen und geteilte ethische Werte zu Brücken werden können. Alshareef erläuterte, warum er Dialog nicht nur als Methode, sondern als eine Form von Diplomatie und spiritueller Praxis versteht, die tief in den Lehren des Islam und des Judentums verankert ist. Ebenso wurde thematisiert, wie religiöse Gemeinschaften dazu beitragen können, Konflikte abzubauen und Vertrauen zu schaffen, statt bestehende Spaltungen zu verstärken.

Ein dritter Schwerpunkt lag auf dem Überwinden von Vorurteilen und dem Aufbau von Vertrauen. Diskutiert wurde, wie hartnäckig bestimmte Bilder sind, die Muslime und Juden voneinander halten, und welche Wege tatsächlich helfen, diese Muster zu durchbrechen – persönliche Begegnungen, Bildung, gemeinsam erzählte Geschichten und gelebte Menschlichkeit. Das Gespräch fand im Fishbowl-Format statt, sodass Studierende und Gäste aktiv teilnehmen und eigene Erfahrungen einbringen konnten.

Auch die Rolle von Bildung und Hochschulen wurde intensiv beleuchtet. Universitäten, so Alshareef, tragen eine besondere Verantwortung, antisemitischen Einstellungen entgegenzuwirken und jungen Menschen Räume zu eröffnen, in denen Unterschiede nicht tabuisiert, sondern konstruktiv bearbeitet werden. Gleichzeitig wurde diskutiert, wie junge Menschen Verantwortung übernehmen können, um dialogische Perspektiven in ihren eigenen Gemeinschaften zu stärken.

Schließlich ging es um die Herausforderungen dieses Engagements: Widerstände, öffentliche Kritik, Einsamkeit in der eigenen Community und Momente, in denen Dialog scheitert. Alshareef sprach darüber, welche spirituellen und persönlichen Ressourcen ihm helfen, geduldig zu bleiben und Brücken zu bauen, wo andere Mauern errichten.

Ein weiterer Themenblock widmete sich den Abraham Accords als politischem wie symbolischem Wendepunkt. Die Diskussion zeigte, welche Chancen diese Abkommen für arabisch-jüdische Beziehungen eröffnen können und wie politische Prozesse in echte menschliche Begegnungen übersetzt werden können.

Zum Abschluss wurde die Rolle von sozialen Medien und digitaler Kommunikation diskutiert: wie digitale Räume Meinungen verändern, wie Geschichten online wirken können und wo die Grenzen digitaler Diplomatie liegen.

„Dialogue as Diplomacy“ – Abendveranstaltung mit Loay Alshareef und Mouhanad Khorchide

Am Abend folgte eine weitere Veranstaltung „Dialogue as Diplomacy“, ein öffentliches Gespräch zwischen Loay Alshareef und Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, dem Leiter des Zentrums für Islamische Theologie; moderiert von Ludger Hiepel.

Nach einer thematischen Einführung standen erneut die Grundlagen und Bedingungen gelingenden Dialogs im Mittelpunkt. Die Gesprächspartner beleuchteten, wie Vertrauen entsteht, warum religiöse Identitäten nicht zu Grenzen, sondern zu Brücken werden können, und inwiefern theologische Reflexion und persönliche Erfahrung einander ergänzen.

Die Diskussion griff dabei die Themen des Nachmittags auf und vertiefte sie: die Rolle religiöser Narrative für Empathie, der Beitrag von Bildungseinrichtungen zu einer Kultur der Offenheit und die Frage, wie Menschen unterschiedlicher Traditionen ein gemeinsames moralisches Imaginarium entwickeln können. Khorchide und Alshareef zeigten, dass Dialog nicht nur ein Gesprächsformat, sondern ein ethisches Prinzip ist, das auf gegenseitiger Anerkennung und der Würde jedes Menschen basiert.

Die Abendveranstaltung stieß auf großes Interesse bei Studierenden, Lehrenden und Vertreter:innen der Stadtgesellschaft. Viele knüpften mit ihren Fragen an die zuvor geführte Diskussion an und erkundeten, welche Möglichkeiten und Grenzen dialogischer Ansätze gerade im Kontext globaler Konflikte bestehen.

Ein starkes Zeichen der Universität Münster

Mit beiden Formaten setzte die Universität Münster ein deutliches Zeichen für eine dialogorientierte, verantwortungsbewusste und menschenrechtsbasierte Haltung in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung.

Das Zusammenspiel von islamischer und christlicher Theologie, Antisemitismusprävention und praktischer Dialogarbeit zeigte, wie wissenschaftliche Einrichtungen konkret dazu beitragen können, Verständnis, Respekt und friedliches Zusammenleben zu fördern.

Die positive Resonanz aus der Studierendenschaft, der Stadtgesellschaft und von internationalen Gästen verdeutlichte, wie stark das Bedürfnis nach Begegnung, Austausch und vertrauensbildendem Dialog ist und wie wichtig solche Formate für die Universität Münster bleiben.