Kommentar von Professor Löschel in Nature Geoscience zu unintendierten Nebeneffekten von Temperatur-Overshoot-Zielen wie 1.5°C

Die Verschärfung des Klimaziels im Pariser Abkommen (auf deutlich unter 2°C und möglichst 1,5°C) könnte paradoxerweise die klimapolitischen Anstrengungen schwächen. Das 1,5-Grad-Ziel wird aller Wahrscheinlichkeit nur mit einem temporären Überschreiten der Temperaturschwelle möglich sein. Nur durch die Kombination aggressiver Emissionsminderungen und der umfangreichen Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre (= negative Emissionen) könnte die Temperatur einige Jahrzehnte später wieder unter die vereinbarte Schwelle gebracht werden.

Der fast unumgängliche Anstieg der Temperatur auf über 1,5°C dürfte das Konzept des einkalkulierten „Overshoot“ zur neuen Normalität machen und mithin allgemein akzeptabel (durchaus auch für 2°C). Dies wiederum könnte zu einer unerwünschten politischen „Flexibilisierung“ des Klimaschutzes führen. Wenn Temperaturziele nicht mehr als absolute Obergrenzen gesehen werden, dann kann man auch nicht daran scheitern, ganz gleich, was die Weltgemeinschaft beim Emissionsausstoss in den kommenden Jahrzehnten erreicht. Es bedarf daher klarer Beschränkungen für den Temperaturpfad zur Zielerreichung. Insbesondere müssen Umfang, Dauer und Ende des Überschreitens der Temperaturschwelle festgelegt werden. Nur so sind die politischen Versprechen bewertbar, die Entwicklung umzukehren und die Temperatur langfristig unter dem angestrebten Niveau zu stabilisieren. Ansonsten fehlt die politische Haftung und es droht klimapolitische Beliebigkeit.

Den Kommentar in Nature Geoscience finden Sie hier.

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