Forschungsprojekt "Jugendsprache in Deutschland und Georgien"

von Dr. Miranda Gobiani

Empirische Forschungsarbeit im Bereich der “Jugendsprache“ hat Frau Dr. Miranda Gobiani von der Universität Kutaissi in Georgien nach Münster geführt. Im folgenden Interview gibt Dr. Gobiani einen Einblick in ihre Arbeit.

I: Frau Gobiani, herzlich willkommen bei uns im Institut! Können Sie kurz erzählen, was Sie an die Uni Münster geführt hat?

G: Ich habe auf Einladung von Frau Prof. Günthner und von Herrn Prof. Christian Effing ein 2-monatiges Forschungsstipendium vom DAAD erhalten. Meine Forschung beschäftigt sich mit Jugendsprache in Georgien, und hier in Münster arbeite ich eng mit Herrn Dr. Bahlo zusammen. Wir kennen uns seit 2011; da fand eine Konferenz zur Jugendsprache in Freiburg statt, und schon damals wollten wir gerne ein paar kleine Projekte in Angriff nehmen.

I: Können Sie zu diesen Projekten etwas Genaueres sagen?

G: Ein Projekt besteht darin, die verbalen Angriffsrituale von georgischen und deutschen Jugendlichen zu vergleichen. Zurzeit erheben wir dazu Daten, wobei ich die georgische und Herr Dr. Bahlo die deutsche Seite verantwortet. Das zweite Projekt läuft zurzeit unter dem Titel „Jugendkultur im Vergleich: Deutschland – Georgien“. Dessen Hauptziel ist die Erforschung und der Vergleich sprachlicher Formen dieser beiden unterschiedlichen Jugendkulturen. Wir haben dazu einen Förderantrag bei der Deutschen Botschaft in Georgien gestellt und hoffen sehr, dass wir eine Finanzierung erhalten.

Miranda Gobiani von der Universität Kutaissi
© Miranda Gobiani Universität Kutaissi

I: Sie forschen also vorwiegend über die georgische Jugendsprache. Wo in Georgien forschen Sie denn?

G: Ich unterrichte und forsche an der Staatlichen Universität Kutaissi an der Abteilung für Deutsche Philologie. Ich arbeite auch im Bereich DaF, aber meine Leidenschaft gilt wirklich der Forschung über Jugendsprache.

I: Und wie hoch ist das Interesse an diesem Thema in Georgien?

G: Ehrlich gesagt nicht sehr hoch. Soweit mir bekannt ist, bin ich in Georgien die einzige, die in diesem Feld empirische Forschung betreibt.

I: Und wie verhält es sich mit dem Bereich Soziolinguistik? Gibt es dazu in Georgien Forschung?

G: Das gibt es, aber wir haben da eine andere Forschungstradition. Was empirische Forschung angeht, haben wir wenig Erfahrung, weil die Forschung in der Sowjetunion eher theoretisch ausgerichtet war. Die neue Generation von Wissenschaftlern versucht aber, Verständnis über empirische Forschung zu erlangen. Die Gesprochene-Sprache-Forschung in Georgien unterscheidet sich aber nach wie vor sehr von der in Deutschland. Man benutzt zum Beispiel nicht das Gesprächsanalytische Transkriptionssystem (GAT), sondern arbeitet mit älteren Methoden.

Ich versuche nun die zwei Monate in Deutschland gut zu nutzen, um mich mit empirischer Forschung, ihrer Methode und Theorie auseinanderzusetzen. Was ich hier gelernt habe, wende ich bereits an, denn mein Aufenthaltsziel ist auch, das Deutsche und das Georgische von deutschen Jugendlichen mit georgischem Migrationshintergrund zu untersuchen. Ich habe eine kleine Gruppe in Düsseldorf gefunden und habe hier schon einige Aufnahmen gemacht. Ich hoffe, noch weitere Aufnahmen machen zu können.

I: Sie haben bereits ein wenig über Ihre Abteilung an der Universität in Kutaissi gesprochen. Wie hoch ist das Interesse der Studierenden an Germanistik und was kann man in Georgien mit diesem Studium anfangen?

G: Wenn es um Germanistik geht, haben wir wirklich Probleme, weil viele das Erlernen des Englischen favorisieren. In diesem Jahr hatten wir leider nur sieben Studierende im ersten Studienjahr, letztes Jahr war die Zahl noch höher, etwa 15.

Was kann man mit dem Abschluss in Germanistik machen? Die Studierenden haben viele Möglichkeiten, in Deutschland weiterzustudieren, denn wir haben Partnerschaften mit verschiedenen Universitäten und es gibt Möglichkeiten, über den DAAD und das Erasmus-Programm nach Deutschland zu gehen. Wenn die Studierenden fertig sind, können sie als Deutschlehrer arbeiten. Es gibt aber in Kutaissi nur fünf Schulen, an denen Deutsch unterrichtet wird, und dort einen Arbeitsplatz zu finden, ist natürlich nicht leicht.

I: Ein Germanistik-Studium in Georgien kann also auch als Sprungbrett für ein weiteres Master-Studium in Deutschland dienen?

G: Ja, manchmal ist das so. Aber viele Studenten suchen nach ihrem Studium auch nach Alternativen, etwa am Flughafen oder in einer Bank, wo auch Deutschkenntnisse gefragt sind.

I: Zuletzt: Wie sind denn Ihre Eindrücke von der Stadt Münster?

G: Ich finde Münster wirklich schön. Was auffallend ist: Die Stadt ist sehr kompakt, und die Menschen hier sind sehr kommunikativ und hilfsbereit. Ich habe keinen Orientierungssinn und brauche wirklich Hilfe, um mich zurechtzufinden. Man hat mir immer geholfen, das war wirklich auffällig.

I: Frau Gobiani, vielen Dank für das Gespräch!

G: Bitteschön!

das gemeinsame Forschungsprojekt
© Miranda Gobiani Universität Kutaissi