Hochschulkommunikation deutsch/chinesisch – Erfahrungsbericht zu einem Workshop im Rahmen der Germanistischen Institutspartnerschaft Münster – Xi‘an

von Dr. Katharina König

Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Sie sind Germanistik-Student und haben eine dringende Nachfrage zu den Leistungsanforderungen in dem Seminar, das Sie derzeit bei Professorin Müller besuchen. Wie nehmen Sie Kontakt auf?

Studierende an deutschen Universitäten, so zeigen aktuelle Studien aus dem Bereich der Hochschulkommunikation, schreiben in dem skizzierten Szenario im Regelfall eine E-Mail, auf die sie meist innerhalb eines Tages eine Antwort erhalten. An chinesischen Hochschulen ist hingegen eine andere Kommunikationsform das Mittel der Wahl, wenn man schnell Kontakt zu seinen DozentInnen herstellen muss: Der handybasierte Messenger WeChat. Über diese App, die dem in Deutschland weit verbreiteten WhatsApp-Messenger ähnelt, tauscht man nicht nur Nachrichten und Statusupdates mit FreundInnen und Bekannten aus; chinesische Studierende kennen häufig die Handynummern ihrer HochschullehrerInnen und nutzen diesen Kommunikationskanal intensiv, um Fragen zum Studium oder zu Klausuren und Hausarbeiten zu stellen. Eine Reaktionszeit von einem Tag wird als außergewöhnlich lang empfunden. E-Mails werden allenfalls zum Versenden größerer Dateien genutzt – meist ohne Anrede oder Nachrichtentext. Hieran zeigt sich eindrücklich, wie verschieden Möglichkeiten der Kontaktaufnahme in der Hochschulkommunikation ausgeprägt sein können.

Dr. Katharina König in Xi'an
© K. König

Im Rahmen der Germanistischen Institutspartnerschaft (GIP) zwischen dem Germanistischen Institut der WWU Münster und der Deutschabteilung der Xi’an International Studies University (XISU), China, sollen solche kommunikativen Praktiken in der deutschen und chinesischen Hochschulkommunikation kontrastiv erforscht werden. Die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) seit Beginn des Jahres 2017 geförderte GIP – unter der Leitung von Prof. Dr. Susanne Günthner (WWU Münster) und Prof. Wen Renbai (XISU) – umfasst neben Kooperationen im Bereich der Masterstudiengänge „Deutsch“ der XISU (DaF/Linguistik/Literatur/IKK) und im Bereich der DoktorandInnenausbildung zudem auch Projekte, in denen die bereits bestehende Datenbank „Gesprochenes Deutsch für die Auslandsgermanistik“ ausgebaut sowie um didaktisierter Lehreinheiten für den DaF-Unterricht in  China erweitert werden soll. Ferner ist das Centrum für Rhetorik am Germanistischen Institut der WWU Münster an der Ausbildung von DaF-LehrerInnen an der XISU beteiligt. Die MitarbeiterInnen des Centrums bieten zudem Kurse im Bereich Rhetorik, Diskussionsverhalten und Einsatz von Literatur im DaF-Unterricht an.

In diesem Kontext wurde im März 2017 an der XISU ein gemeinsamer Workshop von Dr. Katharina König (WWU Münster) und Dr. Zhu Qiang (XISU) zu Praktiken der deutschen Hochschulkommunikation angeboten. An der einwöchigen Veranstaltung haben insgesamt 20 Master-Studierende sowie mehrere Germanistik-Lehrende teilgenommen. In mehreren Lehreinheiten wurden verschiedene Gattungen der Hochschulkommunikation anhand von Forschungstexten und exemplarischen Datenanalysen thematisiert. So wurden etwa gemeinsam mit den Studierenden sprachliche Muster erarbeitet, die für studentische Referate, Prüfungsgespräche, Stipendienanträge und E-Mails an deutschen Hochschulen spezifisch sind. Bei der Analyse deutscher Daten wurden die chinesischen Studierende stets nach vergleichbaren Kommunikationsformen in der chinesischen Hochschulkommunikation gefragt. Die hieran deutlich gewordenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede wollen die Studierenden nun in ihren Abschlussarbeiten untersuchen. Hierfür können pro Studienjahr zwei Studentinnen über die GIP an der WWU Münster studieren – zusätzlich zu einem kontinuierlichen Austausch von DoktorandInnen und DozentInnen. Bereits im April und Mai wird der Austausch durch Besuche von Prof. Dr. Susanne Günthner und Dr. Heike Appel an der XISU fortgeführt.

Weitere Informationen zur GIP finden Sie hier.

Screenshot einer WeChat-Sequenz
Screenshot einer WeChat-Sequenz
© K. König