Tipps zu Lern- und Arbeitstechniken

Ein schlechtes Gewissen ist der größte Motivationskiller. Denn es bewirkt innere Anspannung, die das Hinsetzen zum Arbeiten noch anstrengender macht, als es einem ohnehin vorkommt. Zudem führt es zu einem ständigen unterschwelligen Misserfolgsgefühl, das den nicht gerade hilfreichen Gedanken fördert: "ich schaffe es nicht" und auch dadurch die Motivation senkt. Deshalb ist bei allen hier aufgeführten Tipps wichtig, sie so einzusetzen, dass das schlechte Gewissen "Ruhe gibt".

Sinnvoll Ziele setzen

Ziele sollten nach der SMART-Formel festgelegt werden:

Spezifisch
Messbar
Aktionsorientiert
Realistisch
Terminiert

Beispiel 1:
Ich lese heute zwischen 14 und 16 Uhr fünf Seiten aus dem Buch XY, markiere die wichtigsten Stellen und mache mir dazu Notizen. Nicht: Ich arbeite heute an meiner Abschlussarbeit.

Beispiel 2:
Ich wiederhole heute Vormittag zwischen 10 und 12 Uhr den gestern gelernten Stoff, lese danach das erste Kapitel des Lernskripts und gebe es in eigenen Worten ohne Vorlage wieder. Nicht: Ich lerne heute für die nächste Prüfung.

Prioritäten setzen

Aufgaben können auf den Dimensionen Wichtigkeit und Dringlichkeit eingeordnet werden. Wichtigkeit meint dabei die Antwort auf die Frage "Was bringt mich meinen Zielen näher?" Dringlichkeit bezieht sich auf Aufgaben, die zu einem bestimmten Termin erledigt sein müssen.

Nicht alles, was dringlich ist, ist auch wichtig!

Hilfreich kann sein, die eigenen Vorhaben/Aufgaben in eine dieser vier Kategorien einzuordnen:

A: dringlich und wichtig >> sofort tun!
Beispiel: für die Prüfung morgen lernen

B: wichtig, aber nicht dringlich >> terminieren!
Beispiel: In zwei Monaten muss die Hausarbeit fertig sein, also beginne ich am (Datum setzen!).

C: dringlich, aber nicht wichtig >> delegieren oder Absprachen treffen!
Beispiel: Die WG muss dringend geputzt werden, ich spreche mit den Mitbewohnern ab, dass ich die nächsten zwei Wochen, aber nicht diese putze.

P(Papierkorb): weder dringlich noch wichtig >> nicht tun!
Beispiel: Den Papierstapel will ich schon seit Wochen wegsortieren – dann kann er sicher noch eine Weile länger liegen bleiben.

Arbeit mit To-Do-Listen

Es gibt verschiedene Arten von To-Do-Listen, die als Hilfsmittel zur Arbeitsplanung eingesetzt werden können. Auf ihnen sollte nicht nur in so konkreten Einzelschritten wie möglich notiert werden, was zu tun ist, sondern auch wann ich vorhabe, das zu tun. Wichtigste Regel bei der Arbeit mit solchen Listen ist:

Ich mache den Plan für mich, ich bin nicht "Sklave" meines Plans. Wenn die Einhaltung des Plans nicht funktioniert, bin nicht ich verkehrt, sondern der Plan ist falsch!

Hintergrund dieser Feststellung ist, dass ich mir nur sinnvoll vornehmen sollte, was ich tatsächlich schaffen kann. Nehme ich mir regelmäßig zu viel vor, leidet meine Motivation darunter – denn dann habe ich ständig ein schlechtes Gewissen und verliere noch stärker die Lust, etwas zu arbeiten.

Es können Tages-, Wochen-, Monats- oder auch Projektpläne erstellt werden. Der Plan muss dann in die einzelnen Arbeitseinheiten ("was mache ich konkret in der nächsten Stunde") herunter gebrochen werden.

Arten von To-Do-Listen:

Exakt planen – Beispiel: Heute arbeite ich von 10–12 Uhr, gehe danach in die Mensa und arbeite weiter von 14–15 Uhr.

Grobplanung – Beispiel: Heute lerne ich 2 Stunden für die Prüfung, im Zeitfenster von 14–18 Uhr, das heißt, spätestens um 16 Uhr werde ich anfangen.

Umgekehrt planen – planen, wann ich nicht arbeite; Beispiel: Ich beginne nicht vor 9 Uhr, zwischen 12 und 14 Uhr mache ich eine Mittagspause, ab 17 Uhr habe ich Feierabend (mit exakter oder Grobplanung kombinieren).

"Procrastination buster" – Ich nehme mir 4 unangenehme Dinge vor, von denen eines das Arbeiten an einer Hausarbeit o.ä. ist, die anderen drei müssen noch unangenehmer sein; Beispiel: ich werde heute zwei Stunden für die Prüfung lernen, einen lang aufgeschobenen Zahnarzttermin vereinbaren, meinen Keller aufräumen, eine Email an meinen Professor schreiben und ihn bitten, dass ich für meine Hausarbeit noch etwas mehr Zeit bekomme (Methode aus dem Buch: "Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin").

Ferris' "Things not to do"-Methode – Ich plane heute, 1–2 meiner typischen Aufschiebehandlungen zu unterlassen;Beispiel: Ich werde heute Nachmittag weder PC-Spiele spielen noch meinen Schreibtisch aufräumen.

Grenzen setzen

Wie oben beschrieben kann ein schlechtes Gewissen zum Motivationskiller werden. Deshalb kann es hilfreich sein festzulegen, zu welchen Zeiten man nicht arbeiten/lernen möchte. Dazu gehört vor allem, einen "Feierabend" zu definieren – entweder abends eine Uhrzeit, ab der man nicht mehr arbeiten möchte, oder morgens/mittags eine Zeit, vor der man nicht beginnt – oder beides. In nicht "ganz heißen" Phasen (kurz vor einer Prüfung oder eines Abgabetermins) sollte man sich mindestens (!) einen Tag in der Woche "frei nehmen".

Wichtig ist auch, in der Freizeit "abzuschalten", was gerade in der Zeit des Studiums, in der viele das Gefühl haben, "nie ganz fertig" zu sein, schwierig sein kann. Helfen können Sport oder Entspannungsverfahren, die man in Kursen oder mit CDs lernen kann.

Ein guter Anhaltspunkt dafür, ob man sich innerhalb seiner Belastungsgrenzen befindet, ist, die wöchentliche Arbeitszeit auszurechnen, und zwar nicht nur die auf die Uni bezogene, sondern inklusive Nebenjob. Wenn ich mehr als eine "Vollzeitstelle" arbeite, kann ich davon ausgehen, das Pensum nicht über einen längeren Zeitraum schaffen zu können.

Startzeichen

Wenn Sie Anfangsschwierigkeiten haben, kann es hilfreich sein, mit sich selbst ein "Startzeichen" zum Arbeiten/Lernen zu vereinbaren.

Beispiele:

  • Ich beginne um 11 Uhr.
  • Ich beginne um 14 Uhr, spätestens um 14:30 Uhr.
  • Wecker stellen
  • Lieblingslied oder Nachrichten im Radio hören, danach beginnen
  • Zeitschrift 10 Minuten lang durchblättern, dann anfangen
  • einen Kaffee/Tee trinken, anschließend starten
  • innere Anspannung herstellen: in 3 Minuten fange ich an!
  • spontan anfangen, bevor man sich bereit fühlt, also z.B. fünf Minuten vor dem eigentlichen Start
  • innerlich von 10 bis 0 herunter zählen (countdown) und beginnen
  • mit etwas anderem als dem Geplanten beginnen und nach 5 Minuten zur eigentlichen Aufgabe wechseln
  • nur 5 Minuten an der Aufgabe arbeiten, danach abbrechen, falls man nicht in Schwung gekommen ist – die Idee dahinter ist, dass sich der innere Widerstand der Aufgabe gegenüber verringert und man danach nochmal 5–10 Minuten weiterarbeiten kann (wenn dies dann erträglich und machbar erscheint)

Die Startzeichen sollten natürlich keine Handlungen beinhalten, die das Aufschieben fördern. Gefährlich wird es zum Beispiel bei:

  • "nur eben noch dieses PC-Spiel spielen"
  • "nur noch diese Sendung im Fernsehen schauen"
  • "gerade eben den Schreibtisch aufräumen"
  • "kurz noch abwaschen"
  • ...

Neben dem "Startzeichen setzen" kann auch die Methode der Symptomverschreibung helfen: verordnen Sie sich selbst 45 Minuten Aufschieben. Was zuvor verlockend erschien, kann nun Widerstand hervorrufen (da Sie ja nun aufschiebenmüssen) und damit Ihren Entscheidungsfreiraum zum Arbeiten wieder herstellen.

Willensübung

Natürlich kann man "Aufschieberitis" nicht aus der Welt schaffen, indem man sich sagt (oder andere einem sagen): "Reiß Dich mal zusammen!" Das haben Sie sicherlich schon (wahrscheinlich erfolglos) versucht. Trotzdem können Übungen hilfreich sein, die den eigenen Willen stärken, besonders was die innere Widerstandskraft gegenüber Frustrationen und Schwierigkeiten (die beim Lernen oder Arbeiten an Hausarbeiten o.ä. selbstverständlich auftreten) angeht.
In dem Buch "Schluss mit dem ewigen Aufschieben" von W. Rückert werden folgende Übungen vorgeschlagen:

  • "Beschließen Sie, nach 20 Minuten Spaß, den Sie im Schwimmbad hatten, noch 10 Bahnen zu schwimmen, so kraftvoll wie möglich."
  • "Duschen Sie sich, nachdem Sie das warme Wasser genossen haben, zusätzlich noch kalt ab und versuchen Sie, es immer länger auszuhalten."
  • "Üben Sie, nach der angenehmen Lektüre des Feuilletons auch noch intensiv den Wirtschaftsteil Ihrer Zeitung durchzuarbeiten."
  • Nehmen Sie sich ein anspruchsvolles, dickes Werk, das Sie schon lange einmal lesen wollten (...). Hängen Sie an die drei Seiten Ihrer (..) Lektüre noch eine Seite ran."