Gemeinde- und Stadtentwicklung in Münster
Gemeinde- und Stadtentwicklung in Münster

Münster ist heute – nach Köln – mit über 30.000 Hektar bzw. 300 Quadratkilometern die zweitgrößte Flächenstadt in Nordrhein-Westfalen. Diese Größe erreichte es durch die letzte große Eingemeindung im Zuge der kommunalen Neugliederung im Jahr 1975. Doch bereits im Mittelalter betrug der von der Mauer umschlossene urbane Raum über 100 Hektar und zählte damit zu den flächenmäßig größten Städten Nordwestdeutschlands.

Auf der Karte werden die Entwicklung der münsterischen Stadtgrenzen zwischen 1875 und 1956 sowie den sich in diesen Bereichen vollziehenden Siedlungsgang dargestellt. Somit bleibt etwa die Entwicklung in Handorf oder anderen heutigen münsterischen Stadtteilen unberücksichtigt.

Erste Eingemeindung 1875
Eine enorme Erweiterung erfuhr die Kommune dann im 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert durch Eingemeindungen von umliegenden Orten bzw. Teilen von diesen. Bereits seit den 1840er Jahren bemühte sich Münster um die Erweiterung seiner Stadtfläche. Dieses Bestreben resultierte daraus, dass es der Stadt an Baugebieten für neue Wohn-, Gewerbe- und Industrieansiedlungen, aber auch für Bauprojekte fehlte, die zur Erfüllung der Funktion als westfälischer Provinzialhauptstadt nötig waren. Zunächst weigerten sich die Nachbargemeinden, Flächen an das Verwaltungszentrum abzutreten, weil sie dadurch steuerliche Nachteile befürchteten. Daher kam es erst 1875 zu einer ersten großen Eingemeindung. Die bereits funktional und städtebaulich mit der münsterischen Altstadt verflochtenen Gebiete der damals noch eigenständigen Kommunen St. Mauritz, Lamberti und Überwasser wurden Münster zugeschlagen. Damit vergrößerte sich das Stadtgebiet von 1,92 auf 10,84 Quadratkilometer, also fast um das Sechsfache. An „neuen“ Münsteranern kamen damals fast 9.000 hinzu, sodass die Stadt nun 35.563 Einwohner zählte.

Zweite Eingemeindung 1903
Doch bereits in den 1890er Jahren stieß Münster wieder an seine Grenzen. Vor allem der Bau des Dortmund-Ems-Kanals und des Hafens im Südosten der Stadt beförderte eine industrielle Ansiedlung. Aber auch in anderen Stadtteilen erwies sich der neue kommunale Zuschnitt für die bauliche und wirtschaftliche Entwicklung Münster als zu eng. Wohngebiete sollten überwiegend im Süden, Gewerbe- und Industrieansiedlungen im Südosten und militärische Anlagen im Nordwesten (Steinfurter Straße) entstehen. Die jahrelangen Verhandlungen führten schließlich zu einer zweiten Eingemeindung im Jahr 1903. Damals wurden die Reste der vormals selbstständigen Gemeinden Lamberti und Überwasser gänzlich der Provinzialhauptstadt zugeschlagen. Auch Teile von St. Mauritz gingen an Münster, das aber zunächst seine Eigenständigkeit noch durch die Eingliederung der Bauerschaften Sandrup und Sprakel (zuvor Überwasser) erhalten konnte. Durch die Eingemeindung kamen wieder gut 7.500 Münsteraner hinzu; die Gesamtzahl der Einwohner stieg auf 76.500 und die Stadt gewann 1.084 Hektar hinzu. Das münsterische Stadtgebiet umfasst also seit dem 1. April 1903 67,25 Quadratkilometer. Da die hinzugewonnenen Flächen überwiegend landwirtschaftlich genutzt wurden, war nun erst einmal ausreichend Potential für die Siedlungsentwicklung vorhanden.

Erweiterungspläne 1923
Obwohl noch kein zwingender Bedarf bestand, wurde bereits 1923 diskutiert, ob nicht zur weiteren Entfaltung Münsters auch die Nachbargemeinden Sprakel (St. Mauritz), Handorf, Amelsbüren, Angelmodde und Hiltrup sowie die Umlandkommunen Albsersloh, Alverskirchen und Rinkerode zum Stadtgebiet geschlagen werden sollten. Allerdings scheiterte dieses Ansinnen des münsterischen Oberbürgermeisters Dr. Georg Sperlich am Widerstand des Landkreises Münster, auf dessen Kosten ein solches Vorhaben gegangen wäre. Erst als im Zuge des Kommunalen Neugliederung der münsterische Landkreis 1975 aufgelöst wurde, konnte dieses Vorhaben teilweise umgesetzt werden.

Umgemeindung Coerdes 1956
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es in der Zeit des Wiederaufbaus zu einem erneuten Bedarf an Wohnflächen. Aus finanziellen Gründen trat die Gemeinde St. Mauritz daher Münster 1956 das Gebiet des heutigen Stadtteils Coerde ab, das damals aus Teilen der Bauerschaften Coerheide, Gelmer und Kemper bestand und insgesamt eine Fläche von 658 Hektar aufwies. Dadurch erhöhte sich die Stadtfläche auf 7.383 Hektar oder 73,8 Quadratkilometer. Diese Areale waren allerdings nur schwach besiedelt, sodass die Einwohnerzahl Münster nur um 592 Einwohner stieg.

Dritte Eingemeindung 1975
Den umfangreichsten Zuwachs der Stadtfläche erhielt Münster allerdings erst im Zuge der Kommunalen Neugliederung 1975. Damals kamen fast 23.000 Hektar hinzu; die Stadt vergrößerte sich um das Vierfache. Dreiviertel des heutigen Stadtgebietes gehen auf die Neugliederung von 1975 zurück. Durch die Auflösung des Landkreises Münster erhielt die Stadt die Gemeinden Albachten, Amelsbüren, Angelmodde, Handorf, Hiltrup, Nienberge, St. Mauritz und Wolbeck vollständig hinzu, zudem den Großteil Roxels und Teile von Albersloh, Gimbte, Rinkerode, Greven und Telgte. Das ergab eine Stadtfläche von insgesamt 30.222 Hektar. 62.1119 Menschen wurden damals „Neu-Münsteraner“. Dadurch stieg die Bevölkerungszahl Münsters von zuvor 200.448 auf 262.567 Einwohner an.

Literatur

  • Heinz Heineberg, Flächen und Größenentwicklung – vom Mittelalter bis zur Gegenwart, in: Münster. Stadtentwicklung zwischen Tradition, Herausforderungen und Zukunftsperspektiven, hrsg. v. Thomas Hauff u. Heinz Heineberg, Münster 2011, S. 8–12.
  • Ursula Richard-Wiegandt, Das neue Münster. 50 Jahre Wiederaufbau und Stadtentwicklung 1945–1995, Münster 1996.