Archäologisches Museum
Archäologisches Museum

Nach dem Tod… – Zum Umgang mit dem toten Körper in vergangenen und gegenwärtigen Religionen

Themenfeld der Ausstellung „Körper. Kult. Religion.“

Plakat zur Ausstellung „Körper. Kult. Religion.“
© exc/nur design/Stefan Matlik

Der Tod stellt biologisch das Ende des Lebens dar, doch die Behandlung des toten Körpers spiegelt in vielen Religionen Vorstellungen von einem ,,Leben danach“ wider. In einigen Traditionen ist ein wesentlicher Bestandteil für eine weitere Existenz der Erhalt des Körpers, weshalb man versucht, den natürlichen Verfallsprozess mittels verschiedener Praktiken wie der Mumifizierung zu stoppen oder zu verlangsamen.

Die Behandlung des Verstorbenen sowie die Art der Bestattung variieren nach Kultur, Religion und Zeit stark, weshalb die damit verbundenen Praktiken und Rituale sehr vielfältig sind. Neben der Erdbestattung im Judentum, Christentum und Islam war im Hinduismus sowie im antiken Griechenland und Rom das Verbrennen des Körpers ein gebräuchliches Ritual. Im buddhistischen Tibet findet sich zudem das Himmelsbegräbnis, bei dem der Leichnam zerteilt und den Geiern als ,,Spende“ gereicht wird. Die toten Körper mächtiger Herrscher oder Heiliger werden oft im Zuge des Reliquienkultes verehrt. Genauso verhält es sich mit Bildnissen der Verstorbenen, die als Objekte der Verehrung dienen können. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der gekreuzigte Jesus, der zum wichtigsten Symbol des Christentums geworden ist.

Das ,,Leben danach“ reicht von den elysischen Gefilden im antiken Griechenland, über den Himmel, dem Reich Gottes im Christentum bis zu den paradiesischen Gärten, die der Koran den Gläubigen verheißt. Eine Gemeinsamkeit zwischen den Kulturen besteht darin, dass man durch gute Taten und ein rechtschaffenes Leben dorthin gelangt, doch auch der Glaube an Erlösung durch göttliche Gnade ist verbreitet. Fast alle Religionen kennen aber auch zeitliche oder ewige Höllenstrafen als Resultat schlechter Lebensführung.

Ausgewählte Ausstellungsstücke

Die folgenden Texte basieren auf dem Katalog zur Ausstellung: 

Erhardt, S.; Graefe, J.; Lichtenberger, A.; Lohwasser, A.; Nieswandt, H.-H.; Strutwolf, H. (Hgg.): Körper. Kult. Religion. Perspektiven von der Antike bis zur Gegenwart. Münster 2024.

 

  • Nachbildung der Totenmaske der Unbekannten aus der Seine (orig. „L’inconnue de la Seine“) (Kat.-Nr. 117)

    © Museum für Sepulkralkultur Kassel

    Die Totenmaske stammt der Legende nach von dem Gesicht der Leiche einer unbekannten Frau, die in Paris Ende des 19. Jahrhunderts in der Seine gefunden wurde. Die Maske, die von einem Leichenbeschauer angefertigt worden sein soll, der von der Schönheit der Verstorbenen beeindruckt war, wurde so berühmt, dass sie bis heute aus zahlreichen Reproduktionen bekannt ist. Das Erstellen von Totenmasken zum Gedenken an verstorbene Verwandte war bereits in der römischen Antike ein gängiges Vorgehen, das sich über die Jahrhunderte hielt. Auch in der Neuzeit wurden u. a. von Kaisern, Königen oder berühmten Personen nach ihrem Tode Gipsabgüsse ihres Gesichtes genommen. (exc/fbu)

  • © Robert Dylka

    Volutenkrater mit Unterweltsszene (Kat.-Nr. 113)

    Dieser Volutenkrater von ca. 320 v. Chr. aus Apulien in Süditalien war Teil von umfangreichen Grabbeigaben, die den Verstorbenen in unterirdischen Grabkammern mitgegeben wurden. Die auf dem Krater abgebildeten Szenen spielen sowohl in der Welt der Lebenden, als auch in der Unterwelt. Je nach Lebensleistung konnte man laut den Glaubensvorstellungen der Antike nach dem Tod auf die Insel der Seligen oder in die Unterwelt gelangen. In deren düsterstem Teil – dem tartaros – warteten böse Strafen – hier wiedergegeben durch zwei gefesselte Jünglinge, die von Rachegöttinnen mit Geißeln gequält werden. Der Übergang von Leben zum Tod kann aber auch positiv aufgenommen werden, wie die Abbildung der Persephone, die Gattin des Hades, beweist. (exc/tst)

  • Gemälde mit den Aufgaben der Prager Bruderschaft Hevra qadisha (Kat.-Nr. 118)

    © Museum für Sepulkralkultur, Kassel

    Die Hevra qadisha (wörtlich „heilige Bruderschaft“) entwickelten sich in der frühen Neuzeit in jüdischen Gemeinden, um Sterbende zu begleiten, deren Leichname zu versorgen und das Begräbnis durchzuführen. Die besonders sorgfältig zu vollziehenden Bestattungsrituale sind dem Glauben an die körperliche Auferstehung geschuldet. Die in der Ausstellung präsentierten Bilder stammen aus einer Serie von 15 Bildern aus dem Jahr 1772 und zeigen die Aufgaben der Prager Hevra qadisha: Der Leichnam wird mit einem Tuch bedeckt und auf den Boden gelegt (Bild 1). Zu den Aufgaben der Bruderschaft gehört außerdem die Aushebung des Grabes, das Bauen eines Sarges, die Organisation der Begräbnisprozession (Bild 2) und des Begräbnisses selbst. (exc/tec)

  • Gravierte Grabplatte einer Äbtissin (Kat.-Nr. 120)

    © Michael Reuter

    Eine Grabplatte ist die obertägig sichtbare Kennzeichnung eines Grabes. Durch die konkrete Lokalisierung des Grabes haben die Hinterbliebenen die Möglichkeit der individuellen Trauer und Erinnerung an den Verstorbenen auch viele Jahre nach dem Tod. Die hier gezeigte Platte wurde im 12. Jh. aus dem lokal bei Münster vorkommenden Baumberger Sandstein in den ursprünglichen Maßen von etwa 180 x 70 cm geformt. In die Platte wurde wohl die Darstellung einer Äbtissin geritzt. Heute ist sie nur noch zur Hälfte erhalten, da sie im Zuge ihrer Weiternutzung teilweise zerstört wurde. So wurde sie im Dom zu Münster in der Höhe der oberen Turmkapelle als rundbogige Fensteröffnung verwendet. Eine auf der Platte angebrachte Inschrift ist nur noch fragmentarisch erhalten. (exc/tec)

  • Tuchfragment mit Tiraz-Inschrift (Kat.-Nr. 126)

    © Christian Krug

    Dieses ägyptische Leinentuch aus Seide wird durch die Ṭirāz-Inschrift - das persische Wort ṭirāz heißt so viel wie „Stickerei“ - auf die Jahre 967/968 datiert. Damit ist es ein Zeugnis des abbasidischen Ägyptens kurz vor der Eroberung durch die schiitische Dynastie der muslimischen Fatimiden im Jahr 969. Bei den Tirāz-Inschriften handelt es sich um gestickte Schriftbänder, die i.d.R. den Namen des Kalifen enthielten und dadurch Segen (arab. baraka) spenden sollten.  Das ausgestellte Tuch stammt aus einem fatimidenzeitlichen Grab und war ursprünglich um den Körper der verstorbenen Person gewickelt. Tücher mit Ṭirāz-Inschrift wurden während der Zeit der Fatimiden häufig als Grabtücher verwendet und sollten dem göttlichen Richter am Jüngsten Tag vermutlich den rechten Glauben des Bestatteten durch die aufgestickten Segenssprüche und den Namen des Kalifen signalisieren. (exc/tec)