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Ausgrabungsexpedition im Nordost Irak

Startschuss für das neue DFG-geförderte "Peshdar Plain Project" von Prof. Dr. Janoscha Kreppner
Team der Ausgrabungsexpedition
Ausgrabung in den Zagrosbergen: das internationale und interdisziplinäre Grabungsteam vor der Ausgrabungsfläche. Im Hintergrund der Hügel Qalat-i Dinka.
© Jens Rohde/Peshdar Plain Project

Trotz aller Komplikationen während der Corona-Pandemie hat ein Team unter Leitung von Prof. Dr. Janoscha Kreppner vom Institut für Altorientalistik und Vorderasiatische Archäologie der WWU Münster die vorlesungsfreie Zeit bis Oktober genutzt, um ein neues von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Forschungsprojekt mit einer Ausgrabung im Nordost Irak zu beginnen. Das DFG-Projekt trägt den Titel "Lebenswelten des frühen 1. Jt. v. C. im westlichen Zagrosrandgebirge am Unteren Zab vor und nach der assyrischen Annexion: Das zivile Zentrum des Dinka Siedlungskomplexes in der Peshdar-Ebene".

In der Peshdar-Ebene der Zagrosberge am Fluss Unterer Zab in der irakischen Autonomen Region Kurdistan an der Grenze zum Iran wird eine 60 Hektar große eisenzeitliche Siedlung untersucht, der "Dinka Siedlungskomplex". Die Peshdar-Ebene wurde im 9. Jh. v. Chr. als Bestandteil einer neu geschaffenen Grenzmark zum Schutz vor Gefahren aus dem Osten in das assyrische Reich integriert. Die neuen Ausgrabungen werfen Licht auf die bislang kaum bekannten Lebenswelten und die materielle Kultur der indigenen lokalen Gesellschaft der Zagrosberge vor der assyrischen Annexion. Ziel der Ausgrabungen war eines von drei Gebäuden in der Unterstadt, die sich in ihrer Größe von den gewöhnlichen Wohnhäusern deutlich absetzen und daher zentral waren für die Unterstadt.

Hausplan
Das freigelegte, quadratische Gebäude L.
© Jens Rohde/Peshdar Plain Project

Das untersuchte Gebäude L ist quadratisch, bedeckt eine Fläche von 700 m2 und wurde in großen Teilen freigelegt. Ein mittiger Hof wird an allen vier Seiten von einer Raumzeile eingefasst. Entlang der Hofmauern ist ein Bereich durch eine Reihe sorgfältig in den Boden eingelassener Steine abgegrenzt. In regelmäßigen Abständen befinden sich quadratische Steinsockel entlang der Abgrenzung, die als Basis für Pfeiler einer Deckenkonstruktion gedient haben könnten. Dies lässt darauf schließen, dass der Hof einst von einer umlaufenden Portico umgeben war.

Zwei Räume wurden fast vollständig freigelegt: Raum 37 ist durch seine Größe von circa 60 m2, eine Türschwelle aus gebrannten Ziegeln, einen Bodenbelag aus weißem Kalk und ein Podest besonders aufwendig ausgestaltet. Er kann als repräsentativer Empfangsraum identifiziert werden. Raum 35 diente vermutlich als zentraler Speicher, wovon die Reste vieler großer Gefäße zeugen. Das Gebäude L war daher Bestandteil des zivilen Zentrums der Unterstadt des Siedlungskomplexes. Deutliche Brandspuren lassen auf ein gewaltsames Nutzungsende schließen, das wohl Folge der assyrischen Annexion ist. Das Gebäude unterscheidet sich in Grundriss und Bauweise von bisher bekannten eisenzeitlichen Architekturtraditionen wie den mesopotamischen Hofhäusern im Westen und Gebäuden mit zentralen Pfeilerhallen im Nordwestiran.

Die Expedition hat vor Augen geführt, dass in der archäologisch schlecht erforschten irakisch-iranischen Grenzregion wichtige Erkenntnisse über die indigene Kultur an der Schnittstelle zwischen den mesopotamischen Kulturen der Assyrer und Babylonier im Irak auf der einen und den medischen und achämenidischen Kulturen im Iran auf der anderen Seite gewonnen werden können. Das Forschungsprojekt wird in Zusammenarbeit mit dem irakischen Sulaymaniyah Directorate of Antiquities and Heritage und der LMU München (Alte Geschichte) durchgeführt. Von der WWU waren neben Janoscha Kreppner, Jana Richter und Jens Rohde auch drei Studierende beteiligt, die wichtige praktische Erfahrungen in der archäologischen Feldforschung sammeln konnten.

Institut für Altorientalistik und Vorderasiatische Archäologie

Projektinformation bei der DFG