Sich fragen, wo wir jetzt eigentlich sind
Am 3. und 4. Oktober findet im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster eine Tagung mit dem Titel "Where are we now?" statt. Studierende des Masterprogramms "Kulturpoetik der Literatur und Medien" sowie Promovierende stellen die Ergebnisse ihrer Debatten vor, die sie sieben Semester lang in einem Oberseminar von Prof. Dr. Moritz Baßler, Germanistisches Institut der WWU Münster, geführt haben. Diskutiert wird, inwiefern es die Postmoderne, sollte es sie je gegeben haben, schon zu Ende ist. Wo manche gleich die Geschichte mitverabschieden, wird andernorts weiter Gegenwart produziert. Die Studierenden und Promovierenden betrachten alternative Epochenkonzepte sowie die Krisen und Revivals von Phänomenen wie Heimat, Pop oder Humanismus. Dabei geht es aber vor allem um Romane, Songs, Performances und TV-Serien, an denen Veränderungen im Diskurs spürbar werden.
Im Zentrum steht hierbei die Frage, die sich 2013 schon David Bowie stellte: Where are we now? Mithilfe der vier Oberbegriffe "Post-Ironie", "Post-Pop", "Heimat" und "Post-Humanismus" wird versucht, Antworten auf diese Frage zu finden. Geht es zurück zu Naivität, Eigentlichkeit und Aufrichtigkeit? In Romanen wie "Taipei" von Tao Lin und Songs wie "Seasons" von Future Islands kollidieren Superfood-Smoothie und MDMA, Synth-Pop und Südstaaten-Romantik, Avantgarde und Wildwuchs – und laden gerade damit zur Diskussion ein. Pop-Musik und -Literatur prägen jetzt Archivierung, Musealisierung oder Historisierung. Der Musikjournalist Simon Reynolds spricht hierbei von "Retromania". Diskutiert wird in diesem Kontext zum Beispiel Benjamin Stuckrad-Barres "Panikherz". Und während die Welt komplexer und undurchschaubarer wird, bieten Genres wie der Heimatfilm einen Hort der Sicherheit und der positiven Identifizierung. Außerhalb erfährt Heimat einen Politisierungsschub. Schlagerstars reichern ihre Texte mit rechtskonservativen Gedanken an und Autor*innen wie Saša Stanišić oder Juli Zeh suchen in ihrer Literatur bewusst die zahlreichen Widersprüche auf, die "Heimat" mit sich bringt. Zuletzt: Frei nach Donna Haraways utopischer Forderung "Make kin, not Babies!" verwirft diese Strömung den Subjektentwurf des Humanismus und lotet aus, was passieren könnte, wenn der (alte, weiße) Mensch seine Vormachtstellung verliert.
Der Besuch der Veranstaltung ist kostenlos. Aufgrund der Corona-Pandemie ist jedoch eine Anmeldung unter https://bit.ly/LWLMKK-Online-Tickets erbeten. Kurzentschlossene können am jeweiligen Veranstaltungstag Karten an der Museumskasse erhalten.