Januar 2021
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Münze des Monats

© Künker, Auktion 334

Aureus zur Feier des Geburtstages Domitians am 24. Oktober 70, geprägt von seinem Bruder Titus in Caesarea Maritima

Titus / Vespasian, 69-79, im Namen Domitians, Aureus, 7,52 g, Caesarea Maritima, Okt. 70.
Vs. DOMITIANO CAESARI PR(incipi) IV(ventutis) um eine barhäuptige Büste Domitians, welche an Porträts des jungen Nero erinnert.
Rs. Rundschild – ein clipeus virtutis – über zwei gekreuzten Lanzen liegend, mit der Inschrift IMP / T / CAESAR.
Fritz Rudolf Künker, Auktion 334, 17.3.2020, Los 2334, Schätzpreis € 30.000.

Dieser Aureus ist eine in vieler Hinsicht spektakuläre Münze. Nicht nur, weil er für den atemberaubenden Preis von € 340.000,- (plus € 68.000,- Aufgeld) im März 2020 bei einer Versteigerung des Auktionshauses Künker seinem neuen Eigentümer zugeschlagen wurde. Tatsächlich handelt es sich um ein Unikat, das einzige bislang bekannte Exemplar einer Emission, welche - so die fundierte Interpretation zweier renommierter Numismatiker, Peter Strauss und Johannes Nollé - im Herbst des Jahres 70 n. Chr. von einer mobilen Münzstätte in Palästina geprägt wurde. Dies erfolgte unmittelbar nach der Niederschlagung der blutigsten Revolte der römischen Geschichte, des Jüdischen Aufstandes von 66-70 n. Chr., welche dem jüdischen Historiker Flavius Josephus zufolge über eine Million Menschen in ihrer Heimat Palästina das Leben gekostet haben soll.
IMP(erator) T(itus) CAESAR - so erscheint der Name des älteren Sohnes Kaiser Vespasians auf der Münzrückseite auf einem Schild über gekreuzten Lanzen. Auf den ersten Blick erinnert er an den berühmten Tugendschild (clupeus virtutis), den Augustus 27 v. Chr. vom Senat und Volk Roms mit der Aufzählung seiner Tugenden als Ehrung erhalten hatte, meint hier aber ausschließlich die virtus, die militärische Tüchtigkeit. Diese hatte Titus nur wenige Wochen zuvor bei der schließlichen Eroberung Jerusalems und der Zerstörung des gewaltigen, von Herodes erbauten Tempels, des zentralen Heiligtums der Juden im Imperium Romanum und während des Aufstandes letzte Bastion der jüdischen Verteidiger, unter Beweis gestellt. Von seinen Truppen war er hierfür auf dem Schlachtfeld als Imperator akklamiert worden.
Geprägt hat Titus den Aureus allerdings zu Ehren seines auf der Vorderseite abgebildeten jüngeren Bruders und princeps iuventutis (Führer der römischen Jugend) Caesar Domitianus, und zwar anlässlich dessen Geburtstages am 24. Oktober 70. Diesen beging Titus feierlich mit seinem Tross in Caesarea Maritima. Hierher war er - dies zugleich eine Demonstration der Macht gegenüber der geschlagenen jüdischen Bevölkerung - in Begleitung von zwei Legionen auf seinem Abmarsch vom Kriegsschauplatz gezogen. Ihren grausamen Höhepunkt fanden die mehrtägigen Feierlichkeiten in der Abschlachtung von eigens zu diesem Zweck mitgeführten jüdischen Kriegsgefangenen im städtischen Amphitheater (oder dem Hippodrom) in Form von 'Spielen' (ludi):
„Zu Domitians Ehren ließ Titus nun wieder einen großen Teil der Strafe an den Juden vollstrecken. Die Zahl derer, die bei Tierkämpfen umkamen, verbrannt wurden oder in Kämpfen gegeneinander fielen, überstieg 2.500.“ (Flavius Josephus, B.J. 7.3 [38])
In allen weiteren Städten Palästinas und Syriens, die er anschließend bis nach Antiochia hin durchzog und in denen Juden jeweils einen beachtlichen Teil der Einwohnerschaft darstellten, wiederholte sich dieses grauenvolle Zeremoniell. Überall veranstaltete Titus „prä̈chtige Spiele, bei denen jüdische Gefangene zur Schaustellung ihres eigenen Sterbens verwendet wurden.“ (Flavius Josephus, B. J. 7.3 [37–40.96]).
In Berytus/Beirut kam es dabei neuerlich zur Prägung von Goldmünzen; diesmal war der Anlass die Feier des Geburtstages Vespasians am 17. November 70.
Die vorliegende Goldmünze wurde außer Frage mit weiteren Exemplaren am 24. Oktober 70 Honoratioren der Stadt Caesarea Maritima und hohen Offizieren der militärischen Entourage des Titus überreicht. Dies erklärt zugleich die mutmaßlich geringe Höhe der Emission. Auch von den Feiern in Berytus hat sich nur ein einziges Stück erhalten. Es trägt den selben Revers wie unsere Münze.
'Blutgold' nannte Johannes Nollé diese als Gedenkmünzen zu verstehenden Prägungen. Seine Hypothese, dass sie aus den im Jerusalemer Tempel geplündern Schätzen, vielleicht sogar aus eingeschmolzenen goldenen Tempelgeräten geprägt wurden, hat viel für sich. Unstreitbar stellt das hier vorgestellte Exemplar jedenfalls ein historisches Zeugnis von außerordentlicher Bedeutung dar.

(Johannes Hahn)

 

Literatur:

  • Calico -, RIC² 1538 (diese Münze), RPC II 1909 (diese Münze).
  • P. Strauss, Ein unedierter Aureus des Domitian aus Judäa, in: Festschrift H.A. Cahn, Basel 1985, 135-139 (diese Münze).
  • J. Nollé, Eine Geburtstagsfeier für den kaiserlichen Bruder und das Blutgold vom jüdischen Tempel, Moneytrend Dez. 2019 (diese Münze).