(C2-20) Globaler Hinduismus – Die Chinmaya Mission in Indien und weltweit

Übergreifendes Ziel des Projekts ist ein besseres Verständnis der Formation eines modernen Hinduismus zwischen Weltreligion, nationaler Religion und kosmopolitischer, grenzüberschreitender Spiritualität, die im 19. Jh. von Swami Vivekananda initiiert, unter postkolonialen Bedingungen maßgeblich von der Chinmaya Mission modelliert wurde. Das Projekt untersucht erstmals die 1953 gegründete Chinmaya Mission, die heute mit ca. 300 Zentren in der ganzen Welt verbreitet ist. Es ist eine der einflussreichsten Reformbewegungen des modernen Indien, die seit den 1960/70er Jahren auch Westler und Diaspora-Hindus anzieht. Ihr Gründer, Swami Chinmayananda (1916-1993), predigte, kommentierte und übersetzte die – bis anhin einer Mehrheit unzugänglichen – Quellentexte des Vedanta (Upanisaden etc.) in englischer Sprache als „Wissenschaft der Vervollkommnung“ für alle Menschen, unabhängig von Kaste, Geschlecht, Glaubensbekenntnis, Nationalität. Zugleich verfolgte er das Reformprogramm, „Hindus zum Hinduismus zu bekehren“, da er meinte, gebildete Hindus hätten unter kolonialer Herrschaft ihre kulturelle Identität verloren. 1964 war er einer der Gründerväter und der erste Präsident des VHP (Vishva Hindu Parishad, „Welt-Hindurat“), der auch Hindus in der Diaspora erreichen wollte. Der VHP kam in den 1980er und 90er Jahren aufgrund seiner Verwicklung im Ayodhya-Konflikt negativ in die Schlagzeilen. Die Chinmaya Mission war als Institution jedoch nicht am Konflikt beteiligt. Sie akzentuierte stets kosmopolitische Anliegen und sozio-kulturelle Erneuerung – ethische Werte, innere Transformation, Spiritualität jenseits religiöser Grenzen und intellektuelle Überzeugung. Das Forschungsprojekt untersucht, wie dieser Fokus auf der spirituellen Frage, ethischen Werten und einem allumfassenden Inklusivismus implementiert und verkörpert wird. Schwerpunkt sind die dynamischen Entwicklungen, die in den letzten zwei Jahrzehnten unter Chinmayanandas Nachfolger Swami Tejomayananda stattfanden. Ein wichtiger Aspekt, der besondere Berücksichtigung findet, sind die interkulturellen und religiösen Transfers, die in unterschiedlichen Zentren der Chinmayananda Mission International stattfinden.


Das Projekt ist Teil der Arbeitsplattformen F Transkulturelle Verflechtungen und H Kulturelle Ambiguität sowie der Koordinierten Projektgruppe Transfer zwischen Weltreligionen: Aneignung – Transformation – Abgrenzung.