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Sechs Fragen an... Jun.-Prof. Dr. Jan-Martin Geiger

Jan-Martin Geiger hat die Juniorprofessur für Innovation und Transfer digitaler Lehre inne
Jun.-Prof. Dr. Jan-Martin Geiger
© Reach Euregio Start-Up Center

Willkommen am Fachbereich Philologie der Universität Münster!

Herzlichen Dank, ich fühle mich hier sehr willkommen und freue mich darüber!

Wie sind Ihre ersten Eindrücke von Stadt und Universität?

Da ich die Vorzüge von Stadt und Universität bereits durch mein Studium kenne, freue ich mich sehr nach Münster zurückzukommen. Mich beeindruckt die Fächervielfalt sowohl innerhalb des Fachbereichs als auch an der gesamten Universität und der damit verbundene lebendige Austausch. Hierdurch haben sich bereits spannende Kooperationen in Forschung, Lehre und Transfer entwickelt, die ich auch weiterhin vertiefen möchte.

An Münster selbst schätze ich neben dem kulturellen Angebot insbesondere die kurzen Wege in Verbindung mit einer tollen Fahrradinfrastruktur.

Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte?

In meiner Forschung befasse ich mich damit, wie digitale Lehre, Innovationen und Sprache jeweils einen Gegenstand füreinander bilden. Der erste Schwerpunkt besteht darin, welche Voraussetzungen und Erwartungen Lehrende an die Einbindung digitaler Technologien in Lehr-Lernkontexten knüpfen und inwieweit sich damit verbunden der Blick auf didaktische und lerntheoretische Episteme verlagert. Über die Kooperation des Fachbereichs mit dem REACH – EUREGIO Start-up Center, durch die auch meine Juniorprofessur ins Leben gerufen wurde, treiben wir den Aufbau eines Education Lab voran. Hier haben wir die Möglichkeit, konkrete Technologieansätze wie KI, Metaverse, XR, etc. in Lehr-Lernkontexten forschungsbasiert zu erproben.

Ein zweiter Schwerpunkt liegt in der Erforschung der menschlichen Wahrnehmung an der Schnittstelle von Bildung und Innovation. Dabei geht es um die Frage, wie Informationen wahrgenommen und verarbeitet werden und in unser Entscheiden und Handeln einfließen. Wir betrachten diese Phänomene bspw. in entrepreneurialen Lehr-Lernkontexten, etwa wenn es um die Herausbildung unternehmerischer Denk- und Verhaltensweisen oder die Reflexion entrepreneurialer Narrative geht.

Hier eröffnen sprach- und literaturwissenschaftliche Forschungszugänge gerade auch in Verbindung mit digitalen Technologien wie Eye-Tracking ein spannendes und innovatives methodisches Spektrum.

Der dritte Schwerpunkt fokussiert die Erforschung von digitaler Lehre aus Perspektive von Gründung- und Transfer. Gerade der Bildungsbereich zeichnet sich durch einen hohen Grad an Institutionalisierung bzw. Regulierung aus, während damit verbundene digitale Innovationen maßgeblich im privaten Sektor, etwa durch "EdTechs" gestaltet werden. Die diesen Bereichen jeweils zugrundeliegenden Perspektiven sind keineswegs spannungsfrei und führen dazu, dass die Wahrnehmung von Synergiepotenzialen erschwert wird. So existieren bislang kaum Ansätze, die (digitale) Bildung aus innovationsorientierter Perspektive konzeptualisieren. Die forschungsbasierte Ergründung von potenziellen Beziehungen der jeweils mit Bildung und Transfer verbundenen Phänomene, der ich auch über meine Verankerung am REACH nachspüre, erscheint mir daher vielversprechend.

Wann haben Sie begonnen, sich für Ihr Fach bzw. Ihre Forschungsrichtung zu interessieren?

Bereits im Studium hat mich fasziniert, wodurch unsere Wahrnehmung entsteht, wie sie uns durch unseren Alltag leitet und wie wir damit verbunden immer wieder neue Denk- und Handlungsweisen hervorbringen. Dieses emergente Herausbilden von Strukturen, das ein Infragestellen bisheriger und Experimentieren mit neuen Sichtweisen erfordert, ist eine grundlegende Gemeinsamkeit von Bildungs- und Innovationsprozessen. Gerade diese disziplinübergreifenden Prinzipien der Strukturgenese finde ich hochspannend.

Was verbinden Sie mit dem Begriff "Forschendes Lernen"?

Forschendem Lernen in der Praxis ein Gesicht zu verleihen ist eine große Herausforderung für Lehrende.

Mich erinnert es zunächst daran, nicht nur Verantwortung für unser Lerngeschehen zu übernehmen, sondern auch aktiv daran mitzuwirken – eine Leitidee, die auch durch "GEHORCHEKEINEM" an der ULB-Fassade reflektiert wird. Forschendes Lernen will also keinem Zufall folgen, sondern mit systematischen Herangehensweisen das aktive Erkunden und Experimentieren mit alternativen Sichtweisen auf ein bestimmtes Phänomen ermöglichen.

Forschendes Lernen sensibilisiert dafür, erlebte Widersprüche oder unklare Erkenntnisse nicht hinzunehmen, sondern in wissenschaftliche Fragestellungen zu überführen und als Anlass für Erkenntnisgewinn anzunehmen. Dies sind zentrale Elemente, entlang derer ich meine Lehre aufspanne. Es übt auch, das Zustandekommen von Informationen durch andere zu hinterfragen und zugleich der eigenen Neugierde freien Lauf zu lassen.

Das Konzept gewinnt dabei in unterschiedlichsten Kontexten an Bedeutung: ob Unterricht, Gründungsidee oder Forschungsprojekt – man wird frustriert, wenn etwas nicht klappt wie geplant. Forschendes Lernen vermittelt uns die notwendige Gelassenheit, uns auf einen konstruktiven Umgang mit solchen Situationen einzulassen.

Was sind Ihre Tipps für ein erfolgreiches Studium?

Das ist stets individuell. Hilfreich für mich persönlich war das Aneignen von Selbstorganisationsfähigkeiten und das Entdecken einer echten Leidenschaft an dem, was man studiert. Aber auch der Blick über den eigenen fachlichen Tellerrand, der spannende zusätzliche Perspektiven stiftet und schließlich auch mein Interesse an der Forschung beflügelt hat.

Haben Sie schon ein Fahrrad?

Tatsächlich wurde kürzlich mein Fahrrad, das mich seit dem Studium begleitet hat, entwendet. Da ich als leidenschaftlicher Radfahrer ohne aufgeschmissen wäre, habe ich direkt das Nachfolgemodell gekauft.

Weitere Informationen:

Forschungsstelle Innovation und Transfer digitaler Lehre

REACH – EUREGIO Start-up Center

Die "Sechs Fragen an..." werden neuberufenen Professorinnen und Professoren des Fachbereichs Philologie gestellt. Dieses Mal hat Jun.-Prof. Dr. Jan-Martin Geiger die Fragen beantwortet. Er lehrt und forscht seit März 2023 an der neugegründeten Forschungsstelle Innovation und Transfer digitaler Lehre.