Veranstaltungen im Wintersemester 2017/18


Vorlesungen

PD Dr. Klaus Große Kracht

Religion und Politik in Europa im 19. Jahrhundert

Do. 10-12 Uhr; Beginn 19.10.2017

Europa war im 19. Jahrhundert ein Schauplatz intensiver Kämpfe und Auseinandersetzungen um den Stellenwert religiöser Autoritäten und Glaubensinhalte in einer sich zunehmend modernisierenden Welt. Nicht erst in den ‚Kulturkämpfen’ der zweiten Jahrhunderthälfte prallten säkulare und religiöse Vorstellungen gerechter Herrschaft aufeinander. Schon in der Französischen Revolution wurden die zentralen Konfliktlinien zwischen Religion und Politik vorgezeichnet, die bis weit ins 20. Jahrhundert das Verhältnis beider Größen zueinander prägten. Die Vorlesung soll einen Überblick über diese Konflikte sowie die allgemeine Religionsgeschichte Europas im 19. Jahrhundert geben. Dabei werden die christlichen Kirchen im Mittelpunkt stehen, aber auch das Judentum, neureligiöse Strömungen sowie die Begegnung mit dem Islam zur Sprache kommen. Neben der politischen und kirchengeschichtlichen Betrachtungsweise werden insbesondere die kultur- und geistesgeschichtlichen Hintergründe dargestellt und es soll der Frage nachgegangen werden, ob das 19. Jahrhundert als ein Zeitalter der Säkularisierung oder aber der Revitalisierung religiöser Identitäten zu verstehen ist. Zugleich wird ein Einblick in zentrale Begriffe, Thesen und Methoden der religionsgeschichtlichen Forschung im Bereich der Neueren und Neuesten Geschichte gegeben.

Literatur: Rudolf Schlögel, Alter Glaube und moderne Welt. Europäisches Christentum im Umbruch 1750-1850, Frankfurt 2013; Benjamin Ziemann, Sozialgeschichte der Religion, Frankfurt 2009; Michael Burleigh, Irdische Mächte, Göttliches Heil. Die Geschichte des Kampfes zwischen Politik und Religion von der Französischen Revolution bis in die Gegenwart, München 2008; René Rémond, Religion und Gesellschaft in Europa. Von 1789 bis zur Gegenwart, München 2000.

Kurs

Dr. Rüdiger Schmidt

Nationalismus: Ideengeschichte und Erscheinungsformen im 19. und 20. Jahrhundert

Fr. 14-16 Uhr; Beginn: 13.10.2017

Wenn mit Blick auf die Krisenregion des Nahen Ostens in der gegenwartspolitischen Debatte nach wie vor von ‚Nation building’ die Rede ist, dann verbindet sich mit diesem Schlagwort nicht zuletzt auch ein indirekter Hinweis auf den Umstand, daß der Nationalstaat ungeachtet von weitreichenden Globalisierungs- und internationalen Verflechtungstendenzen rund zweihundert Jahre nach seiner Entstehung nach wie vor einen Referenzpunkt des politischen Denkens bildet. Bis heute hat Ernest Renans 1882 formulierte Schlüsselfrage ‚Qu’est-ce qu’une nation’ nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. So sehr in der historischen Forschung Konsens darüber besteht, daß die Nation an der Wende zum 19. Jahrhundert eine neue Legitimationsbasis für die Ausübung politischer Herrschaft bot und als tragfähiges Ferment sozialer Integration wirkte, so sehr war auch lange Zeit umstritten, ob dieser eine naturhaft-existentielle Qualität zugeschrieben werden könne oder ob es sich demgegenüber um ein konstruktivistisch deutbares Phänomen handele. Der Kurs behandelt zunächst Erscheinungsformen des Proto- und Intellektuellennationalismus gegen Ende des 18. und an der Wende zum 19. Jahrhundert. Thematisiert werden darüber hinaus u.a. der Nationalismus als liberale Emanzipationsideologie, soziale Trägerschichten des Nationalismus, die Feindbilder der Nation sowie der integrale Nationalismus.

Literatur: Peter Alter, Nationalismus, Frankfurt/a.M. 1985; Benedict Anderson, Imagined Communities, London 1983. Ernest Gellner, Nationalismus und Moderne; Eric J. Hobsbawm, Nation und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780, Frankfurt/a.M. 32005. Rolf-Ulrich Kunze, Nation und Nationalismus, Darmstadt 2005. Hans-Ulrich Wehler, Nationalismus. Geschichte-Formen-Folgen, München 2001.

Proseminare

Dr. Markus Goldbeck

Möglichkeiten und Grenzen von Diktaturforschung und Diktaturvergleich: Nationalsozialistisches Deutschland und DDR als Beispiel

Mo. 8-12 Uhr; Beginn: 16.10.2017

Gegen Menschenrechtsverletzungen und politische Unfreiheit in Diktaturen unterschiedlicher Couleur Position zu beziehen, zählt – zumindest dem Anspruch nach – zu den Grundüberzeugungen westlicher Demokratien. Besonders in der Bundesrepublik Deutschland mit ihrer „doppelten Diktaturerfahrung“ dient die Auseinandersetzung mit zeitgenössischen und vergangenen Diktaturen gleichermaßen der erinnerungskulturellen Abgrenzung, Selbstlegitimation und Identitätsstiftung. Was genau aber eine Diktatur auszeichnet, ist sowohl in der tagespolitischen (bspw. in der Debatte um innenpolitische Entwicklungen in Russland oder der Türkei), wie der erinnerungskulturellen Auseinandersetzung (etwa zum Diktaturcharakter der DDR) durchaus umstritten. Was macht eine Diktatur zur Diktatur, was kennzeichnet ihre Entstehung und Existenz? Dieses Problem soll im Seminar in theoretischer, politik-, sozial- und kulturgeschichtlicher Perspektive ausgelotet werden. Dazu werden zunächst Aspekte der Diktaturtheorie und des Diktaturvergleichs in den Blick genommen und anhand konkreter Beispiele der deutschen Diktaturgeschichte schließlich näher beleuchtet werden. Im Seminar werden die Studierenden mit den grundlegenden Methoden, Techniken und Hilfsmitteln der Neueren und Neuesten Geschichte vertraut gemacht. Für einen Leistungsnachweis sind neben einer regelmäßigen und aktiven Teilnahme das Halten eines Referats, das Bestehen einer Klausur sowie das Verfassen einer Hausarbeit erforderlich.

Dr. Niklas Lenhard Schramm

Geschichte der Propaganda im 20. Jahrhundert

Do. 12-14/16-18 Uhr; Beginn: 19.10.2017

Mit der Herausbildung der modernen politischen Öffentlichkeit gewann auch die gezielte und systematische Beeinflussung des Denkens, Handelns und Fühlens von Menschen an Bedeutung. Ungeachtet diverser Vorläufer entwickelte sich die Propaganda seit dem frühen 20. Jahrhundert zu einem zentralen Moment der Herrschaftsabsicherung und der psychologischen Kriegsführung. Verschiedene Staaten, Regime und Ideologien nutzten vermehrt unterschiedliche Formen der Propaganda, um Unterstützung zu mobilisieren und Legitimation zu erzeugen. Eine besondere Beachtung hat vor allem die Propaganda im Nationalsozialismus gefunden, deren Wirksamkeit nicht selten als Erklärung dafür herangezogen wird, weshalb das NS-Regime so eine weitreichende Zustimmung erzielen konnte. Auch nach 1945 blieb die politische Propaganda ein wesentlicher Aspekt nicht nur in der Systemkonfrontation zwischen „Ost“ und „West“, sondern im politischen Diskurs bis in die Gegenwart. Das Proseminar will die Entwicklung der Propaganda nachzeichnen und dabei deren verschiedene Motive, Formen und Folgen beleuchten. Dabei soll vor allem auch der Frage nachgegangen werden, welche politische, gesellschaftliche und kulturelle Wirkung sie tatsächlich erzielen konnte. Für das Bestehen des Proseminars sind eine aktive Teilnahme inkl. Referat, das Bestehen einer Klausur und das Verfassen einer Hausarbeit obligatorisch.

Literatur: Thymian Bussemer, Propaganda. Konzepte und Theorien. Wiesbaden 2005; Rainer Gries/Wolfgang Schmale (Hrsg.), Kultur der Propaganda. Überlegungen zu einer Propagandageschichte als Kulturgeschichte. Bochum 2005; Wolfgang Schieder/Christof Dipper, Art. „Propaganda“. In: Reinhart Koselleck u.a. (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Band 5. Stuttgart 1984, S. 69–112; Jonathan Auerbach/Russ Castronovo (Hrsg.), The Oxford Handbook of Propaganda Studies. Oxford 2013; Gerald Diesener, Rainer Gries (Hrsg.), Propaganda in Deutschland. Zur Geschichte der politischen Massenbeeinflussung im 20. Jahrhundert. Darmstadt 1996.

Dr. Christoph Lorke

Die DDR in der Ära Honecker

Mi. 10-12/14-16 Uhr; Beginn: 18.10.2017

Mit Erich Honeckers Amtsantritt als Erster Sekretär des Zentralkomitees der SED wurde nicht nur sein Vorgänger Walter Ulbricht aus den Geschichtsbüchern gelöscht – damit verbanden sich auch zahlreiche neue Dynamiken auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen, die im Seminar thematisiert werden sollen: vom Programm der „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ über die Ankurbelung des Konsumsektors bis hin zum Wandel in den Geschlechterbeziehungen, dem Ausbau des Überwachungssystems, innerparteilichen Machtstrukturen und Konfliktfeldern sowie ersten oppositionellen Bewegungen. Auch das Ende der DDR ist ohne die vielschichtigen und häufig widersprüchlich verlaufenden Entwicklungen seit den 1970er Jahren kaum zu verstehen, da hier bereits erste Erosionsprozesse einsetzten. Im Seminar werden die Studierenden mit den grundlegenden Methoden und Techniken der Neueren und Neuesten Geschichte vertraut gemacht. Hierfür sind umfangreiche praktische Übungsanteile vorgesehen. Für einen Leistungsnachweis sind neben einer regelmäßigen und aktiven Teilnahme das Halten eines Referats, das Bestehen einer Klausur sowie das Verfassen einer Hausarbeit erforderlich.

Literatur: Dierk Hoffmann: Von Ulbricht zu Honecker. Die Geschichte der DDR 1949-1989, Berlin 2013, Monika Kaiser, Machtwechsel von Ulbricht zu Honecker: Funktionsmechanismen der SED-Diktatur in Konfliktsituationen 1962 bis 1972, Berlin 1997; Matthias Judt (Hg.): DDR-Geschichte in Dokumenten. Beschlüsse, Berichte, interne Materialien und Alltagszeugnisse, Berlin 1997, Andreas Malycha: Die SED in der Ära Honecker : Machtstrukturen, Entscheidungsmechanismen und Konfliktfelder in der Staatspartei 1971 bis 1989, München 2014; Andreas Malycha/Peter Jochen Winters, Die SED. Geschichte einer deutschen Partei, München 2009; Sigrid Meuschel: Legitimation und Parteiherrschaft: Zum Paradox von Stabilität und Revolution in der DDR 1945-1989, Frankfurt am Main 1992.

Dr. Rüdiger Schmidt

Die Bundesrepublik in der Ära Adenauer

Mi./Do. 16-18 Uhr; Beginn: 18.10.2017

Literatur: Die vier Bände der Erinnererungen Konrad Adenauers sind als PDF-Dateien leicht zugänglich auf der Webseite der Konrad-Adenauer-Stiftung http://www.konrad-adenauer.de/index.php?msg=331. Wolfgang Benz (Hg.), Die Bundesrepublik Deutschland. Geschichte in drei Bänden, Frankfurt a.M. 1993. Adolf M. Birke, Nation ohne Haus. Deutschland 1945-1961, Berlin 21994. Dominik Geppert, Die Ära Adenauer, Darmstadt 32012. Manfred Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, München 1999. Kurt Sontheimer, Die Adenauer-Ära. Grundlegung der Bundesrepublik, München 1991. Edgar Wolfrum, Die geglückte Demokratie. Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, Stuttgart 2007. Ders., Die Bundesrepublik Deutschland 1949-1990 (= Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 23), Stuttgart 2005.

Hauptseminare

PD Dr. Michael Schwartz

Imperialismen, Nationalismen, Weltrevolution: Der Friedensvertrag von Brest-Litowsk 1918

Blockseminar: Mo. 16.10.2017 10-12 Uhr, Do. 14.12.2017 10-18 Uhr, Fr. 15.12.2017 10-18 Uhr

Dr. Rüdiger Schmidt

Völkischer Radikalismus in der Weimarer Republik

Mo. 18-20 Uhr; Beginn: 16.10.2017

Den völkischen Radikalismus hat es in einer ideologisch und politisch ‚geschlossenen Fassung’ nicht gegeben. Vielmehr handelte es sich um synkretistische Bewegungen deutschnationaler, rassistischer und antisemitischer Provenienz, die bereits in den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zunächst publizistisch, dann auch organisiert aufgetreten waren und schließlich (seit dem Ersten Weltkriegs weiter radikalisiert) das Fundament für den hybriden Nationalismus der Weimarer Republik bildeten. Es entstand – teils als Bewegung, teils als Partei – ein völkisches Netzwerk, das sich durch einen lebhaften Ideen- und Ideologietransfer auszeichnete, ohne dass es allerdings zur Gründung eines Dachverbandes gekommen wäre. Vom Alldeutschen Verband angeschoben wurde 1919 der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund gegründet, der zum einflussreichsten radikalnationalistischen Verband in der frühen Weimarer Republik aufstieg. Die Verbindungen reichten bis zu Vertretern der „Konservativen Revolution“ (Mohler) bzw. auch zur NSDAP, mit der im sog. völkischen Block Wahlbündnisse geschlossen worden waren. Das Seminar thematisiert die ideengeschichtlichen und institutionellen Grundlagen des völkischen Radikalismus sowie die sozialen Trägerschichten und den politischen Einfluss dieser Bewegung(en) in der Weimarer Republik.

Literatur: Stefan Breuer, Die Völkischen in Deutschland. Kaiserreich und Weimarer Republik. Ders., Ordnungen der Ungleichheit – die deutsche Rechte im Widerstreit ihrer Ideen 1871-1945, Darmstadt 2001. Armin Mohler, Die konservative Revolution in Deutschland 1918-1932, Darmstadt 1989 (mehrere Auflagen). Daniel Schmidt/Michael Sturm/Massimiliano Livi (Hg.), Wegbereiter des Nationalsozialismus. Personen, Organisationen und Netzwerke der extremen Rechten zwischen 1918 und 1933, Essen 2015.

Übung

Lukas Grawe, Dr. Niklas Lenhard-Schramm

Militärgeschichte des Deutschen Kaiserreiches 1871-1918

Blockseminar Beginn: Fr. 13.10.2017, 14-16 Uhr

Dank seiner Siege in den drei „Einigungskriegen“ von 1864 bis 1871 genoss das preußisch-deutsche Militär in der Bevölkerung des deutschen Kaiserreichs ein enormes Ansehen. Auch gesellschaftlich war es von eminenter Bedeutung, war der soziale Aufstieg doch eng mit der Ableistung des Militärdienstes verbunden. Neben dem Adel versuchte auch das Bürgertum, sich in der Armee zu profilieren, während der Militarismus zu einem schichtenübergreifenden Phänomen avancierte. Aufgrund des starken öffentlichen Rückhalts von Armee und Marine übten die militärischen Spitzen von 1871 bis 1918 maßgeblichen Einfluss auf die Innen- und Außenpolitik des Kaiserreichs aus. Mit dem Schlachtflottenbau, dem Wettrüsten zu Lande und immer aggressiver vermittelten Präventivkriegs-Forderungen trug das deutsche Militär in erheblichem Maße zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs bei. Im Kriegsverlauf griff die Oberste Heeresleitung in weitere Felder der Politik ein. Geschickt verstand es das Militär im Herbst 1918 schließlich, die Verantwortung für die Niederlage der Reichsleitung und der Heimatfront zuzuschieben und trug damit zu einem „Geburtsfehler“ der Weimarer Republik bei. Die Übung findet als Blockveranstaltung vom 8. bis 10. Februar 2018 statt, die obligatorische Vorbesprechung am 13. Oktober 2017 um 14 Uhr. Hier sollen gemeinsam die Untersuchungsfelder abgesteckt und Referatsthemen vergeben werden. Für die Raumangabe beachten Sie bitte die Hinweise im HISLSF! Die Teilnehmerzahl ist auf 30 Personen begrenzt. Unbedingt erforderliche Anmeldungen unter: niklas_schramm@gmx.de.

Literatur: Hans Ehlert/Michael Epkenhans/Gerhard P. Groß, (Hrsg.), Der Schlieffenplan. Analysen und Dokumente. Paderborn 2007; Ute Frevert, Die kasernierte Nation. Militärdienst und Zivilgesellschaft in Deutschland. München 2001; Hans Meier-Welcker/Friedrich Forstmeier (Hrsg.), Handbuch zur deutschen Militärgeschichte 1648–1939. 5 Bände. München 1979; Heiger Ostertag, Bildung, Ausbildung und Erziehung des Offizierskorps im deutschen Kaiserreich 1871 bis 1918. Eliteideal, Anspruch und Wirklichkeit. Frankfurt am Main 1990; Christian Stachelbeck, Deutschlands Heer und Marine im Ersten Weltkrieg. München 2013; Bernd Ulrich/Jakob Vogel/Benjamin Ziemann (Hrsg.), Untertan in Uniform. Militär und Militarismus im Kaiserreich 1871–1914. Quellen und Dokumente. Frankfurt am Main 2001.