Transmediales Erzählen. Am Beispiel der HARRY POTTER-Hypodiegese

Linda Göttner

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Transmediales Erzählen im Rahmen einer filmnarratologischen Theoriebildung
Mit der zunehmenden Entwicklung von Narrativen in medienübergreifenden Formaten und dem Aufkommen neuer Medien ergibt sich auch die Notwendigkeit eines entsprechenden narratologischen Ansatzes, der die Zusammenhänge multimodaler Texte in multimedialen Kontexten transmedial zu erfassen erlaubt (vgl. Decker 2016: 137). Die Interferenzen solcher medialen Erscheinungsformen erfordern distinktive Definitionen, um Analysekategorien für transmediales Erzählen aufzustellen. Obwohl das transmediale Erzählen aktuell vielfach in der Medienwissenschaft behandelt wird, gibt es derzeit noch kaum geeignete, theoretisch spezifizierte Instrumente der Filmnarratologie, um diesem komplexen Gegenstandsbereich adäquat zu begegnen (vgl. Thon 2016: 6). Zunächst gilt es, die oftmals nicht trennscharf benannten Kategorien der Intermedialität und Transmedialität zu unterschieden. Während Intermedialität „die Gesamtheit aller die Grenzen einzelner Medien überschreitenden Phänomene sowie deren Kombination (z. B. Medienwechsel, Medienkombination und intermediale Bezüge unterschiedlichster Art)“ (Zu Hüningen 2011) beschreibt und nach Nies insbesondere durch die Zeichenreflexivität eines Mediums innerhalb eines intermedialen Zusammenhangs gekennzeichnet ist (vgl. Nies 2013: 359–379) (Intermedialität und Filmnarratologie ), stellt Henry Jenkins für Transmedialität folgende Definition auf:

A transmedia story unfolds across multiple media platforms, with each new text making a distance and valuable contribution to the whole. In the ideal form of transmedia storytelling each medium does what it does best – so that a story might be introduced in a film, expanded through television, novels and comic […]. Each franchise entry needs to be self-contained so you don’t need to have seen the film to enjoy the game and vice versa. (Jenkins 2006: 95 f.)

Im Gegensatz zur Intermedialität ist die selbstreflexive Funktion des Bedeutungskonstrukts innerhalb eines Mediums in Bezug auf ein fremdmediales System hierbei nicht konstitutiv. Weniger die Zeichenreflexivität als die Priorisierung der Diegese ist hier relevantes Merkmal. Deren Ausweitung ist dabei insbesondere durch einen Kohärenz- und Plausibilitätsanspruch gekennzeichnet, der mit zunehmender Vergrößerung des Konstrukts erschwert wird. Die einzelnen Handlungen der Figuren, die in den jeweiligen Narrativen erzählt werden, können dabei von der Bedeutsamkeit der Diegese als medienübergreifende Grundlage des transmedialen Zusammenhangs überlagert werden. Die crossmediale Ausweitung der Diegese beziehungsweise des Narrativs ist dabei als Prozess zu begreifen, der entweder nativ transmedial – das heißt mit dem Ziel einer transmedialen Ausweitung konzipiert1 – oder franchise-transmedial als sukzessive crossmediale Erweiterungen der Erzählwelt realisiert sein kann (Vgl. Jenkins 2010 u. Söller-Eckert 2017: 108). Dem Gegenstand transmedialer Konzepte müssen somit medienübergreifende Analyseparameter zugrunde gelegt werden, um das gesamte Konstrukt erfassen zu können, ebenso wie medienspezifische Kategorien, um den Funktionsweisen der einzelnen Medien und ihren entsprechenden Erzählweisen gerecht zu werden.

Transmedialität als Semiosphäre
Um insbesondere die Dynamik eines transmedialen Zusammenhangs erfassen zu können, bedarf es außerdem eines besonders flexiblen theoretischen Instrumentariums. Decker schlägt vor, das transmediale Erzählen mithilfe der Semiosphäre nach Lotman einzuordnen, die als „kollektive[r] Zeichenraum […], der sich mithilfe von Medien als kultureller Teilraum der Produktion, der Distribution und der Rezeption von Zeichen formiert“ (Decker 2016: 161), zu verstehen ist. In Bezug auf Transmedialität rekonstruiere das Konzept der Semiosphäre diese als semiotisches Phänomen, das dynamisch und vielfältig die Zusammenhänge transmedialer Formate erfassen könne. Produktiv ist dies insbesondere im Hinblick auf aktuelle Formate, die kontinuierlich weiterentwickelt werden (z. B. Marvel-Filme und -Serien, FANTASTIC BEASTS AND WHERE TO FIND THEM [USA/UK 2016, David Yates], FANTASTIC BEASTS: THE CRIMES OF GRINDELWALD [USA/UK 2018, David Yates]). Im Zentrum des sich selbst erhaltenden Systems der Semiosphäre stehen stabile, dominante, verbindliche und verständliche Codes und Texte, an der Peripherie lassen sich vom narrativen Kern abweichende Narrative anordnen. Die abstrakten verfestigten Ordnungssätze sowie die semantischen und semantisierten topografischen Räume der medienübergreifenden Hypodiegese bilden die Grundlage für die weiterentwickelten Einzeltexte transmedialer Zusammenhänge. Durch ständige Integration und Desintegration von Elementen ist die Hypodiegese prozesshaft zu begreifen. Auch nicht-narrative Formate können diese ergänzen (Vgl. ebd. 157).2 Einen transmedialen Gegenstand als Semiosphäre zu fassen, ermöglicht jedoch nur, die systematische Ordnung medienübergreifender Erzählungen einzuordnen, es gibt aber kaum detaillierteren Aufschluss über die discours- und histoire-Ebene der Erzählungen in den Einzeltexten, die wiederum Rückschlüsse auf den transmedialen Zusammenhang erlauben. Für die Filmnarratologie wird dies erst unter Einbezug narratologischer Kategorien wie zum Beispiel die der abstrakten Ordnungssätze der Diegese, der Topografie sowie der Handlungen im Sinne einer Situationsveränderung im Verlauf von Zeit nach Lotman produktiv (vgl. ebd.: 153).

Über die Textgrenzen der konkreten Einzeltexte transmedialer Zusammenhänge hinaus zeichnen sich die Formate insbesondere durch ein hohes immersives Potenzial aus, das die Rezipierenden zur Teilhabe an der Diegese im virtuellen und realen Raum motiviert und dadurch die Möglichkeit einer transmedia experience schafft (vgl. Söller-Eckert 2017: 108). Die Rezipierendenebene auszuschließen, würde somit einen bedeutsamen Aspekt eines transmedialen Konstrukts bei der Analyse unberücksichtigt lassen. Hierzu könnten die sieben Grundprinzipien transmedialen Erzählens nach Henry Jenkins als ergänzende Kategorien zur Narratologie hinzugezogen werden: 1. Worldbuilding, 2. Continuity vs. Multiplicity, 3. Spreadability vs. Drillability, 4. Immersion vs. Extractability, 5. Seriality, 6. Subjectivity und 7. Performance (vgl. Jenkins 2010).

HARRY POTTER im transmedialen Kontext
Die HARRY POTTER-Hypodiegese ist ein nicht-natives transmediales Konstrukt, das auf der Romanreihe von Joanne K. Rowling basiert. Während die Romane von 1997 bis 2007 erschienen sind, wurden die Einzelbände ab 2001 verfilmt. Die Filme markieren sich dabei nicht als Literaturverfilmungen. Brössel definiert Literaturverfilmungen in Anlehnung an Schneider (1981) und Mundt (1994) als filmische Transformation der Literaturvorlage, bei der die Beziehung des Films zum Roman differenzierter als analoge Wiedergabe (tendenziell strukturell, funktional und konzeptionell), als konzeptionelle Interpretation (nur zentrale Elemente und Strukturen werden selektiert), als semiotische Interpretation mit medienspezifisch transformierter Oberflächenstruktur oder als eigenständige mediale Verarbeitung beschrieben werden kann (vgl. Brössel 2019: 47). Bei den HARRY POTTER-Filmen handelt es sich dementsprechend um eine tendenziell analoge Wiedergabe mit Ausnahme der Aufteilung des letzten Bandes Harry Potter und die Heiligtümer des Todes in zwei Filme.

Im Kontext des Semiosphäre-Modells können die Verfilmungen insofern als zentral angesehen werden, als sie insbesondere die visuellen Wahrnehmungskonventionen verfestigt haben, sodass sich weitere Formate wie Computerspiele, Internetforen und Fanfiction die Ästhetik der Filme angeeignet haben. Aufgrund der Dynamik des Gegenstands ist der Kern der Semiosphäre jedoch veränderlich und durch die Vielfältigkeit der Phänomene auch abwandelbar.3 Im ersten Teil HARRY POTTER UND DER STEIN DER WEISEN (USA/UK 2001, Chris Columbus) werden die Diegese und ihre Ordnungssätze und Regeln eingeführt. Als zentrale Opposition werden dabei die grundlegenden abstrakt semantischen Räume ‚Zauberei vs. Muggel‘ etabliert. Das relevanteste Ereignis ist dabei die Grenzüberschreitung Harrys von der Welt der Muggel in die der Zauberei, was mit Betreten der Winkelgasse sowie des Gleises 9 ¾ erfolgt. Grundlegend für diese Überschreitung sind die Kenntnisse über Codes der Zauberwelt. Topografisch ist das Durchschreiten von verborgenen Durchgängen hierbei ein häufig vorkommendes Merkmal der Zauberwelt (zum Beispiel die Winkelgasse als Zugang zur Zauberwelt, das Porträt als Zugang zu Gryffindor und die von Fluffy bewachte Falltür). Insbesondere die am Ende der Narration zu lösenden Aufgaben, aufgeteilt auf je einen Raum des Verstecks des Steins der Weisen, verdeutlichen topografisch wie semantisch die Annäherung hin zum Bösen par excellence. Schon bei der Einführung in die Zauberwelt wird die untergeordnete Topologie des Raums Zauberei ‚Gut vs. Böse‘ konstituiert, indem Harry, der als Überlebender Voldemorts benannt wird, dem Guten zugeordnet und Voldemort als sein Antagonist eingeführt wird. Hier begegnet Harry außerdem der Familie Malfoy, die als Unterstützer Voldemorts seine Feinde sein werden.

Im weiteren Verlauf wird diese Opposition durch weitere semantische Merkmale ausdifferenziert. Innerhalb der Zauberwelt wird ‚Gut‘ zum Beispiel durch Merkmale wie Freundschaft, Familie und Liebe bestimmt und ist durch verschiedene Personen wie Hagrid, Hermine, den Weasleys, Prof. Dumbledore und weiteren Lehrern gekennzeichnet. Semantisiert ist hierbei der topografische Raum Hogwarts, in dem überwiegend Sicherheit und Wohlwollen herrschen. Im Raum mit dem Spiegel Nerhegeb nähert Harry sich seinen verstorbenen Eltern an, innerhalb von Gryffindor findet er Freunde, als Quidditch-Spieler erlebt er die Unterstützung einer Gruppe und Dumbledore wird für ihn zu einer Vaterfigur und einem Mentor. Untergeordnete topografische Räume wie der Raum des Spiegels oder das Haus von Gryffindor sind durch diese Merkmale semantisiert. Oppositionell dazu verhalten sich topografisch zum Beispiel der verbotene Wald, die verbotene Abteilung der Bibliothek und das vermeintliche Versteck des Steins der Weisen, in die das Böse durch Voldemort eindringen kann und welche durch Gefahr, Gewalt und Tod gekennzeichnet sind. Semantisiert sind außerdem Objekte und Wesen wie die Eule Hedwig im ‚guten‘ Raum und der Troll im ‚bösen‘. Der Zauberstab ist zentrales und distinktives Objekt, das zum einen die Überschreitung in den semantischen Raum ‚Zauberei‘ markiert und zum anderen ebenfalls in der Filmsequenz in der Winkelgasse die Opposition von ‚Gut vs. Böse‘ unterstützt und gleichzeitig Harry und Voldemort, die je Persönlichkeitsteile des anderen in sich tragen, als einzig mögliche Grenzgänger konstruiert. Im weiteren Verlauf der Romane und Verfilmungen wird die Tilgung des Bösen zur zentralen Aufgabe.

Noch vor Abschluss der Romanreihe zu Harry Potter veröffentlichte Rowling 2001 das Buch Fantastic Beasts and where to find them, das auf dem fiktiven Lehrbuch aus der Harry Potter-Reihe basiert.4 Rowling verfasste ebenfalls die Drehbücher zu den Verfilmungen PHANTASTIC BEASTS AND WHERE TO FIND THEM und PHANTASTIC BEASTS: THE CRIMES OF GRINDELWALD als Teile einer fünfteilig geplanten Filmreihe, die Elemente des Buches aufgreifen und das Prequel und Spin-Off zur Harry Potter-Reihe bilden. Hierin wird unter anderem die Vorgeschichte von Grindelwald, Dumbledore und die des Schulbuch-Autoren Newt Scamander 70 Jahre zuvor erzählt und die Diegese topografisch um New York und Paris erweitert. Als Literaturverfilmungen, die nur Teile des Romans selektieren und die Diegese erweitern, wäre hier eher von einer eigenständigen medialen Verarbeitung die Rede. Die Erzählungen behalten die eingeführte Leitdifferenz von ‚Gut vs. Böse‘ der Hypodiegese bei und fokussieren verstärkt die Grenze der Räume ‚Zauberei vs. No-Magicians‘. Semantisiert sind die oppositionellen Räume wieder durch Freundschaft, Familie und Tierliebe auf der einen sowie Hass, Gewalt und gefährliches Machtstreben auf der anderen Seite. Für die Harry Potter-Romane und insbesondere für die Filmreihen ist der Serialitätscharakter kennzeichnend, der unter anderem das Immersionspotenzial und die Motivation der Rezipierenden, Leerstellen zu füllen, verstärken kann. Als typisches Element transmedialer Konstrukte hat der Faktor der Serialität mit den zunehmenden Ergänzungen von Narrativen auch erheblichen Einfluss auf die Kontingenz der Hypodiegese (Bruch und Anreicherung filmischer Narrative).

Des Weiteren gibt es mindestens 18 Computer-, Video- und Gameboyspiele zu Harry Potter, die sich ebenfalls der Ästhetik der Filme bedienen und die Diegese anreichern. Die Ordnungsstrukturen, die semantischen Räume und ihre Merkmale werden hier grundlegend beibehalten. Abweichend davon können aber auch die Perspektive ‚der Bösen‘ eingenommen oder alternative Charaktere erschaffen werden. Hierdurch sind neue Formen der Subjektivität und der Interaktion möglich und der Rezipierende kann aktiv am Narrativ teilhaben und es gestalten. In dem Computerspiel Harry Potter und der Stein der Weisen (2001) wird zu Beginn Harrys Geschichte bis zur Ankunft in Hogwarts als Comic präsentiert, um dort die Spielmodalitäten beginnen zu lassen. Hierin kann der Spieler Harry aus der Verfolgerperspektive steuern und Aufgaben meistern, die immer wieder durch Dialoge mit anderen Zauberern unterbrochen werden, was beispielsweise durch eine Over-the-shoulder-Perspektive dargestellt wird. Untersucht man die audiovisuellen Formate im Hinblick auf ihre filmischen Darstellungsweisen, könnte dies differenzierten Aufschluss auf die Nähe zu den Leitmedien im Kern der Diegese geben. In dem 2019 neu erschienen Computerspiel Harry Potter: Wizards Unite erweitert Augmented Reality den Einbezug der Rezipierenden, deren neues narratives Potenzial zukünftig einzuordnen wäre.

Peripher zum Kern sind die Fanfiction-Formate einzuordnen. Nachdem Fans zahlreiche abweichende Narrative erschufen (zum Beispiel Hermine verliebt sich in Draco), entwickelte Rowling die Webseite pottermore.com, die multimedial konzipiert wurde und nach einer Phase interaktiver Möglichkeiten nun aktuelle Informationen, Vorgeschichten und zusätzliche Texte wie zum Beispiel zu den fantastischen Wesen bereitstellt. Rowling wahrt dabei ihre Autonomie als Produzentin der Harry Potter-Diegese. Eigenständig und somit eher peripher anzusehen wäre eine Fanseite wie ‚The Daily Prophet‘, die die Tageszeitung aus der Diegese imitiert und erweitert. Bezieht man die Rezipierenden transmedialer Formate mit ein, muss auch die Frage nach Autorschaft gestellt werden.5 Zum einen ermöglicht das Potenzial der unendlichen Erweiterung es, Leerstellen in der Hypodiegese von Seiten unterschiedlicher Produzenten zu füllen, gleichzeitig gefährdet dies aber auch ihre Kohärenz.6

Auch in der analogen Realität gibt es Angebote zu Harry Potter mit narrativem Charakter und hohem Immersionspotenzial. Der Themenpark The Wizarding World of Harry Potter in Orlando, Florida, gibt Besuchern die Möglichkeit, Nachbauten der Szenerie der Filme erleben zu können und selbst als Akteure zu agieren. Bei Cosplays stellen Teilnehmer die Charaktere nach und zahlreiche Merchandise-Artikel wie zum Beispiel von Lego ermöglichen den Fans die analoge Nachahmung der Diegese. Hier dominieren insbesondere die Kategorien der Performance und Immersion nach Jenkins.

Desiderate einer transmedialen Filmnarratologie
Die Analysekategorien der bisherigen transmedialen Filmnarratologie erscheinen bislang nicht ausreichend, um der Komplexität eines medienübergreifenden Narrativs gerecht werden zu können. Es stellt sich die Frage nach der Möglichkeit einer Übertragbarkeit narratologischer Konzepte auf transmediale Zusammenhänge unter Berücksichtigung der Spezifika der einzelnen Medien, um ein ganzheitliches Erkenntnisinteresse verfolgen zu können. Die medienspezifischen Narratologien müssten integrativ für die Entwicklung einer transmediale Erzähltheorie genutzt werden. Einzelne Elemente eines Narrativs wie zum Beispiel Subjektivität, Temporalität oder Kontingenz müssen im Einzelfall beschrieben und mit denen der anderen Narrative des transmedialen Konstrukts in Beziehung gesetzt werden. Die unterschiedlichen Medien dürfen hierbei nicht nur einzeln analysiert werden, sondern müssen in den Gesamtzusammenhang gestellt werden (vgl. Brössel 2007: 4). Da transmediale Konstrukte hier anhand des Semiosphäre-Modells beschrieben wurden, wäre auch die Verbindung zur Genretheorie (Genres als Semiosphären) ein erweiterndes Untersuchungsinteresse, das transmediale Phänomene hinsichtlich ihrer Spezifität näher kategorisieren könnte. Auffällig häufig entstehen beispielsweise transmediale Phänomene innerhalb des Fantasy- und Science-Fiction-Genres und erscheinen hier äußerst produktiv.7 Auch die Verknüpfung mit dem Faktor der Serialität könnte weitere Erkenntnisse bezüglich der Strategien transmedialer Narrative ermöglichen. Mit dem Aspekt der Interaktion auf Basis des Hypermediums Internet und sozialen Netzwerken stellt sich ferner die Frage nach den Grenzen eines transmedialen Phänomens, mit denen die nach der Autonomie des Autors beziehungsweise die Position der Rezipierenden einhergeht (vgl. Ryan 2014). Da transmediale Phänomene vermehrt produziert und ausgeweitet werden und Narrative mit seriellem Charakter aktuell populär sind, erscheint das Forschungsfeld der Transmedialität als hochgradig relevant und als besonders produktiver Untersuchungsgegenstand der Filmnarratologie.

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1 Als natives Beispiel wäre THE BLAIR WITCH PROJECT (USA, 1999, Sánchez, Myrick) zu nennen.
2 Die Hypodiegese wird von Decker in Anlehnung an Genettes (1982) Begriff der Transtextualität der Narratologie verwendet (Vgl. Decker 2016: 157). Souriau (1997) schlägt den Begriff des Universums im Rahmen der filmischen Narratologie vor.
3 Im Theaterstück HARRY POTTER AND THE CURSED CHILD (GB 2016, Joanne K. Rowling, Jack Thorne, John Tiffany) wurde die Rolle der Hermine Granger beispielsweise mit verschiedenen dunkelhäutigen Schauspielerinnen besetzt.
4 Dies wurde 2017 als erweiterte Auflage mit zusätzlichen Tierwesen veröffentlicht.
5 Die Instanzen des Erzählwerks erörtert Schmid näher in seinem Werk Elemente der Narratologie (2014).
6 Vergleiche zur Produktivität von Fanfiction auch: Jenkins, Henry (2013): Textual Poachers. Television Fans and Participatory Culture. New York/Oxon.
7 Vgl. die Game of Thrones-, Lord Of The Rings-, Star Wars-, The Twilight Series-, The Matrix-Hypodiegesen.


Filme

HARRY POTTER AND THE PHILOSOPHER’S STONE (HARRY POTTER UND DER STEIN DER WEISEN, USA 2001, Chris Columbus).

Forschungsliteratur

Brössel, Stephan (2019): Einführung in die Filmanalyse. Ein Reader. Münster.

Brössel, Stephan (2019): Über die Baustelle der narrativen Medien … und ihre ausstehende Fertigstellung: Nicole Mahne: Transmediale Erzähltheorie. Eine Einführung. Göttingen. https://www.zef.uni-wuppertal.de/fileadmin/zef/Download_Dateien/Texte/Brössel_ Stephan_Rezension_Nicole_Mahne.pdf (05.12.2019).

Decker, Jan-Oliver (2016): „Transmediales Erzählen. Phänomen – Struktur – Funktion“. In: Martin Hennig u. Hans Krah (Hg.): Spielzeichen. Theorien, Analysen und Kontexte des zeitgenössischen Computerspiels. Glücksstadt, S. 135–171.

Genette, Gerard (1982): Palimpsestes. La littérature au second degré. Paris.

Jenkins, Henry (2013): Textual Poachers. Television Fans and Participatory Culture. New York/Oxon.

Jenkins, Henry (2010): Transmedia Education: the 7 Principles Revisited. http://henryjenkins.org/blog/2010/06/transmedia_education_the_7_pri.html (21.06.2019).

Jenkins, Henry (2006): Convergence Culture. Where old and new media collide. New York u. a.

Mahne, Nicole (2007): Transmediale Erzähltheorie. Eine Einführung. Göttingen.

Nies, Martin (2013): „Intermedialität und Film“. In: Hans Krah u. Michael Titzmann (Hg.): Medien und Kommunikation. Eine interdisziplinäre Einführung. 3. Aufl., Passau, S. 359–379.

Ryan, Marie-Laure (2014): „Story/Worlds/Media. Turning Instruments of a Media-Conscious Narratology“. In: Marie-Laure Ryan u. Jan-Noël Thon (Hg.): Storyworlds across media. Towards a Media-Conscious Narratology. Lincoln, S. 25–49.

Ryan, Marie-Laure (2014): „Narration in Various Media“. In: The Living Handbook of Narratology. Hamburg.

Ryan, Marie-Laure (2005): „On the theoretical foundations of transmedial narratology“. In: Jan Christoph Meister (Hg.): Narratology Beyond Literary Criticism: Mediality, Disciplinarity. Berlin, S. 1–23.

Schmid, Wolf (2014): Elemente der Narratologie. 3., erw. u. überarb. Aufl., Berlin.

Söller-Eckert, Claudia (2017): „Transmediales Erzählen“. In: Matías Martínez (Hg.): Erzählen. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart, S. 108–110.

Souriau, Etienne (1997): „Die Struktur des filmischen Universums und das Vokabular der Filmologie“. In: montage AV. Zeitschrift für Theorie und Geschichte audiovisueller Kommunikation, Jg. 6, Nr. 2, S. 140–157.

Thon, Jan-Noel (2016): „Toward a Transmedial Narratology“. In: ders.: Transmedial Narratology and Contemporary Media Culture. Lincoln/London, S. 1–3; 35–70.

Zu Hüningen, James (2011): „Transmedialität“. In: Lexikon der Filmbegriffe.
https://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=5550 (21.06.2019).