Universitäts-Dissertationspreis für Dr. Hellmann

© Uni MS - Heiner Witte

Jedes Jahr ehrt die Universität Münster ihre besten Promovend*innen - deren Dissertation mit dem Prädikat "summa cum laude" bewertet wurde - in einer Feierstunde in der Aula des Schlosses und vergibt dabei auch die Universitäts-Dissertationspreise für die jeweils beste Doktorarbeit jedes Fachbereichs. In diesem Jahr ging diese Ehre im Fachbereich Biologie an Frau Dr. Margareta Hellmann für ihre Arbeit zur Rolle der Zellwand in der Immunantwort auf einen oft tödlichen Pilz. Cryptococcus neoformans heißt der Übeltäter, und der Name verrät es schon: der Pilz versteckt sich vor dem Immunsystem. Aber wie macht er das?

Dr. Hellmann hat in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Bruno Moerschbacher am Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen promoviert. Klingt überraschend bei dem Thema. Aber das Team um Prof. Moerschbacher hat schon vor über 20 Jahren die Hypothese aufgestellt, dass pflanzenschädigende Pilze - wie Mehltau und Rostpilze, die enorme Schäden in der Landwirtschaft verursachen - ihren Zellen eine Art Tarnumhang verpassen, der sie vor der Erkennung durch das pflanzliche Immunsystem schützt. Dazu verwandeln sie das schützende Chitin in ihrer Zellwand mit Hilfe von Enzymen in Chitosan, sobald sie in Pflanzengewebe eindringen. Chitosan ist zwar weniger stabil als Chitin, aber einmal im Inneren der Wirtspflanze angekommen, ist der Pilz ja gut vor Umwelteinflüssen geschützt. Pflanzen haben zwar längst "gelernt", dass die Anwesenheit von Chitin ihnen den Angriff eines Pilzes signalisiert und aktivieren daraufhin ihr Immunsystem. Das ist aber blind für Chitosan - voilá! Seither forscht die Arbeitsgruppe in Münster an den pilzlichen Enzymen - sogenannten Chitin-Deacetylasen - die für diese Umwandlung von Chitin zu Chitosan verantwortlich sind. Denn die sind natürlich für den Erfolg des Pilzes essentiell, und somit sind sie gleichzeitig gute Ansatzpunkte für einen erfolgreichen Pflanzenschutz.

Die amerikanische Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Jennifer Lodge - inzwischen an der Duke University in Durham, North Carolina - hat diese Hypothese aufgegriffen, um die hohe Pathogenität von Cryptococcus zu erklären und arbeitet seither daran, daraus eine Strategie für eine Impfung gegen diese oft tödlich verlaufende Pilzinfektion zu entwickeln. Vor einigen Jahren haben die Amerikaner*innen mit der Arbeitsgruppe in Münster Kontakt aufgenommen, nachdem diese eines der vier Enzyme von Cryptococcus, das an der Umwandlung von Chitin zu Chitosan beteiligt sein könnte, charakterisiert und die Ergebnisse in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America veröffentlicht hatte. Dr. Hellmann hat diesen Kontakt für ihre Doktorarbeit genutzt und damit begonnen, auch die anderen drei Enzyme des Pilzes zu charakterisieren. Das erwies sich als langwierig, und so hat Frau Hellmann parallel Methoden für die Analyse der Enzymprodukte, also des pilzlichen Chitosans, entwickelt. Diese testete sie zunächst an konventionellen Krabben-Chitosanen und löste dabei - sozusagen nebenbei - eines der jahrzehntelang heiß diskutierten Probleme der Chitin/Chitosan-Forschung. Die Essigsäuregruppen im Chitosan sind weder - wie von den meisten Chitosan-Forscher*innen vermutet - zufällig verteilt, noch - wie von einer Minderheit vertreten - blockweise. Sie sind tatsächlich überraschend gleichmäßig verteilt. Und das hat Konsequenzen für die Erkennung durch bzw. das Verstecken vor dem menschlichen und pflanzlichen Immunsystem. Gemeinsam mit den Amerikaner*innen versucht Dr. Hellmann jetzt, diese und andere Erkenntnisse aus ihrer Doktorarbeit für die Verbesserung einer Impfstrategie zu verwenden. Und gemeinsam mit dem Münster-Team und seinem Start-up CARAPAX biotechnologies soll so auch die Wirksamkeit von Chitosan-basierten Pflanzenschutzmitteln optimiert werden.

Frau Dr. Hellmann hat ihre Doktorarbeit durch ein Stipendium der Studienstiftung für das deutsche Volk finanziert und ihre derzeitige Post-Doktoranden-Phase in Münster durch ein DFG-Forschungsprojekt. Sie hat bereits jetzt eine überaus beeindruckende Publikationsliste von 12 Publikationen in teilweise sehr hochrangigen Zeitschriften. Und weitere 15, für die sämtliche Daten bereits vorliegen, sind derzeit in unterschiedlichen Stadien der Vorbereitung oder Begutachtung. Das zeugt nicht nur von der hohen Bedeutung ihrer Forschung, sondern auch von ihrer hohen Bereitschaft und Fähigkeit, mit andern Arbeitsgruppen weltweit zu kooperieren - nicht nur den Kolleg*innen in den USA. Es wird spannend sein, ihren weiteren Karriereweg zu verfolgen. Wir freuen uns schon auf kommende Überraschungen.