Topical Programs

Die Topical Programs erschließen Themenfelder für künftige Forschungsschwerpunkte an der Universität Münster und loten Chancen für großformatige Verbundforschungsprojekte aus. Dabei möchte die Universität Münster insbesondere die Vernetzung mit externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und anderen universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärken sowie die internationale Zusammenarbeit fördern. Das Rektorat fördert die Topical Programs.

  • 3T: Tierschutz – Tierwohl – Tierethik

    Die Frage nach einem ethisch vertretbaren Umgang mit Tieren wird immer dringlicher gestellt, wobei die Kontexte der Tierhaltung – ob als Haustier, im Zoo, in der Landwirtschaft oder experimentellen Forschung – verschieden sind. Angemessene Antworten müssen dies berücksichtigen sowie die Disziplinen einbeziehen, die im Topical Program „3T“ zusammenspielen: Tierschutz, Tierwohl und Tierethik. Wissenschaftler aus Philosophie, Biologie, Medizin, Theologie und anderen Disziplinen gehen der Frage nach: Welche praktischen, organisatorischen oder institutionellen Maßnahmen sind für den Tierschutz erforderlich? Dafür muss definiert werden, was es heißt, dass es einem Tier „gut“ geht. Das Tierwohl lässt sich nur mit Blick auf konkrete Kontexte bestimmen und hängt von normativen Voraussetzungen ab. Die Tierethik sollte diese Leitannahmen transparent machen und mit ihrem Verständnis zentraler Kategorien wie Zufriedenheit, Wohlbefinden oder Glück zur Förderung des Wohlergehens von Tieren beitragen und schlussendlich praktikabel sein. Das Programm 3T verbindet Grundlagenforschung und Forschungspraxis, vernetzt einschlägige Forschungsaktivitäten an der WWU und schärft durch Wissenstransfer die gesellschaftliche Sensibilität für Tierschutzfragen.

    Prof. Dr. Arnulf von Scheliha (Institut für Ethik und angrenzende Sozialwissenschaften), PD Dr. Johann S. Ach (Centrum für Bioethik), Fachbereiche 1, 5 und 13

    Homepage "3T: Tierschutz – Tierwohl – Tierethik"

  • Gesellschaftliche und rechtliche Auswirkungen künstlichen Entscheidens

    Die Vorstellung, dass eine Maschine oder Künstliche Intelligenz (KI) uns Menschen ebenbürtig werden oder uns gar überholen könnten, fasziniert Menschen seit Jahrhunderten. In den vergangenen Jahrzehnten sind wir dieser Vorstellung bedeutend nähergekommen. Das Topical Program „Gesellschaftliche und rechtliche Auswirkungen künstlichen Entscheidens“ setzt sich intensiv mit den für alle Gesellschaften bedeutenden Chancen und Risiken durch KI auseinander. Beteiligt sind neben den Rechtswissenschaften auch die Geistes-, Sozial-, Politik-, Wirtschafts- und Computerwissenschaften. Die zentralen Forschungsfragen lauten: Welche gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Auswirkungen sind zu erwarten, wenn menschliche Entscheidungen durch automatisierte Entscheidungen ganz oder teilweise ersetzt werden? Mit welchen Methoden und Zielen kann das Recht auf sie reagieren? Ziel des Vorhabens ist die Erarbeitung rechtlicher Regeln, mit denen neuere Entwicklungen im Bereich der Entscheidungen durch KI angemessen gestaltet werden können. Forschungsfelder wie Datensouveränität, elektronische Kommunikation, Finanzdienstleistungen, Rechtspflege oder Nachhaltigkeit und Umwelt sollen unter drei Aspekten – „Autonomie“, „Verantwortung“ sowie „Überwachung und Kontrolle“ – untersucht werden.

    Prof. Dr. Matthias Casper (Institut für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht), Fachbereich 3

  • M2I2 – Münster Microbe Interaction Innovation

    Das Zusammenspiel von Wirt und Mikrobe als komplexes Phänomen untersucht eine Initiative aus den Bereichen Biomedizin und Naturwissenschaften im Topical Program „M2I2 – Münster Microbe Interaction Innovation“. Es verbindet Arbeitsgruppen aus 16 Instituten und Kliniken, die gemeinsam erforschen, ob und wie eine Interaktion zwischen dem Wirt und den Mikroben den Wirt schädigt und wie dies für innovative therapeutische Strategien genutzt werden kann. Der Themenschwerpunkt ist nur möglich durch die enge Kooperation von biologisch orientierter Grundlagenforschung und biomedizinischer Forschung in Münster. Durch die stärkere Einbindung des Fachbereichs Chemie und Pharmazie kann das Augenmerk in Zukunft verstärkt auf die therapeutische Intervention und den Einsatz präklinischer Modelle gerichtet werden. Die Initiative baut auf dem phi-Club auf, einem interdisziplinären Forschungsnetzwerk für alle, die an der Pathogen-Wirt-Dynamik in Münster interessiert sind.

    Prof. Dr. Ulrich Dobrindt (Institut für Hygiene), Prof. Dr. Ursula Rescher (Institut für Medizinische Biochemie), Fachbereiche 5 und 12

  • Reproduction – from Genes to Molecules and Function

    Die sexuelle Fortpflanzung (Reproduktion) erfordert die Bildung, Reifung und Verschmelzung männlicher und weiblicher Keimzellen, sowie die embryonale Entwicklung, Schwangerschaft und Geburt. Jeder einzelne dieser Schritte wird durch komplexe genetische, zelluläre und hormonellen Vorgänge koordiniert, von denen viele noch nicht gut verstanden sind. Das Topical Program „Reproduction – from Genes to Molecules and Function“ bündelt translationale und multidisziplinäre Projekte zum Reproduktionszyklus. Dabei sollen die Funktion von Spermien und Eizellen, der Befruchtungsvorgang und die Embryonalentwicklung sowie die an der Reproduktion beteiligten Zell- und Organsysteme in verschiedenen Lebensphasen untersucht werden. Auch der Einfluss von Alter, Lifestyle- und Umwelt-Faktoren auf die Fortpflanzungsfunktionen sowie die Ursachen ungewollter Kinderlosigkeit und die damit assoziierten Erkrankungsrisiken stehen im Forschungsinteresse. In der klinischen Forschergruppe „Male Germ Cells“ untersuchen Biologen, Biochemiker, Bioinformatiker, Physiker und Mediziner seit 2017 die Genetik und Funktion männlicher Keimzellen und bilden das Zentrum für das breiter gefasste Topical Program. Ein Fokus des Verbunds liegt auf der Funktion männlicher und weiblicher Keimzellen sowie der Analyse der Steuerung des Flagellenschlags von Spermien durch weibliche Hormone.

    Im ersten Schritt möchten wir nun sowohl die lokalen Gruppen und Projekte identifizieren, die teilnehmen könnten, als auch potenzielle Forschungsbereiche/Zentralprojekte definieren. Dazu veranstalten wir am 24/25. Juni 2021 einen virtuellen Workshop. Das Ziel des Workshops ist, die Forscherinnen und Forscher zusammenzubringen, sich direkt oder indirekt mit dem Thema „Reproduktion“ beschäftigen und zu diesem beitragen könnten.

    Hier geht es zur Website www.reproduction.ms

    Prof. Dr. Frank Tüttelmann (Institut für Humangenetik), Prof. Dr. Timo Strünker (Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie), Fachbereiche 5, 10, 12 und 13

  • Wissenskommunikation und Wissenstransfer in digitalen Medienumgebungen

    Am Beispiel der Corona-Pandemie zeigt sich, dass viele Menschen die Maßnahmen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, akzeptieren. Dennoch wird ein möglicher Verlust von Vertrauen in Wissenschaft sowie die Verbreitung von Fehlinformationen öffentlich diskutiert. Digitalisierung und neue Entwicklungen im Wissenschaftssystem, zum Beispiel durch Open Science, bieten Chancen und Herausforderungen für die Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnisse Richtung Politik und Gesellschaft. Im Rahmen des Topical Program „Wissenschaftskommunikation und Wissenstransfer in digitalen Medienumgebungen“ forschen Wissenschaftler zur Frage: Wie können Wissenschaftskommunikation und Wissenstransfer in neuen Medienumgebungen gestaltet werden, um Vertrauen in die Wissenschaft aufzubauen, zu halten und damit den Ansprüchen unterschiedlicher Stakeholder Rechnung zu tragen? Im Rahmen des Projekts wird ein Workshop zur Vorbereitung einer Verbundforschung durchgeführt und verschiedene Forschungsfelder im Bereich der Wissenskommunikation identifiziert.

    Prof. Dr. Julia Metag (Institut für Kommunikationswissenschaft), Fachbereiche 6, 8, 13 und 14

  • Debattenkulturen im Medienwandel

    Die Debatte, verstanden als eine spezifische Kulturtechnik, die auf den Austausch vernunftbasierter Argumente zwischen als grundsätzlich gleichwertig anerkannten Teilnehmerinnen und Teilnehmer basiert, genießt in demokratischen Gesellschaften eine hohe Wertschätzung. Dies gilt für die Politik ebenso wie für Wissenschaft und Universitäten, bildet doch das Debattieren den Kern der politischen und akademischen Kommunikationskultur. Zugleich erfahren die Debatte und die kulturellen Bedingungen, die ihr zugrundeliegen, eine Veränderung und gelten als zunehmend gefährdet. Prozessen des Medienwandels wird hierfür eine wesentliche Bedeutung zugeschrieben. Die im Rahmen des Topical Program geförderte Forschungsinitiative „Debattenkulturen im Medienwandel“ setzt an solchen aktuellen Entwicklungen an, möchte sie aber in einem größeren Zusammenhang in den Blick nehmen: Nicht nur tritt die Debatte als Kulturtechnik in vielfältigen Ausprägungen in unterschiedlichen Epochen und Kulturräumen auf, auch führten bereits in der Vergangenheit Prozesse des Medienwandels zu Veränderungen von Debattenkulturen, etwa im Zuge der Ausbreitung von Druckmedien. Solche Zusammenhänge genauer zu verstehen und kulturvergleichend zu untersuchen, kann allein in einem fächerübergreifenden Austausch gelingen, der unterschiedliche disziplinäre Perspektiven miteinander verbindet. Diese interdisziplinäre Ausrichtung der Forschungsinitiative spiegelt sich in der Gruppe des Antragsteams wider, die die Arabistin Barbara Winckler (Sprecherin), die Kunstwissenschaftlerin Ursula Frohne, den Historiker Philip Hoffmann-Rehnitz und die Kommunikationswissenschaftlerin Annie Waldherr umfasst. Sie wird durch die Beteiligung von mehr als 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern – von Politikwissenschaft, Soziologie und Ethnologie über Literatur- und Kulturwissenschaften bis zu Philosophie und Theologie – aus der WWU wie von anderen Uni-versitäten im In- und Ausland maßgeblich gestärkt.

    Dr. Barbara Winckler (Institut für Arabistik und Islamwissenschaft), Fachbereiche: 6, 8 und 9

  • Zelldynamik und Mathematische Modellierung

    Zellbewegung, Zellteilung, Zelldifferenzierung und Zellkommunikation mit Hilfe biochemischer Signale und biomechanischer Kräfte sind fundamental für die Entwicklung jedes Embryos. Experimente und Messungen hierzu beruhen auf physikalischen Grundgesetzen und sind damit mathematischen Gedankenexperimenten besonders zugänglich. In dem Topical Program „Zelldynamik und Mathematische Modellierung“ wird ein intensives Zusammenspiel von Biologie und Mathematik angestrebt. Biomechanische Eigenschaften und dynamische Formveränderungen von Zellen hängen eng mit ihrem jeweiligen Zustand und ihrer zellulären Funktion zusammen. Dies lässt sich beispielsweise bei der Wanderung von Urkeimzellen im Zebrafischembryo beobachten. Derartige Prozesse sind mathematisch gut zu beschreiben, und der Einfluss wichtiger Parameter kann damit auch theoretisch analysiert werden. Die Forschung zum Zebrafisch liefert zudem Hinweise über die Dynamik von Wundheilung und Tumorwachstum, denn die Immun- und Krebszellen teilen viele morphogenetische Eigenschaften mit Embryonalzellen.

    Prof. Dr. Angela Stevens (Institut für Analysis und Numerik), Fachbereich 10

  • Evolutionary Protein Design

    Proteine sind seit einigen Milliarden Jahren die wichtigsten und variantenreichsten Bestandteile aller Lebensformen. Evolution hat zigtausende verschiedener Proteine mit unterschiedlichen Strukturen und Funktionen hervorgebracht, doch das gezielte Design von Proteinen mit bestimmten Eigenschaften ist bislang nur sehr eingeschränkt möglich. In dem Topical Program „Evolutionary Protein Design“ sollen neue Methoden des gezielten Designs von Proteinen angewandt und verfeinert werden, um neue Wege zu finden, Proteine mit gewünschten Funktionen zu erzeugen. Hierzu werden neben klassischen Labormethoden auch neue Hochdurchsatzverfahren angewendet und mit Simulationen am Computer und theoretischen Modellierungen unterstützt. Neben etablierten Modelproteinen werden auch neue Proteine und Proteinfunktionen untersucht. Die Wissenschaftler nutzen dazu Erkenntnisse über die Proteinevolution, die aus riesigen Datenmengen neu sequenzierter Genome entstanden sind. So sollen grundsätzliche Zusammenhänge zwischen der thermischen Stabilität, der Resistenz von Struktur und Funktion gegenüber Mutationen und der Multifunktionalität von Proteinen besser verstanden werden. Hierzu kooperieren Arbeitsgruppen aus den Fachbereichen Biologie sowie Chemie und Pharmazie der WWU mit Kollegen aus Bayreuth, Regensburg und Greifswald.

    Prof. Dr. Erich Bornberg-Bauer (Institut für Evolution und Biodiversität), Fachbereiche 12 und 13

  • Das Individuum im Fokus der Lebenswissenschaften

    Individuen unterscheiden sich. Diese beinahe banale Feststellung hat Aristoteles schon vor nahezu 2.500 Jahren beschäftigt. Dabei gilt sie nicht nur für Menschen, sondern für alle Organismen – Individualität und Individualisierung werden dabei immer bedeutender. Ein Grund dafür mag der Wandel sein, in dem sich unser Planet und unsere Gesellschaft befindet: Klimawandel, Habitatveränderungen, Globalisierung oder sich wandelnde Arbeitswelten. Das Topical Program „Das Individuum im Fokus der Lebenswissenschaften“ geht der Frage nach, ob mit einem Wandel eine zunehmende Individualisierung einhergeht, und ob sie gleichzeitig eine Chance bietet, diesen zu meistern? In der Biologie steigt mit schnellem Wandel die Notwendigkeit für Individuen, mit Strategien darauf zu reagieren. Individualisierung bietet enormes Anpassungspotential unter sich schnell ändernden Umweltbedingungen und spielt über die Fakultäten hinweg eine immer größere Rolle. Der interdisziplinäre Forschungsverbund untersucht Individualisierung in sich ändernden Umweltbedingungen beziehungsweise in sich wandelnden Systemen anhand von transdisziplinären Projekten.

    Prof. Dr. Jürgen Gadau (Institut für Evolution und Biodiversität), Fachbereiche 5, 8 und 13

  • Multiscale Green Biology Münster

    Pflanzen sind unverzichtbar für die Bewahrung von Lebensräumen und biologischer Vielfalt, unsere nachhaltige Versorgung mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen sowie für die Stabilisierung des Weltklimas. Ihr Schutz und ihre Weiterentwicklung als ertragreiche Nutzpflanzen gehören zu den größten Herausforderungen heutiger und künftiger Generationen. Aufgrund der stetig wachsenden Weltbevölkerung wird die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen und gesunden Lebensmitteln weiter drastisch steigen. Demgegenüber stehen ein erheblicher Rückgang der landwirtschaftlichen Nutzflächen sowie signifikante Verluste an Biodiversität. Diesen alarmierenden Entwicklungen muss die Gesellschaft als Ganzes begegnen. Die „Multiscale Green Biology“ spielt in diesem Prozess eine Schlüsselrolle – mit diesem Konzept befasst sich auch das gleichnamige Topical Program. Sie dient der Analyse und Bewertung zurückliegender und aktueller Klimaveränderungen und ihrer Effekte auf die Funktion von komplexen Natur- und Agrarökosystemen. Sie bietet die grundlegende Erforschung molekularer, zellbiologischer und organismischer Prozesse und stellt widerstandsfähige und ertragreicher Nutzorganismen bereit. Außerdem bietet sie den Transfer von generiertem Wissen und getätigten Innovationen in die Gesellschaft, mit dem Ziel, Erwartungs- und Verhaltensänderungen zu initiieren. Zur Stärkung dieses fächerübergreifenden Forschungsfeldes wird ein internationaler Workshop durchgeführt.

    Prof. Dr. Dirk Prüfer (Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen), Fachbereiche 4, 6, 12, 13 und 14

  • Chemische Biologie von Membran-Transport-Proteinen

    Das Topical Program beschäftigt sich mit den sogenannten Membran-Transportproteinen auf molekularer Ebene. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten mit Methoden der chemischen Biologie und übertragen ihre Erkenntnisse der Grundlagenforschung auf physiologische Vorgänge im Tier und im Menschen. Im Rahmen eines Workshops sollen verschiedene Expertinnen und Experten der WWU zusammengebracht werden, um das Thema zu konkretisieren und das Konzept des Topical Programs zu einem Sonderforschungsbereich weiterzuentwickeln. Ein erfolgreicher Sonderforschungsbereich auf diesem Gebiet stellt perspektivisch eine Säule für einen chemisch-medizinischen Exzellenzcluster in der übernächsten Antragsperiode dar.

    Das Topical Program knüpft an das DFG-Graduiertenkolleg „Chemical Biology of Ion Channels (Chembion)“ an. Das Kolleg widmet sich seit Ende 2019 der Entwicklung, Synthese und Modifikation kleiner organischer Ionenkanal-Modulatoren und deren Anwendung im Bereich der molekularen, zellulären und systemischen Ionenkanal-(Patho)Physiologie.

    Sprecher: Prof. Dr. Bernhard Wünsch, Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie des Fachbereichs Chemie und Pharmazie (FB 12), der Fachbereich Medizin (FB 5) ist ebenfalls beteiligt.

  • Wahrheitskonkurrenzen. Strategien und Reflexionen im Wandel von Öffentlichkeiten

    In politischen und medialen Öffentlichkeiten tobt ein Kampf um unterschiedliche Wahrheitsansprüche, die Glaubwürdigkeit kursierender Behauptungen beziehungsweise um deren Deklaration als „Fake News“. Der Streit um konkurrierende Wahrheiten ist jedoch nicht neu oder ungewöhnlich: Institutionen wie Parlamente bildeten sich geradezu heraus, um sich mit durchaus kontroversen Ansprüchen auseinanderzusetzen. Mittelalterliche und neuzeitliche Gesellschaften adaptierten rhetorische Techniken und Strategien der Antike in unterschiedlichen Verfahren, beispielsweise vor Gericht, aber auch in der Geschichtsschreibung oder um religiöse Normen zu begründen. Es ging immer darum, Geltungsansprüche zu markieren und selbst im Besitz einer vermeintlichen Wahrheit und somit unanfechtbar zu erscheinen. Die Propaganda aller Epochen bediente sich daher bei den Evidenztechniken, um Glaubwürdigkeit und Vertrauen herzustellen oder zu erhalten.

    Der Forschungsverbund untersucht epochen- und fächerübergreifend die Produktion von Evidenz sowie die politische Instrumentalisierung von Wahrheitsbehauptungen. Ein Schwerpunkt liegt auf dem medialen Wandel der Vermittlung solcher Ansprüche. Thematisiert werden ebenso Auseinandersetzungen um Verschiebungen der Deutungshoheit in unterschiedlichen Teilöffentlichkeiten. Die Probleme von Faktizität, gerade in Krisenzeiten und Umbruchphasen, werden in diesem vergleichenden Ansatz in einen historischen Langzeitkontext gestellt.

    Prof. Dr. Wolfram Drews (Historisches Seminar) des Fachbereichs Geschichte/Philosophie (FB 8), die Fachbereiche Katholische-Theologie (FB 2), Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften (FB 6) sowie Philologie (FB 9) sind ebenfalls beteiligt.

  • Nachhaltige Potenzialentwicklung: Transformative Begabungsförderung in innovativen Lernumgebungen zur Stärkung gemeinwohlorientierten Handelns

    Die aktuellen globalen Herausforderungen – zum Beispiel Weltklima oder Weltfrieden – verdeutlichen, dass ein fundamentaler ökologischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Wandel dringend erforderlich ist. Die aktive Gestaltung einer derartigen Transformation erfordert Akteurinnen und Akteure mit einer ausgeprägten Bereitschaft zu analytisch-kritischem Engagement und zur ethischen Verantwortungsübernahme im Sinne eines transformativen Begabungsverständnisses. Dazu bedarf es über die personenorientierte Expertise hinaus eines gemeinwohlorientierten Handelns, welches sich schon bei jungen Menschen zeigt, die sich für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung im Sinne der „Sustainable Developmental Goals“ engagieren. Biographien junger Menschen wie Greta Thunberg oder Felix Finkbeiner verdeutlichen retrospektiv die Rolle des Bildungs- und Gesellschaftskontextes. Grundlage hierfür sind innovative Lernumgebungen, welche die verschiedenen Potenzialbereiche integrieren und die/den Lernenden im individuellen, im Bildungs- und im Gesellschaftkontext adressieren:

    • einerseits um über die entfalteten Potenziale eine nachhaltige Zukunftsgestaltung der Gesellschaft zu verwirklichen (Nachhaltige Potenzialentwicklung aus einer prosektiven Perspektive);
    • andererseits um über gemeinwohlorientiertes Handeln in der Gesellschaft individuelle Potenziale weiterzuentwickeln und auszudifferenzieren (retrospektive Forschungsperspektive auf Nachhaltige Potenzialentwicklung).

    Das WWU-Forschungsnetzwerk „Nachhaltige Potenzialentwicklung“ greift dies im Sinne der Exzellenzstrategie der WWU im Topical Program auf.

    Prof. Dr. Christian Fischer (Institut für Erziehungswissenschaft), Fachbereiche 2, 6, 7, 10, 11 und 14

  • Zeit und Artefakt

    Ziel des Topical Program ist es, eine Plattform für den Austausch unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der WWU zu schaffen, deren Arbeit sich mit verschiedenen Formen und Aspekten von Artefakten befasst. Während die Erforschung von Artefakten zu den Kernthemen einiger geisteswissenschaftlicher Disziplinen gehört, haben andere geistes- und sozialwissenschaftliche Fächer erst in jüngster Zeit damit begonnen, Artefakte und ihre Einbettung in sich verändernde soziale und historische Kontexte (wieder) in den Fokus zu rücken. Das Topical Program nutzt die an der Universität Münster vorhandene einzigartige Kombination aus empirisch-deskriptiver und systematisch-normativer Expertise zu Artefakten, um zwei neue Perspektiven in den Blick zu nehmen: Erstens wird es auf systematische Weise und aus verschiedenen disziplinären Blickwinkeln die verschiedenen Arten und Weisen untersuchen, in denen sich Zeit und Artefakte zueinander verhalten und sich wechselseitig beeinflussen und prägen. Zweitens werden Artefakte entgegen der in den Geisteswissenschaften vorherrschenden Tendenz, Artefakte mit materiellen Objekten oder „Dingen“ gleichzusetzen, als materielle und immaterielle Einheiten verstanden.

    Prof. Dr. Achim Lichtenberger (Klassische Archäologie), Prof. Dr. Dorothea Schulz (Sozial- und Kulturanthropologie), Fachbereich 8 Geschichte / Philosophie und Fachbereich 9 Philologie