Zeidlerei als Thema der Volkskunde


Die Volkskunde der 1930er Jahre – zwei Jahrzehnte nach Entstehen des Lauffer-Exlibris – machte die Bienenzucht (Zeidlerei) zum Forschungsgegenstand. Im Rahmen des Großprojekts Atlas der Deutschen Volkskunde wurden, dem kulturräumlichen Ansatz entsprechend, Bienenstockformen in ganz Europa dokumentiert. Auf dieser Grundlage fußt auch Bruno Schiers Studie „Bienenstand in Mitteleuropa“ (erstmals 1939 erschienen), in der er die Unterschiede zwischen der westlichen und (süd)östlichen Zeidlerei unter anderem auf die materialen Ausgestaltungen und Funktionen dieser Bienenbehausungen zurückführen zu können meint. Darüber hinaus hätte Schier das Thema Bienenzucht gerne zu einem eigenen Ausstellungsbereich im Westfälischen Landesmuseum gemacht, wie ein Auszug aus seinem Vortrag vor dem Kulturpflegeausschuss des Provinzialverbandes Westfalen am 20.05.1953 zeigt. In seiner Argumentation verweist er auf die Bedeutung des Themas und das gesonderte Erkenntnisinteresse im Rahmen des volkskundlichen Kanons und deutet all dies auf dem Hintergrund der Mensch-Tier- bzw. Kultur-Natur-Beziehung:

„Im Rahmen des ländlichen Arbeitslebens verdienen auch die menschlichen Urgewerbe der Jagd, des Fischfanges und der Honiggewinnung besondere Beachtung. [...] Ein besonders reizvolles Kapitel des ländlichen Arbeitslebens bildet die Bienenzucht, die in der geschichtlichen Entwicklung ihrer Stöcke und Körbe, in der reichen Auswahl ihrer Arbeitsgeräte sowie in der bildlichen Darstellung ihrer Arbeitsweisen der musealen Darstellung reiche Möglichkeiten eröffnet, die man besonders deshalb gern ergreifen wird, weil Nordwestdeutschland die Heimat der Bienenzucht in Strohkörben ist“. [29]

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Christiane Torzewski,
Studentin im MA-Studiengang Kulturanthropologie/Volkskunde.
Forschungsarbeit im Rahmen des Ausstellungsprojekts
"Zehn Fußnoten. Wie die Volkskultur zur Universität kam"
(Leitung: Frau Prof. E. Timm), Juni 2014

Verwendete Literatur

[1] Deneke, Bernward (1982): „Lauffer, Otto“, In: Neue Deutsche Biographie 13, S. 712 f. [Onlinefassung]; http://www.deutsche-biographie.de/pnd116754354.html (Stand: 12.06.2014).
[2] Werner, Michael (2011): Stiftungsstadt und Bürgertum. Hamburgs Stiftungskultur vom Kaiserreich bis in den Nationalsozialismus. München: Oldenbourg, S. 215 [Stadt und Bürgertum; 14], der auch schlussfolgert: „Die Demokratisierung von Staat und Gesellschaft fand sich in der Ausstellungspräsentation nicht wieder, hingegen schlug Lauffer schon frühzeitig konservativ-völkische Töne an“ (ebd.: 216).
[3] Zur Bedeutung der Etablierung volkskundlicher Forschung auf selbständiger Vereinsebene: Bagus, Anita (2005): Volkskultur in der bildungsbürgerlichen Welt. Zum Institutionalisierungsprozess wissenschaftlicher Volkskunde im wilhelminischen Kaiserreich am Beispiel der Hessischen Vereinigung für Volkskunde. Gießen: Universitätsbibliothek [Berichte und Arbeiten aus der Universitätsbibliothek und dem Universitätsarchiv Gießen; 54], S. 24 f.
[4] Mitteilungen des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde 1 (1905), S. 6; http://www.d-g-v.org/sites/default/files/mdgv/mdgv1-1bis10.pdf (Stand: 14.05.2014).
[5] Werner, Michael (2011): Stiftungsstadt und Bürgertum. Hamburgs Stiftungskultur vom Kaiserreich bis in den Nationalsozialismus. München: Oldenbourg, S. 88 [Stadt und Bürgertum; 14].
[6] Deneke 1982 (wie Anm. 1).
[7] Zu den materialen Feinheiten und Drucktechniken siehe Beinert, Wolfgang: typolexikon.de, Das Lexikon der westeuropäischen Typographie, Exlibris, 15. Juni 2014.
[8] Deutsche Exlibris-Gesellschaft e.V. (DEG); http://www.exlibris-deg.de/ueber-das-exlibris/index.html (Stand: 15.06.2014); Hiller, Helmut/Füssel, Stephan (2006): Wörterbuch des Buches, mit online-Aktualisierung, 7., grundl. überarb. Aufl., Frankfurt a. M. : Klostermann, S.116.
[9] Schauer, Kurt Georg (1963): Deutsche Buchkunst 1890-1960. Bd.1. Hamburg: Maximilian-Gesellschaft.
[10] Wie Anm. 8. Der Verein ist heute unter dem Namen „Deutsche Exlibris Gesellschaft e.V.“ firmiert. Auch Apotheker und Ärzte ließen sich Exlibris fertigen, wie der Fund einschlägiger Kataloge belegt.
[11] Beinert o. J. (wie Anm. 7).
[12] Die Suche nach Lauffers Exlibris in mehreren Zeitschriftenjahrgängen des Berliner Exlibris Vereins ab 1913 verlief leider ergebnislos.
[13] Online-Matrikelbuch der Akademie der Bildenden Künste München. 02737 Arnold Haag, Matrikelbuch 1884-1920; http://matrikel.adbk.de/05ordner/mb_1884-1920/jahr_1903/matrikel-02737 (Stand: 10.11.2013).
[14] Goldstein, Franz et al (1999): Monogrammlexikon. Internationales Verzeichnis der Monogramme bildender Künstler seit 1850, Bd. 1. 2. Aufl., durchges. und ergänzt von Ruth und Hermann Kähler, Berlin: de Gruyter, S. 959 [Orig. Dictionary of monograms 1].
[15] Deneke 1982 (wie Anm. 1).
[16] Bagus 2005 (wie Anm. 3).
[17] Kunze, Emil (1997): Lateinische Texte auf Exlibris. Frederikshavn: Exlibristen.
[18] Einzelne Bienen waren ein im Jugendstil gebräuchliches Exlibrismotiv; Braungart, Richard (1922): Das moderne deutsche Gebrauchsexlibris. München: Wolf & Sohn, S. 66. Das Motiv „Biene“ kehrt zudem Mitte der 1940er Jahre wieder, wie Sylvia Wolf aufzeigt; Wolf, Sylvia (1985): Exlibris. 1000 Beispiele aus fünf Jahrhunderten 1000 Examples from five Centuries. München: Bruckmann, S. 108 f.
[19] Stock, Karl. F. (2004): Österreichische Exlibris-Bibliographie 1881-2003. München: Saur, S. 5.
[20] Hoffrath, Christine (2012): Die Spurensuche nach NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut in Bibliotheken. In: Neuheuser, Peter (Hrsg.): Überlieferungs- und Gebrauchsspuren in Historischen Buchbeständen. Symposium in Düsseldorf am 10. November 2009, S. 251-269 [Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln; 34].
[21] Beuchert, Marianne (1995): Symbolik der Pflanzen. Von Akelei bis Zypresse. Frankfurt a. M./Leipzig: Insel, hier S. 131.
[22] Beuchert 1995 (wie Anm. 21), S. 105 u. 211; Battistini, Matilde/Impelluso, Lucia (2012): Das große Bildlexikon der Symbole und Allegorien. Berlin: Parthas, S. 314 ff.
[23] Grimm, Jacob/Grimm Wilhelm/Uther, Hans-Jörg (1996 [1812]): Kinder- und Hausmärchen. Bd 1, Märchen Nr. 1-60. Nach der großen Ausgabe von 1857, textkritisch revidiert, kommentiert und durch Register erschlossen. München: Diederichs [KHM 47: „Von dem Machandelboom“ ]; Grimm, Jacob (1953 [1835]): Deutsche Mythologie. Bd. 1. Unveränd. photomechan. Nachdr. d. 4. Ausg. Darmstadt: WBG [Kap. 21: „Bäume und Thier“; Kap. 28: „Schicksal und Heil“].
[24] Jüttner, Otto (1951): 70 Jahre Heideaufforstung. Dargestellt auf Grund von Untersuchungen alter und neuer Versuchsflächen und anderer Bestände. Diss., Göttingen: o. V., S. 26f. zitiert nach: Steinsieck, Peter-Michael/Laufer, Johannes (2012): Quellen zur Umweltgeschichte in Niedersachsen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Ein thematischer Wegweiser durch die Bestände des Niedersächsischen Landesarchivs. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 174.
[25] Battistini/Impelluso 2012 (wie Anm. 22), S. 486 f. ; Johach, Eva (2007): Der Bienenstaat. Geschichte eines politisch-moralischen Exempels. In: Heiden, Anne von der (Hrsg.): Politische Zoologie. 1. Aufl. Zürich [u. a.]: Diaphanes, S. 219-235; Bruns, Claudia (2012): Biene, die. In: Kassung, Christian/Mersmann, Jasmin/Rader, Olaf B. (Hrsg.): Zoologicon. Ein kulturhistorisches Wörterbuch der Tiere. München: Fink, S. 56-62.
[26] Kruse, Ulrike (2010): Die fleißige und nützliche Biene. Natur als Gegenstand und Metapher in der Hausväterliteratur. In: Ermisch, Maren/Kruse, Ulrike/Stobbe, Urte (Hrsg.): Ökologische Transformationen und literarische Repräsentationen. Göttingen: Universitätsverlag, S. 59-95.
[27] Grimm, Jacob (1899): Deutsche Rechtsalterthümer , 4. Ausg., Bd. 2. Leipzig: o.V. , S. 135-139 [digitalisierte Version]; Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte. Literaturquellen zum deutschen, österreichischen und schweizerischen Privat- und Zivilprozeßrecht des 19. Jahrhunderts; http://dlib-pr.mpier.mpg.de/m/kleioc/0010/exec/bigpage/"149110_00000137.gif ; Hoops, Johannes (1976): Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. 2., völlig neu bearbeitete u. stark erw. Aufl. Bd. 2: Bake–Billigkeit. Berlin/New York: de Gruyter, S. 528 f.
[28] Zur kulturhistorischen Bedeutung der Biene siehe Bruns 2012 (wie Anm. 24).
[29] Schier, Bruno (1953): Von den volkskundlichen Aufgaben des Westfälischen Landesmuseums. Vortrag anlässlich der 18. Sitzung des Kulturpflegeausschusses des Provinzialverbandes Westfalen am 20.5.1953 in Münster, abgedruckt in: Sauermann, Dietmar (1986): Volkskundliche Forschung in Westfalen 1770-1970. Bd 1. Münster: Coppenrath, hier S. 267 [Hervorh. C.T.].