Das Geschichtsbild des „Islamischen Staates“

Historiker Nadeem Khan über mittelalterliche Vorbilder der Dschihadisten

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Nadeem Khan

Über das Geschichtsverständnis des „Islamischen Staates“ (IS) schreibt der Geschichts- und Islamwissenschaftler Nadeem Khan vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ in einem Beitrag auf www.religion-und-politik.de. Er legt dar, wie der IS und sein Anführer Abu Bakr al-Baghdadi auf mittelalterliche Vorbilder Bezug nehmen, um seinen Machtanspruch zu untermauern. Eine wichtige historische Referenzfigur sei dabei der muslimische Herrscher Nur ad-Din Zengi (gestorben 1174), der als einer der Vorkämpfer gegen die Kreuzfahrer gelte und im Geschichtsbild des IS für die muslimische Rückeroberung Jerusalems stehe. Eine kürzere Fassung des Beitrags ist in der Frankfurter Rundschau und im Kölner Stadtanzeiger erschienen. (vvm)

Der Beitrag

Anfuehrungszeichen

Als der unter dem Namen Abu Bakr al-Baghdadi bekannte Mann am 4. Juli 2014 auf die Kanzel der Großen Moschee von Mosul stieg, um die Freitagspredigt zu halten, waren zahlreiche Kameras auf ihn gerichtet. Die erste öffentliche Predigt des in der Vorwoche vom selbsterklärten „Islamischen Staat“ (IS) ausgerufenen Kalifen war ein tief symbolischer Akt, der um die Welt gehen sollte. Mit der Predigt – so beobachteten Experten zutreffend – versuchte Baghdadi, sich in die Tradition mittelalterlicher muslimischer Herrscher zu stellen, denen die Freitagspredigt als fundamentale Bestätigung ihres Machtanspruchs diente.

Insbesondere die schwarze Kleidung Baghdadis sei demzufolge eine Reminiszenz an die Dynastie der schwarztragenden Abbasiden, die im 8. Jahrhundert – nach dem Sieg ihrer unter schwarzen Bannern im östlichen Iran aufgebrochenen Truppen – die Kalifatswürde erlangten und bis ins 13. Jahrhundert von Bagdad aus weite Teile des Irak beherrschten. Während die Wahl der Farbe also auf die Abbasidendynastie verweisen könnte, die sich wie al-Baghdadi selbst als Teil der „Familie des Propheten“ verstand und auf diese Weise ihre Herrschaft legitimierte, dürfte die Wahl des Ortes für den öffentlichen Auftritt Baghdadis eher auf die Zengidendynastie bzw. ihren berühmtesten Vertreter – Nur ad-Din Zengi – hindeuten.

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