Warum gibt es Schwierigkeiten im Zusammenleben der Religionen?

Ringvorlesung zur Integration religiöser Vielfalt von der Antike bis zur Gegenwart

News Rlv 2010 11 270

Ausschnitt aus dem Plakat zur Ringvorlesung

Das Zusammenleben von Gläubigen verschiedener Religionen steht im Mittelpunkt der nächsten Ringvorlesung des Exzellenzclusters "Religion und Politik". Die öffentliche Reihe trägt den Titel "Integration religiöser Vielfalt von der Antike bis zur Gegenwart". 15 Vorträge beleuchten ab dem 26. Oktober den Umgang mit religiösem Pluralismus vom alttestamentlichen Orient über das Römische Reich, das vormoderne China und Indien, das mittelalterliche und frühneuzeitliche Europa bis zur Gegenwart. "Der Blick in andere Epochen und Kulturen ist hilfreich, um zu verstehen, warum es Schwierigkeiten machen kann, wenn Anhänger verschiedener Religionen in ein und derselben Gesellschaft  zusammenleben", erläutert Historikerin Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger, die die Reihe organisiert hat.

Der religiöse Pluralismus von heute erscheine vielen Menschen als Problem, obwohl doch die moderne Trennung von Staat und Kirche die Religion eigentlich zu einer rechtlich geschützten Privatsache gemacht habe, so die Wissenschaftlerin. Historisch betrachtet sei es sogar eine seltene Ausnahme, dass alle Mitglieder einer politischen Gemeinschaft den gleichen Glauben haben und den gleichen Kult praktizieren. "Die Regel ist religiöse Vielfalt."

Ob diese Pluralität als Problem empfunden wird, ob es im Alltag zu Konflikten kommt, ob und wie diese Konflikte gelöst werden, hängt nach den Worten der Historikerin von vielen Faktoren ab - zum Beispiel davon, was die Religionen von ihren Gläubigen für ein Alltagsverhalten verlangen, welchen wirtschaftlichen und sozialen Status ihre Mitglieder haben, ob sie sich in der betreffenden Gesellschaft in der Mehrheit oder Minderheit befinden und welches Verhältnis die Religionen zur politischen Herrschaft einnehmen.

Unter den Referenten der Ringvorlesung sind Historiker, Theologen, Judaisten, Religionswissenschaftler, Ethnologen, Juristen und Soziologen. Es spricht auch der Frankfurter Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani. Die Vorträge sind jeweils dienstags ab 18 Uhr c.t. im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses, Domplatz 20-22, zu hören. Die Reihe präsentiert die Themen-Säule "Integrative Verfahren" des Exzellenzclusters, einen von vier Schwerpunkten des Forschungsverbundes. Zum Auftakt am 26. Oktober äußert sich Prof. Dr. Stollberg-Rilinger zum Thema "Nach dem Westfälischen Frieden - Wie gut vertrugen sich die Konfessionsgruppen im Römisch-deutschen Reich?" Der Vortrag ist Teil der Reihe "Dialoge zum Frieden" der Stadt Münster. (vvm)

Programm

26.10.2010
Barbara Stollberg-Rilinger, Münster Nach dem Westfälischen Frieden – Wie gut
vertrugen sich die Konfessionsgruppen im
Römisch-Deutschen Reich? (Der Vortrag ist Teil der Reihe „Dialoge zum Frieden“ der Stadt Münster.)

2.11.2010
Reinhard Achenbach, Münster
Zwischen Mose und Zarathustra. Zur gesellschaftlichen Stellung der Juden im antiken Perserreich

09.11.2010
Perry Schmidt-Leukel, Münster
Hinduistisch-buddhistische Beziehungen in
Vergangenheit und Gegenwart


16.11.2010
Michael Borgolte, Berlin
Juden, Christen und Muslime im Mittelalter

23.11.2010

Helene Basu, Münster

Religiöse Vielfalt in indischen Regionalkönigreichen (16.-20. Jahrhundert): Hindu-Könige, muslimische Heilige und Jaina-Asketen

30.11.2010
Detlef Pollack, Münster Die Akzeptanz religiöser Vielfalt heute. Ein Vergleich ausgewählter europäischer Länder
07.12.2010
Hubert Seiwert, Leipzig
Religion und Staat im vormodernen China

14.12.2010
Olaf Blaschke, Trier
Konfessionelle Koexistenz und Konflikt in der Kulturkampfzeit

21.12.2010
Angelos Chaniotis, Oxford
Jenseits des Marktes der Religionen. Kultgemeinden als „emotional communities“ im römischen Osten

04.01.2011
Etienne François, Berlin
Miteinander in und trotz der Trennung: Katholiken und Protestanten in den paritätischen Reichsstädten (17.-18. Jahrhundert)

11.01.2011
Monika Wohlrab-Sahr, Leipzig
Säkularität und religiöse Vielfalt: Eine Annäherung an Spannungslinien der Gegenwart

18.01.2011
Janbernd Oebbecke, Münster
Der islamische Religionsunterricht und die Integration des Islam in Deutschland

25.01.2011
Navid Kermani, Frankfurt am Main
Deutsche und Muslime. Über Verständigungen und Missverständnisse

01.02.2011
Regina Grundmann, Münster
Die Freundschaft zwischen Mendelssohn und Lessing – ein Vorbild für das Miteinander von Juden und Christen im deutschen Bildungsbürgertum?


08.02.2011
Rainer Forst, Frankfurt/Main
Toleranz und Integration. Lehren aus der Vergangenheit für die Gegenwart

Wintersemester 2010/2011
Dienstag 18-20 Uhr
Hörsaal F2 im Fürstenberghaus
Domplatz 20-22
48143 Münster