Katrin Thelen

Promovierende im Promotionskolleg Empirische und Angewandte Sprachwissenschaft vom SoSe 2013 bis SoSe 2020

Lehrlogopädin für Sprachentwicklungsstörungen und Mehrsprachigkeit am Universitätsklinikum Münster: https://web.ukm.de/logopaedieschule

 

Dissertation

Kasus: Rezeption und Produktion bei Kindern mit spezifischer Sprachentwicklungsstörung (SSES) und bei Kindern mit unauffälligem Spracherwerb

Bei einer Spezifischen Sprachentwicklungsstörung (SSES) werden Auffälligkeiten in Syntax und Morphologie häufig als Leitsymptome beschrieben. Ein häufig auftretendes Teilsymptom einer Grammatikerwerbsstörung sind dabei fehlerhafte Kasusmarkierungen, die lange persistieren. Da der Kasus im Deutschen am Artikel, am Adjektiv, an Pronomen und teilweise am Nomen markiert wird, haben Probleme im Kasuserwerb z. B. weitreichende Folgen für das Identifizieren syntaktischer Funktionen und damit verbundener semantischer Rollen.

Die Dissertation verfolgt das Ziel, die Verarbeitung und die Produktion von Akkusativ- und Dativmarkierungen bei sprachunauffälligen Kindern und Kinder mit SSES im Alter zwischen sechs und sieben Jahren quantitativ und qualitativ zu untersuchen. Da Kinder in diesem Alter eingeschult werden, sind Aussagen über den Kasuserwerb von hoher Relevanz für die korrekte Interpretation und Produktion von Sätzen. Die Leistungen der Kinder werden zu diesem Zweck mit einer Kontrollgruppe gleichaltriger Kinder und mit einer nach Sprachstand parallelisierten Gruppe verglichen. Als theoretische Grundlage dient das Competition model von Bates und MacWhinney, das den Spracherwerb als eine von cues gestützte distributionelle Analyse sieht.

Im Hinblick auf den Kasuserwerb bei Kindern mit SSES ergeben sich u.a. die folgenden Fragestellungen:

Können Kinder mit SSES cues für den Kasus unabhängig von weiteren syntaktischen, semantischen und morphologischen cues verarbeiten? Unterscheiden sich die Leistungen von denen jüngerer, sprachparallelisierter Kontrollkinder, so dass sich ein abweichender Erwerbsverlauf bei SSES zeigt?

Auf welchem Niveau produzieren Kinder mit SSES Kasus im Alter von sechs bis sieben Jahren? Welche Formen von Übergeneralisierungen zeigen sich? Unterscheiden sich die Leistungen der Kinder mit SSES von denen jüngerer, sprachparallelisierter Kontrollkinder?

Welche Beziehung ergibt sich zwischen rezeptiven und produktiven Fähigkeiten?

Korrelieren die Leistungen mit Fähigkeiten zur phonematischen Diskrimination und zum phonologischen Arbeitsgedächtnis?

Mit den Ergebnissen der Studie soll die Planung sprachtherapeutischer Maßnahmen im Bereich Kasus für Kinder mit Grammatikerwerbsstörungen bei SSES verbessert werden.