23.7.2024
Treffpunkt ist heute um 7:30 Uhr am Frühstückbuffet. Die anderen sind bereits am essen, als ich mit meiner Familie pünktlich erscheine. Für Ernst und Andreas geht es bereits um 9:00 Uhr mit dem Taxi zum Flughafen, währende Nico und Mike erst am Nachmittag Longyearbyen verlassen.
Das Frühstück ist also unsere vorerst letzte Gelegenheit noch schnell zu besprechen, was gut war in diesem Jahr und was nicht funktionierte. Generell sind wir alle hochzufrieden mit der diesjährigen Saison. Zunächst ist da natürlich die gute Stimmung im Team zu nennen. Wir hatten viel Spaß, haben viele Scherze gemacht, haben rumgeblödelt und fünf Minuten später ernsthaft und intensiv über die Steinkreise diskutiert. Alles war möglich! Andreas hat uns fast zwei Wochen mit sehr feinem Essen versorgt und damit ganz Wesentlich dazu beigetragen, dass die Bande immer in guter Stimmung blieb. Ernst hat unzählige Abwaschrunden übernommen und Nico hat sich bravourös um die Frachtpapiere und das Kisten packen verdient gemacht. So stelle ich mir das vor und ich kann mich wirklich glücklich schätzen, dass ich ein kleiner Teil eins so großartigen SPLAM-Teams sein darf. Aber eigentlich ist man in Ny Alesund immer Mitglied zweier Teams. Denn das AWIPEV-Team darf man keinesfalls vergessen. Alex, Thomas und Wencelas wissen genau worauf es ankommt, und haben alle eine sehr angenehme Art und Weise im Umgang mit Wissenschaftlern, die ja nur für ein oder zwei Wochen in Ny Alesund sind und dann meinen, dass sich das Universum nur um sie dreht. Da braucht es schon manchmal Fingerspitzengefühl und ich kann nur hoffen, dass wir halbwegs „normal“ waren mit unseren Wünschen.
Hocherfreut sind wir natürlich, dass wir dieses Jahr zwei völlig neue Datensätze generieren konnten bzw. initiieren konnten. Wir sind wirklich gespannt auf Mikes LIDAR Daten und können es kaum erwarten, die Topographiemodelle in die Hände zu kriegen. Besonders gespannt bin ich auf die dokumentierten Unterschiede an der Lateralmoräne zwischen den ersten und den letzten Tagen unserer Feldarbeit. Die Daten sollten uns erstklassige Aussagen ermöglichen, wie schnell diese Moräne tatsächlich degradiert. Mike war wirklich sehr engagiert und hat selbst knietief im Schlamm stehend versucht, Daten zu generieren.
Der dreifache Schokoladenüberzug über unseren diesjährigen Spitzbergenkuchen ist natürlich die Flugzeug-Befliegung. Alle unsere Wunschgebiete konnten vollständig abgedeckt werden und die Bodenauflösung beträgt nach ersten Berechnungen dabei unter 10 cm. Absolut genial! Und weit besser als unsere kühnsten Vorstellungen! Also, ein großes Dankeschön an das AWI und das DLR für die Durchführung dieser Flugkampagne und das Wetter, das sich sehr kooperativ gezeigt hat.
Kurz, es war eine sehr gute Feldsaison was das Team, die Zeitplanung, die Durchführung, die Sicherheitsaspekte, die gewonnenen Daten und alles Sonstiges, das mir in den Sinn kommt, anbelangt. Vielleicht werden wir nächstes Jahr die ein oder andere Kleinigkeit ändern, aber im Prinzip hat dieses Jahr alles bestens gepasst. Aber da wir jetzt sehr gute Daten des Gebietes um die Engelsbukta und die Daerten-Hütte haben, können wir uns auch vorstellen, dort ein paar Tage zu verbringen. Das müsste natürlich im Arbeitsplan berücksichtigt werden…
So, noch ganz kurz, für alle die es interessiert. Mein Arztbesuch im „Sykehus“ hat im Wesentlichen zum Ergebnis gehabt, dass ich Husten habe. Ein stärkerer Hustensaft und Geduld sind laut Arzt angesagt. Covid-Test und alle weiteren Tests waren negativ. Genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Aber zumindest scheint der neue Hustensaft gut zu wirken. „Etylmorfinhydroklorid“ sei Dank! Auch bin ich plötzlich absolut tiefenentspannt und zur Sicherheit habe ich gleich zwei Flaschen von dem Zeug gekauft.
Heute haben wir beängstigend hohe Temperaturen in Longyearbyen. Um 14:00 Uhr zeigt das Thermometer satte 19°C. T-Shirt Wetter in der Arktis! Da wirken einige Kreuzfahrttouristen in ihren dicken Daunenjacken schon etwas verloren und deplatziert. Am späteren Nachmittag ziehen allerdings Wolken auf und die Temperatur fällt auf ca. 10°C, was immer noch viel zu hoch ist. Die Familie und ich nutzen den Tag heute für eine wunderschöne Wanderung in Richtung Larsbreen-Gletscher, den Ernst und ich schon einmal vor Jahren besucht haben. Damals war er aber noch erheblich größer und leichter zu erreichen. Mittlerweile hat es sich weit talaufwärts zurückgezogen und stirbt leise vor sich hin, wie viele Gletscher hier auf Spitzbergen. Das stimmt mich immer wieder traurig. Trotz tapferer Versuche schaffen wir es nicht bis zum Gletscher, weil der Blockschutt extrem unangenehm zum Laufen ist und uns sehr verlangsamt. Aber was soll’s? Wir genießen die Natur, rasten in der Sonne, spielen am Bach und abends gönnen wir uns in Mars Ann’s Polarrigg Rentier- und Walsteak, sowie Tamarind-Ente. Alles vorzüglich und ich muss sagen, liebes SPLAM-Team, ihr habt durch Eure völlig überhastete Abreise mindestens zwei Highlights verpasst – schöne Wanderung und erstklassiges Essen. Aber natürlich will ich Euch nicht weiter die Zähne lang machen…
So, nun ist aber endgültig Schluss für dieses Jahr. Es hat wieder Spaß gemacht, den Blog in unzähligen Stunden zu verfassen und Nico Schmedemann und Thomas Heyer haben wieder viel Zeit und Liebe investiert, um den Blog lesbar zu machen und online zu stellen. Danke dafür und eine Runde Applaus!
Bis zum nächsten Jahr!
Fotos

Rentier-Steak.© KOP 132 SPLAM Tamarind-Ente.© KOP 132 SPLAM Wal-Steak.© KOP 132 SPLAM Gruve 2b „Julenissegruva“.© KOP 132 SPLAM Aufstieg zum Larsbreen-Gletscher südlich von Nybyen.© KOP 132 SPLAM Verendetes Rentier.© KOP 132 SPLAM Eine Schneeammer leistet uns Gesellschaft.© KOP 132 SPLAM Abraumhalde des Kohlebergbaus. Im Hintergrund sind geschichtete Gesteine sichtbar, in die sich Erosionsrinnen eingegraben haben.© KOP 132 SPLAM Die Gipfelkette des Gruvefjellets.© KOP 132 SPLAM Der Alpensäuerling.© KOP 132 SPLAM Arktisches Hornkraut.© KOP 132 SPLAM Mehrere Endmoränenwälle des Larsbreen-Gletschers. Im Hintergrund sich sehr schöne Schuttfächer und Erosionsstrukturen zu sehen.© KOP 132 SPLAM Das Material der Endmoränenwälle. Kein wirkliches Vergnügen in steilem Gelände darauf laufen zu müssen.© KOP 132 SPLAM Alter Bergbauschacht.© KOP 132 SPLAM Eis in der Endmoräne des Larsbreen-Gletschers, der noch am oberen Bildrand zu erkennen ist. Einst ging der Gletscher viel weiter talwärts, um die mächtige Eiswand der Moräne bilden zu können. Jetzt taut alles und abgerutschte Sedimente exponieren das Eis.© KOP 132 SPLAM Kulturgut oder Müll?© KOP 132 SPLAM