Botanische Exkursion ins Nordmünsterland

Am 10.6.2025 trafen sich bei unbeständigem Wetter sechs IPBPler irgendwo mitten im Nordmünsterland, um "in den Sanden" nach botanischen Schätzen zu suchen.

Neben typischen Sand-Pflanzen wie Besenheide, Besenginster, Mausohr-Habichtskraut, Kleinem Vogelfuß und Echtem Ehrenpreis stellte sich die Wald-Erdbeere als ständiger Wegbegleiter heraus. Zwei auch ökologisch interessante Seltenheiten waren der halbparasitisch auf Gräsern schmarotzende Große Klappertopf und die Salzbunge, die gemeinsam mit der ebenfalls salztoleranten Hain-Segge einen dichten Bestand in einem Graben bildete.

Höhepunkt der Exkursion waren aber hunderte von Orchideen, die an drei verschiedenen Standorten zu finden waren und bis auf die auch andernorts häufige Breitblättrige Stendelwurz in voller Blüte standen. Die Grünliche Waldhyazinthe, vom Arbeitskreis Heimische Orchideen zur Orchidee des Jahres 2025 gekürt, wuchs verschiedentlich an Waldrändern und Hecken.

Zwei feuchtere Standorte, erkennbar z. B. am Vorkommen der Kuckucks-Lichtnelke, waren in großer Zahl mit gerade aufblühenden Pflanzen aus der Gattung Dactylorhiza (Fingerwurz) besiedelt. Hierbei handelt es sich offenbar um einen Hybridschwarm mit Merkmalen verschiedener Dactylorhiza-Arten, keine der drei unterscheidbaren Formen ließ sich eindeutig bestimmen.

Sogar der anschließende Fund von 9 Exemplaren des in NRW extrem seltenen Helm-Knabenkrauts (Rote Liste Westf. Bucht: 2S) ließ sich noch toppen, denn im Weidengebüsch zwischen Pfeifengras-Büscheln und noch mehr Erdbeeren versteckten sich 51 blühende Exemplare der Pyramiden-Hundswurz (Rote Liste Westf. Bucht: 2S). Diese wärmeliebende Art erreicht in NRW die Nordgrenze ihres Verbeitungsgebietes, es sind hier nur wenige, meist individuenarme Bestände in der Eifel, dem Weserbergland und der Niederrheinischen Bucht bekannt.

 

Tabelle 1: Artenliste. Rote-Liste-Arten in rot.

Art (lat.) Art (dt.) Familie
Ajuga reptans Kriechender Günsel Lamiaceae
Alnus glutinosa Schwarz-Erle Betulaceae
Anacamptis pyramidalis (syn. Orchis pyramidalis) Pyramiden-Hundswurz Orchidaceae
Betula pendula Sandbirke Betulaceae
Calluna vulgaris Besenheide Ericaceae
Carex otrubae Hain-Segge Cyperaceae
Cytisus cf. scoparius Besenginster Fabaceae
Dactylorhiza spec. Fingerwurz Orchidaceae
Epipactis helleborine Breitblättrige Stendelwurz Orchidaceae
Fragaria vesca Wald-Erdbeere Rosaceae
Hieracium pilosella Mausohr-Habichtskraut Asteraceae
Leucanthemum ircutianum Fettwiesen-Margarite Asteraceae
Luzula campestris Feld-Hainsimse Juncaceae
Molinia caerulea Pfeifengras Poaceae
Orchis militaris Helm-Knabenkraut Orchidaceae
Ornithopus perpusillus Kleiner Vogelfuß Fabaceae
Pinus sylvestris Wald-Kiefer Pinaceae
Plathanthera chlorantha Grünliche Waldhyazinthe Orchidaceae
Rhinanthus serotinus Großer Klappertopf Orobanchaceae
Salix spp. Weiden Salicaceae
Samolus valerandi Salzbunge Primulaceae
Silene flos-cuculi Kuckucks-Lichtnelke Caryophyllaceae
Veronica chamaedrys Gamander-Ehrenpreis Plantaginaceae
Veronica officinalis Echter Ehrenpreis Plantaginaceae

Fotostrecke (24 Bilder)

Die Exkursionsgruppe bei der Arbeit.
Die Exkursionsgruppe bei der Arbeit.
© IPBP/Hensel
  • Sandtrockenrasen mit Besenheide.
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  • Die Besenheide (Calluna vulgaris, Ericaceae) war hat in früheren Zeiten das Landschaftsbild des Nordmünsterlandes in weiten Teilen geprägt, heute findet man sie überwiegend an Reliktstandorten.
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  • Ebenso wie die Besenheide besiedelt der Besenginster (Cytisus scoparius, Fabaceae) gerne nährstoffarme, trockene Standorte.
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  • Dem Mausohr-Habichtskraut (Hieracium pilosella, Asteraceae), dessen Blattrosetten hier stellenweise große Teppiche bildeten, spricht man psychoaktive Wirkungen zu.
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  • Der kleine Vogelfuß (Ornithopus perpusillus, Fabaceae) ist ebenfalls ein typischer Bewohner karger Sandtrockenrasen und wird hier nur wenige Zentimeter groß.
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  • Überall fanden sich mehr oder weniger dichte Bestände des Echten Ehrenpreis (Veronica officinalis, Plantaginaceae). Die Pflanze wurde volksmedizinisch u. a. bei Erkrankungen der oberen Atemwege eingesetzt.
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  • Der Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys, Plantaginaceae) konnte trotz fehlender Blüten eindeutig an den nur für diese Art charakteristischen Gallen der Gallmücke Jaapiella veronicae erkannt werden.
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  • Auf Schritt und Tritt trat man auf Wald-Erdbeeren (Fragaria vesca, Rosaceae).
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  • Der Große Klappertopf (Rhinanthus serotina, Orobanchaceae) kam an mehreren Stellen. Er ist ein Halbschmarotzer auf Gräsern.
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  • In einem Ackergraben (!), in dessen Umgebung auch Orchideen vorkamen, fand sich die salzliebende Salz-Bunge (Samolus valerandi, Primulaceae). Die Art kommt in Deutschland nur in wenigen, voneinander isolierten Arealen vor, das nördliche Westfalen ist eines davon.
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  • Noch nicht in Blüte: die Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine, Orchidaceae) ist die häufigste in Deutschland vorkommende Orchidee und ist auch im Exkursionsgebiet an vielen Stellen zu finden.
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  • Feuchte Wiesenbereiche lassen sich zu deren Blütezeit durch die Kuckucks-Lichtnelke (Silene flos-cuculi, Caryophyllaceae) ausmachen.
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  • Die fünf tief geteilten Blütenblätter der Kuckucks-Lichtnelke erinnern an einen menschlichen Körper, wodurch diese Art eindeutig zu erkennen ist.
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  • Die grünliche Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha, Orchidaceae) ist eine noch einigermaßen häufige Orchideen-Art, die hier an zwei Standorten in größere Anzahl vorkam.
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  • Waldhyzinthen haben sehr lange, säbelförmige Sporne, an deren Spitze langrüsselige Nachtfalter mit Nektar bewirtet werden.
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  • Fingerwurz (Dactylorhiza). Im Exkursionsgebiet kommen verschiedene Formen vor, die sich keiner eindeutigen Art zuordnen lassen, man spricht von einem Hybridschwarm. Diese Form zeigt gefleckte Blätter und Lippen mit Schleifenmuster…
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  • … diese ungefleckte Blätter und kaum gezeichnete Lippen…
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  • …diese ungefleckte Blätter und gepunktete Lippen.
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  • Auch die Farbe der Hochblätter variiert bei der Fingerwurz, hier die gepunktete Form mit purpur gefärbten Hochblättern.
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  • Das extrem seltene Helm-Knabenkraut (Orchis militaris, Orchidaceae) ist am Standort durch Verbuschung bedroht.
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  • Die Blüten des Helm-Knabenkrauts ähneln einem behelmten Männchen. Die Bezeichnung "Orchidee" geht auf diese Art zurück – es war die erste von Carl von Linné benannte Orchideen-Art.
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  • Ein großer Bestand (51 Exemplare!) der Pyramiden-Hundswurz (Anacamptis pyramidalis, syn. Orchis pyramidalis, Orchidaceae) war das Highlight der Exkursion. Diese Art gilt selbst in ihrem Hauptverbreitungsgebiet in Südwest-Deutschland als sehr selten, in Westfalen erreicht sie die nördliche Grenze ihres Verbreitungsgebiets und ist nur noch aus der Umgebung von Lengerich bekannt.
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  • Vor allem zu Blühbeginn hat der Blütenstand eine pyramidenartige Form, von der der Name "Pyramiden"-Hundswurz stammt.
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