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Wenn Medizin und Informatik sich verbinden

Die Doktorarbeit von Mediziner Dr. med. Robert Seifert basiert auf einer interdisziplinären Zusammenarbeit, unterstützt vom Exzellenzcluster „Cells in Motion“.
Dr. med. Robert Seifert im Labor: Am Kleintier-PET-MRT führte er Vorarbeiten für seine Doktorarbeit durch.
© CiM/ Foto: E. Wibberg

Medizin und Informatik – zwei Fächer, die viele Menschen auf den ersten Blick wohl nicht in direkten Zusammenhang bringen. Für Dr. Robert Seifert sind sie aber „eine ganz natürliche Kombination“ und eng miteinander verzahnt. Er ist Assistenzarzt in der Klinik für Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Münster und hat täglich mit Bildern aus dem Körperinneren zu tun. Die dort entstehenden Bilddaten sind hochkomplex, weshalb es für Ärzte häufig schwierig ist, rein visuell zu erfassen, wie ausgeprägt eine Erkrankung ist. Daher arbeiten sie mit Informatikern zusammen. Für eine besonders erfolgreiche Zusammenarbeit hat Robert Seifert in diesem Jahr einen Dissertationspreis der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) erhalten. Er und seine Kollegen entwickelten einen Algorithmus, der es möglich macht, Bilddaten präzise zu analysieren und vielleicht in Zukunft Herzkreislauferkrankungen früher und genauer erkennen zu können.

Das Resultat jahrelanger Arbeit: Bereits 2012 begann Robert Seifert als Medizinstudent im „European Institute for Molecular Imaging“ der WWU bei seinem Doktorvater Prof. Dr. Michael Schäfers mit Vorarbeiten für sein Projekt – zunächst mit Bildgebungs-Experimenten an Mäusen. Da die Ursache von Herzkreislauferkrankungen häufig eine chronische Entzündung der Blutgefäße ist, haben die Forscher dort das grundsätzliche Ziel, molekulare Entzündungsprozesse mit chemischen Markierungsmethoden bestmöglich sichtbar zu machen. „Das Problem ist aber, dass auf einem aufgenommenen Bild zunächst nur die punktuellen Entzündungen zu sehen sind. Unsere Idee war es, sich das gesamte Bild anzuschauen und das Muster der Entzündungen in den Gefäßen zu analysieren“, berichtet Robert Seifert. Er nahm Kontakt zu Informatiker Dr. Aaron Scherzinger aus der Forschergruppe um Prof. Dr. Xiaoyi Jiang auf, der schon einige Erfahrungen in Projekten mit biomedizinischem Bezug hatte. „Wir haben uns regelmäßig getroffen, um an einem Bild gemeinsam durchzugehen, was man in der Darstellung verbessern kann. Es galt, eine Zielvorstellung aus medizinischer Sicht zu definieren und einen passenden Programmcode zu entwickeln“, erklärt er. So entstand nach und nach ein Algorithmus, mit dem sich gezielt die stark entzündeten Regionen von Blutgefäßen erkennen lassen.

Erster eigener Antrag auf Forschungsgelder

Was sich so einfach anhört, war nicht zuletzt durch die Forschungsumgebung der Wissenschaftler begünstigt: Vom Exzellenzcluster „Cells in Motion“, dem ihre Arbeitsgruppen angehören, erhielten sie eine zusätzliche Förderung für ein sogenanntes Pilotprojekt. Diese Förderlinie gibt Nachwuchsforschern die Chance, interdisziplinäre Kooperationen zu starten und einen – oft ersten – eigenen Antrag auf Forschungsgelder einzureichen. „Das war eine spannende Erfahrung, vor allem, als wir unser Konzept vor der mit hochrangigen Experten besetzten Bewilligungskommission präsentiert haben“, erinnert sich Robert Seifert. Die Förderung nutzten der Mediziner und die Informatiker vor allem dazu, ihre Methode weiterzuentwickeln und ihre Bilder auch dreidimensional darstellen zu können.

Mittlerweile sind aus den Ergebnissen bereits zwei gemeinsame Publikationen entstanden. Darüber hinaus haben erste Patientenstudien begonnen, unter anderem in Kooperation mit den Kardiologen des Uniklinikums. Ziel ist es, herauszufinden, ob die neue Methode dabei helfen kann, die richtige Therapieentscheidung für Patienten zu treffen, die an Verengungen der Blutgefäße in den Beinen leiden. Die Entscheidung über die passende Therapie fällt Ärzten aktuell nämlich nicht immer leicht: Ein Stent zum Beispiel, der ein Gefäß offenhält, könnte den Patienten helfen – allerdings kontraproduktiv sein, wenn akute Entzündungen vorliegen. Das Beispiel zeigt: „Durch die Forschungsarbeit bekommt man im besten Fall eine Antwort auf die Fragestellung, die man in seinem klinischen Alltag hat. Beide Bereiche hängen eng zusammen“, sagt Robert Seifert. Daher steht für ihn fest, dass er nach seiner Facharztweiterbildung als Arzt arbeiten, gleichzeitig aber weiter forschen und eine akademische Karriere anstreben möchte: „Mein Wunsch ist es, mich weiter an der Schnittstelle von Biomedizin und Informatik zu bewegen.“