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Münster (upm/lp).
Dr. Christian Walburg im Podcast.<address>© Uni MS - Linus Peikenkamp</address>
Dr. Christian Walburg im Podcast.
© Uni MS - Linus Peikenkamp

Gefängnisstrafen sind kein Allheilmittel

Podcast mit Kriminalwissenschaftler Dr. Christian Walburg über Trends, Ursachen und Bekämpfung von Kriminalität

Der Rechtswissenschaftler Dr. Christian Walburg plädiert für einen kritischeren Umgang mit Gefängnisstrafen für Jugendliche. Gefängnisse seien für junge Menschen kein entwicklungsförderndes, sondern ein belastendes Umfeld – die Erwartung vieler Bürger auf eine Einsicht der Täter und ein daraus folgendes kriminalitätsfreies Leben würde sich deswegen oft nicht erfüllen. „Alternative Sanktionsformen wie beispielsweise gemeinnützige Sozialarbeit oder elektronischer Hausarrest sind auf lange Sicht oft sinnvoller – das zeigen Studien und Erfahrungen aus anderen Ländern. Gleichwohl wird man in Fällen von schwerer oder wiederholter Kriminalität auch bei Jugendlichen Gefängnisstrafen nicht ausschließen können“, meint Christian Walburg. Er lehrt und forscht am Institut für Kriminalwissenschaften der Universität Münster und spricht in der neuen „Umdenken“-Podcastfolge der Universität Münster über die Ursachen und Ausprägungen von Kriminalität sowie die Entwicklung krimineller Handlungen in den letzten Jahrzehnten.

Der Kriminologe betont, dass viele kriminelle Handlungen nicht auf eine Ursache zurückzuführen seien. Zum einen spiele das soziale Umfeld, etwa die Familie oder der Freundeskreis, eine wichtige Rolle – mal positiv, mal negativ. Zum anderen seien Straftaten, die mehrheitlich von jungen Männern verübt werden, in vielen Fällen das Ergebnis von Sozialisationsprozessen und in der Kindheit erlernten Verhaltens- und Denkmustern. „Das Gewaltverhalten wird oft dadurch wieder aufgebrochen, dass sich mit 18 bis 20 Jahren viele Veränderungen ergeben. Viele Menschen beginnen in diesem Alter eine Ausbildung oder ihren ersten Job, dadurch verändern sich auch die Freundeskreise. In der Folge ist es deutlich riskanter und unattraktiver, Straftaten zu begehen“, erläutert Christian Walburg.

Der Rechtswissenschaftler spricht sich außerdem dafür aus, den Zusammenhang zwischen Einwanderung und Kriminalität differenziert zu betrachten. „Unter den zahlreichen Flüchtlingen, die 2015 und 2016 nach Deutschland kamen, waren verhältnismäßig viele junge Männer. Sie wiesen somit kriminalitätsbegünstigende Merkmale auf, die mit der Herkunft nichts zu tun haben“, betont der Kriminologe. Die Aussage, diese Gruppe habe mit ihrem Verhalten den rückläufigen Trend an Gewalttaten in Deutschland nachhaltig umgekehrt, sei falsch. Seit ungefähr 20 Jahren sei die Zahl der Straftaten rückläufig.

Dieser Podcast erscheint anlässlich des Tages der Kriminalitätsopfer am 22. März 2024. Seit 1991 macht die Organisation „Weißer Ring“ mit dem Aktionstag auf Menschen aufmerksam, die Opfer von Kriminalität und Gewalt sind und machen auf die Belange von Opfern aufmerksam.

Umdenken – der Podcast der Universität Münster
Im Podcast der Universität Münster kommen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen zu Wort. Sie berichten über ihre Forschungsschwerpunkte, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und ihre persönliche Motivation. Alle Folgen sind auf Spotify, Deezer, Apple Podcasts und unter folgendem Link zu hören: https://www.uni-muenster.de/kommunikation/podcast/index.html

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