Tagung "Münsteraner Gespräche III -

"Gott, der Schöne, liebt die Schönheit"? Postmoderne Blicke auf das Verhältnis zwischen Religion und Kunst"

02. bis 05. Juni 2011

Tagung Muensteraner Gespraeche 3

 

Kunst und Religion eint eine tiefgehende Beziehung: Beide entwerfen seit jeher Wirklichkeitskonzepte, wobei sie bei deren Gestaltung nicht selten aufeinander zurückgreifen: Kunst thematisiert auf verschiedenste Weise religiöse Motive und Erfahrungen, Religion bedient sich der Kunst als ästhetisches Medium, um Göttliches zum Ausdruck zu bringen.

Wie alle Beziehungen unterliegt auch die von Kunst und Religion den Einflüssen und Veränderungen der Zeit, sodass sich – nicht zuletzt durch den Prozess der Säkularisierung – auch die Bilder der Wirklichkeit im Spiegel der Kunst verändern, die sich dann zunehmend von der Religion emanzipiert.

Die Beziehung von Kunst (vor allem Bildende Kunst, aber auch Musik, Tanz und Literatur) und Religionen (vor allem Judentum, Christentum und Islam) durch die Geschichte hindurch wird mit der dritten Folge der vom CRS organisierten "Münsteraner Gespräche" unter dem Titel ""Gott, der Schöne, liebt die Schönheit"? Postmoderne Blicke auf das Verhältnis zwischen Religion und Kunst" zum Thema der Wissenschaft.
 

Thema und Problematik der Tagung

Die Vorträge der Tagung sind in vier Blöcke gegliedert, die bei der Betrachtung des Verhältnisses von Kunst und Religion aus postmoderner Perspektive verschiedene Schwerpunkte setzen:

Der erste Block mit dem Titel "An den Grenzen von Schönheit?" beschäftigt sich mit Fragen zu Religion und Ästhetik: Hat Religion eine ästhetische Seite und wie wird Kunst als ästhetisches Mittel in den Religionen eingesetzt? Welche Konzepte von Schönheit konstituieren sich in der Geschichte und untermauern Religion bzw. grenzen sich von ihr ab? Das Zitat der Titelfrage der Tagung, "Gott, der Schöne, liebt die Schönheit"?, ist dem muslimischen Hadith entnommen und verweist direkt auf die Thematik einer religiös intendierten Ästhetik.

"Künstler – ein anderer Blick?" ist der Name des zweiten Blocks und stellt die Perspektive von Künstlern in den Vordergrund: Wie ist das Verhältnis von Künstlern selbst zu Religion und wie stellen sie in ihren Kunstwerken Religion dar? Es kommen hierbei vor allem die Künstler selbst zu Wort.

Die vielfältigen Ausdrucksformen von Kunst – und damit auch verschiedene Möglichkeiten, Religion und ihre Inhalte zu thematisieren – werden im dritten Block unter dem Titel "Mut zur Form" beleuchtet: Musik und Tanz, Malerei und Literatur sind allesamt Kunst und stellen doch gleichzeitig ganz eigene Wege dar, wesentliche Elemente von Religion zu vermitteln.

Die Tagung wird mit dem Block "Kunst im Streit" abgeschlossen, der besonders die unterschiedliche Ausrichtung von Kunst und Religion verdeutlicht. Mit den Vorträgen wird ein Versuch unternommen, die Grenzen zwischen Religion und Kunst näher zu bestimmen und festzulegen, wann und wodurch genau Kunst für Religion nicht mehr tragbar wird. Es wird ein Gegensatz zwischen religiösen Werten und künstlerischer Freiheit deutlich, der nicht zuletzt durch Beispiele wie die Mohammed-Karikaturen oder das sogenannte Richter-Fenster des Kölner Doms bereits stark in der Öffentlichkeit thematisiert wurde.

Zwei praktische Beispiel dafür, wie die Integration von Religion in die Kunst aussehen bzw. sich anhören kann, bieten die im Rahmen der Tagung stattfindende Kalligraphie-Ausstellung des Aachener Künstlers Shahid Alam sowie das Musikkonzert mit Imane Homsy (Kanun) und Rima Khcheich (Gesang). Da Imane Homsy leider verhindert war, wurde sie von dem niederländischen Kontrabassisten Tony Overwater ersetzt.

Das Konzert findet am 02. Juni um 19:00 Uhr in der Aula des Schlosses statt.

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Zu den Künstlerinnen:

Rima Khcheich begann ihre Gesangskarriere im Alter von acht Jahren und war bereits zwei Jahre später Mitglied der von Selim Sahhab geleiteten Beirut Oriental Troup for Arabic Music. Mit elf Jahren trat sie erstmals als Solistin auf und bot bereits zu diesem Zeitpunkt ein Repertoire, das die schwierigsten Stücke der arabischen Vokalmusik enthielt. Als ehemalige Studentin des Staatlichen Konservatoriums für Musik in Beirut, an dem sie später auch zwölf Jahre lehrte, hat Rima Khcheich, die sich im Laufe ihrer Karriere auf traditionelle arabische Gesangskunst spezialisierte, viele Konzerte im gesamten Vorderen Orient, in Europa und in den USA gegeben. Rima Khcheich ist außerdem alljährlicher Gast in Massachusetts, USA, wo sie an der Mount Holyoke University im Rahmen des "Arabic Music Retreat" - Programms Stimmbildung und Klassischen Arabischen Gesang unterrichtet. Im Jahr 2001 erschien ihr erstes Album "Orient Express"; 2006 ihr Solo-Album "Yalalalli". Ihr drittes Album "Falak" erschien 2008.

Imane Homsy begann im Alter von sieben Jahren am Staatlichen Konservatorium für Musik in Beirut das Kanunspiel. Im Jahre 1991 erhielt sie ihr Diplom mit Auszeichnung. Im Laufe ihrer musikalischen Karriere entwickelte sie an ihrem Instrument eine individuelle Technik. Diese besteht aus dem Spiel mit zehn Fingern, wobei beide kleinen Finger kein Plektrum – ريَشْ tragen, aber dennoch gelegentlich eingesetzt werden. Diese neue Technik bringt in idealem Maße das reiche Klangspektrum des Instruments zur Geltung, fördert die unterschiedlichen Klangfarben und präsentiert insgesamt das gewaltige Potenzial des Instruments. Imane Homsy gehörte zur Besetzung vieler bedeutender Orchester und wirkte im Rahmen ihrer Studioaufnahmen an Musikprojekten zahlreicher bekannter Musiker mit. In dem europäischen Musikprojekt "Medimuses" vertritt sie offiziell ihr Heimatland. Ihr erstes Album "Lord Kanoun" erschien 2008 beim Institut du Monde Arabe.

Tony Overwater ist ein preisgekrönter Kontrabassist, der durch seine unverkennbare Spielweise zu einer Schlüsselfigur des Europäischen Jazz geworden ist. Nachdem er 1989 das Studium am Royal Conservatory absolviert hat, erhielt Tony Overwater im selben Jahr den Podiumspreis als vielversprechendster niederländischer Jazzmusiker. Weitere Auszeichnungen nahm er für seine Band The Tony Overwater Trio entgegen sowie für sein erstes Kinderalbum "Kikker Swingt!". Tony Overwater ist nicht nur für seine Auftritte als Solo-Musiker bekannt, sondern auch für seine vielen gemeinsamen Projekte mit verschiedenen internationalen Künstlern und Künstlerinnen. Neben Auftritten mit seinem eigenen Trio Jungle Boldie und als Sideman u.a. beim Yuri Honing Trio, Karin Hammar Quartet und Levantas, arbeitete Tony Overwater bereits mit gefeierten Künstlern wie z.B. Ack von Rooyen, Misha Mengelberg, Paolo Fresu oder Dave Burrell zusammen. Auch als Komponist feierte Tony Overwater zuletzt große Erfolge. Obgleich er sich in allen Musikstilen zu Hause fühlt, nimmt die arabische Musik in Zusammenarbeit mit der libanesischen Sängerin Rima Khcheich, deren Musikgruppe im Libanon er leitet, in seinem musikalischen Wirken einen besonderen Platz ein.

Die Eröffnung der Kalligraphie-Ausstellung findet am 04. Juni um 09:00 Uhr in der Dominikanerkirche statt. Die Ausstellung wird bis zum 26. Juni 2011 montags bis freitags von 15:00 bis 19:00 Uhr und samstags und sonntags von 09:00 bis 19:00 Uhr geöffnet sein.

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Zum Künstler:

Shahid Alam, geboren 1952 in Lahore, Pakistan, lebt seit 1973 in Deutschland, wo er in der freien Atmosphäre der Gesellschaft der Vielfalt seiner Interessen und deren Verwirklichungsmöglichkeiten nachgehen konnte. Er studierte Pädagogik, Kunst, Politikwissenschaften und Europawissenschaften in Dortmund und Aachen und war über zwanzig Jahre im Bereich der Bildung und Kunst als Lehrer an unterschiedlichen Schulen und Bildungseinrichtungen tätig. Seit 1996 arbeitet er als freischaffender Künstler in Aachen. Die arabische Kalligraphie hat in seiner künstlerischen Tätigkeit einen besonderen Platz eingenommen. Die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten eines Wortes, das erst durch die einzigartige Verbindungskunst der Buchstaben miteinander entsteht, faszinieren ihn auch heute noch - nach mehr als vier Jahrzehnten der Tätigkeit als Kalligraph. Die Buchstaben opfern ihre individuelle Form, fügen sich, um sich dann miteinander zu verbinden. Das entstandene Wort ist ein plastisch ausgewogenes Bild, aus dem Alam wiederum die Formen seiner Skulpturen ableitet. So entsteht eine neue Kunst der Wort-Skulpturen.


Für die Darstellung seiner Kalligraphien bevorzugt Alam vor allem Holz, worauf er mit Holzfedern zu schreiben gelernt hat. Schreiben auf Holztafeln aus Buche, Birke und Ahorn ist eine edle Erfahrung, die er als eine Vermählung der Buchstaben wahrnimmt. Das lebendige Holz beruhigt die federführende Hand und den Atem. Der Künstler fühlt sich in eine andere Welt versetzt, in der man Zeit gewinnen kann. So wird für ihn die Kalligraphie eine Zeit stiftende Tätigkeit. Shahid Alams tiefgehendes Interesse an kulturpolitischen, sozialen und moralischen Grundfragen der Gesellschaft und das aus der Spannung der Interkulturalität heraus gelebte Leben haben sein Wirken als Künstler bestimmt. Mit seiner Kunst der Kalligraphie, Malerei und Bildhauerei versucht er, den interkulturellen Dialog zu fördern und Brücken zwischen den Kulturen zu bauen. Für ihn ist die Kunst, die nur in einer angstfreien Atmosphäre ihre Ausdrucksmöglichkeiten finden kann, die Tochter der geistigen Freiheit. Es ist diese geistige Freiheit, die den Menschen auch die wahre Bedeutung

Weitere Informationen zum Programmverlauf und zum Tagungsort können Sie dem Flyer entnehmen.

Die Referentinnen und Referenten mit ihren Themen im Überblick

Prof. em. Dr. Hans Belting, Karlsruhe:
Eröffnungsvortrag: "Kunst in der Religion. Kunst als Religion. Kunst nach der Religion"

Block "An den Grenzen von Schönheit?"

 

Prof. Dr. Klaas Huizing, Würzburg:
"Die Schönheitslinie. Der Charme der Kunst und der Charme der Religion"

 
Dr. Thomas Lentes, Münster:
"Die Schönheit der Vielfalt im Mittelalter"


Dr. Mag. Mag. Johannes Rauchenberger, Graz:
"Schönheit, Ornament und Gewalt aus der Bildwelt der Orthodoxie, des Islam und des Katholizismus"

 
Prof. Dr. Assaad Elias Kattan, Münster:

""Und sie bereitet uns darauf vor, die ewige Stadt zu empfangen." Zur Funktion der Schönheit in der Orthodoxen Theologie"


Block "Künstler – ein anderer Blick?"

 

Salma Arastu, internationale Künstlerin, Berkeley:

"Art Informed by Spirituality, Islamic Values and Concept of Beauty in Contemporary Culture"

Irinell Ruf, Soziologin, Choreografin und Regisseurin, Hamburg:

""Über Islam rede ich nicht" –Jugendliche zeigen im Tanztheater ihre persönliche Sicht auf gesellschaftliche Bilder"

 

Michael Triegel, Maler, Zeichner und Grafiker, Leipzig:

"Der Stellenwert der Religion in den Werken von Michael Triegel"

 

PD Dr. Johannes Stückelberger, Bern:

"Wie nehmen zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler Kirche wahr?"

  

Block "Mut zur Form"

 

Prof. Dr. Michael Frishkopf, Alberta:
"The Possibility and Necessity of Tarab (ecstasy) in the Mystic Sufi Chant of Egypt"

Dr. Ulrike Stehli-Werbeck, Münster:
"Gemeinsame Werte, Diversifikation und Glaubensfreiheit. Repräsentationen von Religion(en) im postmodernen arabischen Roman"

Anja Lüpken M.A. und Dipl. -Theol. Lucia Traut, Münster:
"TANZKUNSTRELIGION – das Verhältnis von Kunst, Tanz und Religion an den Beispielen von Isadora Duncan und Ruth St. Denis"

Prof. Dr. Barbara Haeger, Ohio:
"Seeing God in Oneself and in the World: Accessing the Divine in Early Modern Painting"

Prof. Dr. Annette Wilke, Münster:
"Leichenacker und Juweleninsel: Bildprogramme zweier indischer Göttinnen"

 

Block "Kunst im Streit"

Prof. Dr. Regina Grundmann, Münster (leider ausgefallen):
"Zum Bilderverbot in der jüdischen Tradition"

Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, Münster (vertreten durch Dr. Jameleddine Ben Abdeljelil):
"Bilderverbot im Islam"

Dr. Guido Schlimbach, Köln:
"Der Kölner Fensterstreit. Gerhard Richter und Markus Lüpertz und ihre Arbeiten für den Dom und St. Andreas"

Prof. Dr. Philipp Stoellger, Rostock:
"Das Bild als Deutungsmacht im religiösen Kontext"

Das Centrum für Religiöse Studien dankt dem Ausländerbeirat der Stadt Münster, der Rühl-Stiftung, dem International Office der WWU Münster und der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG für die organisatorische und finanzielle Unterstützung der Tagung. Ein besonderer Dank gilt auch Frau Christina Varga für die Nutzungserlaubnis einer Abbildung ihres Triptychons bei der Gestaltung dieses Flyers.