Frontalansichten
Ansicht von Südwesten
1570
Hermann tom Ring
Stecher: Remigius Hogenberg
Kupferstich (4 Platten)
34,0 x 112,0 cm
In einem einzigen Exemplar hat sich die bedeutendste Bildquelle zur Topographie Münsters im 16. Jahrhundert erhalten: die über einen Meter breite, von vier Platten gedruckte Südwestansicht, die Remigius Hogenberg (um 1536 - um 1588), Bruder des Kupferstechers und Mitherausgebers der ‘Civitates’ Franz Hogenberg (1540-1590), stach. Die vorbereitende (unbekannte) Zeichnung fertigte Hermann tom Ring (1521-1597), Landmesser, Architekt, vor allem führender münsterischer Maler des 16. Jahrhunderts. Archivalisch belegt sind Daten des Arbeitsverlaufs und Übergabe des Blattes an den Rat der Stadt durch Remigius Hogenberg am 26. Mai 1570. Damit zählt Münster zu den relativ wenigen Städten, die vor 1600 individuell aufgenommene Einblattdrucke besaßen, die in Genauigkeit, technischer Ausführung und bildmäßiger Wirkung weit über dem Standard damals üblicher Stadtdarstellungen liegen. Neben der vorrangigen Vermittlung des Erscheinungsbildes - erschöpfend topographisch ausgewertet von Max Geisberg und Karl-Heinz Kirchhoff - verweisen Wappen (Reich, Bistum und Stadt) und beigegebener Text von Hermann von Kerssenbrock (1519-1585) auf politische Zusammenhänge. Die Wiedergabe der Stadtsilhouette entspricht exemplarisch dem damaligen Bemühen, individuelle Beobachtung mit bildwirksamer Präsentation zu verbinden. Dafür werden bewährte Gestaltungsmittel herangezogen wie der fiktive Blickwinkel, der mehrere im Südwesten angenommene Standorte vereint und der es erlaubt, die Kirchen ohne Überschneidungen und in anschaulicher Übereckansicht zu zeigen. Um die Stadtsilhouette gebührend zu dominieren, werden sie zusätzlich vertikalisiert und in den Proportionen gesteigert. Zur Erzielung einer Stadtkrone ist das Gelände zum Stadtmittelpunkt stark angehoben, werden die Distanzen zwischen den Kirchen verkürzt und die Wohngebäude zum Hintergrund gestaffelt. Deren differenzierter Gestaltungsreichtum wirkt teilweise wie beobachtet, resultiert aber aus einem diesbezüglich umfangreichen Formenrepertoire. Ungewöhnlich großräumig und reich staffiert nimmt der Vordergrund beinahe die halbe Bildhöhe ein. Die vielfältigen Aktivitäten der dort agierenden Personen sind wohl eher Versatzstücke allgemeingültigen als lokalspezifischen Charakters. Verglichen mit Planansichten, etwa der des Everhard Alerdinck (Nr. 3), können Seitenansichten nur begrenzt topographisch informieren, lassen künstlerischer Entfaltung aber breiteren Raum. Daß sie sich hier im konventionellen Rahmen hält, mag an der offiziellen Bestimmung des Blattes, an zeittypischer Auffassung und traditionellen Darstellungsweisen der beiden Künstler gelegen haben. Bis Ende des 18. Jahrhunderts gehen nahezu alle Seitenansichten - meist indirekt über Kopien - auf diesen Kupferstich zurück.
Provenienz
The British Library Map Collections, London;
Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster (Reproduktion als Heliogravüre 1980 im Auftrag des Stadtmuseums Münster von Erhard Schmidt)
Inv.Nr. C - 14362 LM (80 - 1313)
Literatur
- Karl-Heinz Kirchhoff u. Paul Pieper, Münster 1570. Der Kupferstich des Remigius Hogenberg nach einer Zeichnung des Hermann tom Ring, Münster 1980, Münster 1980
- Die Maler tom Ring, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, hg. von Angelika Lorenz, Bd. 1.2, Münster 1996, S. 236-243 u. S. 593-594
- Alois Fauser, Repertorium älterer Topographie. Druckgraphik von 1486 bis 1750, Bd. 1.2, Wiesbaden 1978, Nr. 9360
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 1
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 4
- Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1977, Nr. 14
- Münster 800-1800. 1000 Jahre Geschichte der Stadt, Stadtmuseum Münster, bearb. von Stefan Buske, Münster 1984 , Nr. 133
- Die Wiedertäufer in Münster, Stadtmuseum Münster, hg. von Gerd Dethlefs, 2. verb. Aufl., Münster 1982, Nr. 174
- 1648. Krieg und Frieden in Europa, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, Ausstellungskatalog, Textband I u. Textband II, hg. von Klaus Bußmann u. Heinz Schilling, München 1998, Nr. 764
- Franz-Josef Jakobi, in: Duchhardt 1999, S. 13-18, S. 13-18
Ansicht von Südwesten
1572
Kupferstich
11,0 x 47,0 cm (Blatt: 33,0 x 48,0 cm)
Zwischen 1572 und 1617 brachten der Kölner Theologe Georg Braun (1542-1622) und der Kupferstecher Franz Hogenberg das erste umfangreiche, ausschließlich Stadtdarstellungen enthaltende Sammelwerk unter dem Titel ‘Civitates orbis terrarum’ in sechs Bänden auf den Markt. Bereits der erste Band der lat. Originalausgabe enthält - wie auch derjenige der zwei Jahre später erschienenen deutschen Ausgabe (1574-1618) - eine Darstellung der Stadt Münster; eine professionelle Kopie nach der Ansicht von Hermann tom Ring und Remigius Hogenberg (Nr. 25), angeordnet auf einem Blatt mit den Ansichten von Wesel und Osnabrück. Abweichungen gegenüber der Vorlage resultieren nicht aus Flüchtigkeit oder Fehlinterpretation, sondern aus kompositorischen, einem bestimmten Topos entsprechenden Überlegungen, dem unter anderem die Straffung und weitere Überhöhung der Silhouette in der Bildmitte entspricht. Die Ansicht ist in zwei geringfügig abweichenden, von ein und derselben Platte gedruckten Versionen anzutreffen. Die eine zeigt den Turm der Aegidiikirche mit Satteldach, die andere mit der 1580 aufgesetzten Renaissancespitze und zusätzlich einen Dachreiter (1617/19) mit der Beischrift ‘Clarissae’.
Provenienz
Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Inv.Nr. C - 9941 LM und K 12-16 LM (2. Fassung)
Literatur
- Friedrich Bachmann, Die alten Städtebilder. Ein Verzeichnis der graphischen Ortsansichten von Schedel bis Merian (Leipzig 1939), 2. unv. Aufl., Stuttgart 1965, S. 7-9 u. Nr. 1458
- Alois Fauser, Repertorium älterer Topographie. Druckgraphik von 1486 bis 1750, Bd. 1.2, Wiesbaden 1978, Nr. 9361
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 2
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 5
- Koeman II, S. 15, Nr. 22, Nr. 22
- Raleigh A. Skelton, Einleitung zur Faksimileausgabe Civitates orbis terrarum 1572-1617, Kassel/Basel 1965, Kassel/Basel 1965
- Ingrid v. Kamptz, ‘Civitates Orbis Terrarum’. Ein Städtebuch von Georg Braun und Franz Hogenberg, Diss. Köln 1953, S. 3-6 u. S. 69, S. 3-6 u. S. 69
Ansicht von Südwesten
1603
Heinrich von Trier
Feder, aquarelliert
9,0 x 31,5 cm (Blatt: 92,0 x 92,0 cm)
Das Blatt mit dem Grenzverlauf des Amtes Wolbeck ist die älteste bekannte Grenzkarte eines geschlossenen Gebietes in Westfalen. Sie besticht nicht durch kartographische Genauigkeit, sondern durch Anschaulichkeit und dekorativen Einfallsreichtum, der in ungewöhnlicher Art die Beschriftung dem nahezu kreisrund geschilderten Grenzverlauf folgen läßt. Orte und Einzelbauten sind signetartig in perspektivischer Aufsicht eingetragen. Nur Münster, mittig am oberen Rand plaziert, erfährt eine ausführlichere Darstellung, die in Konzeption und Abstraktion der Ansicht in der ‘Cosmographia’ ähnelt (Nr. 27), von dieser allerdings in der Wiedergabe der Kirchtürme abweicht, die der ortskundige Kartenzeichner wohl nach eigener Anschauung notierte.
Provenienz
NW-Staatsarchiv Münster
Karten A 2755
Literatur
- Hans-Joachim Behr (Hg.), Schöne alte Karten aus den Rheinlanden und Westfalen 1536-1806, Düsseldorf 1984, Nr. 7
- Hans-Joachim Behr u. Josef Heyen (Hg.), Geschichte in Karten. Historische Ansichten aus den Rheinlanden und Westfalen, Düsseldorf 1985, Nr. 196
- Westfalia Picta. Die westfälischen Ortsansichten vor 1900, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, hg. von Jochen Luckhardt, Münster 1987, Nr. 22
Ansicht von Südwesten
um 1646
Gerard ter Borch d. J.
u. Monogrammist G.V.H.
Öl/Lw.
100,0 x 161,5 cm
Der ‘Einzug des holländischen Gesandten Adriaen Pauw in Münster’ anläßlich der Verhandlungen zum Westfälischen Friedensschluß zählt zu den bekanntesten und qualitätvollsten Zeugnissen der münsterischen Bildüberlieferung. Das Gemälde gilt als Gemeinschaftsarbeit des schon zu Lebzeiten hoch geschätzten Genre- und Portraitmalers Gerard ter Borch d.J. (1617-1681) und eines bislang nicht identifizierten Monogrammisten ‘GVH’, dem Landschaft und Stadtbild zugeschrieben werden. Statt durch topographische Treue - in der Malerei des 16./17. Jahrhunderts längst handwerkliche Grundlage, aber kaum künstlerisches Anliegen - zeichnet sich die Stadtsilhouette durch malerische Komposition und effektvolle Akzentuierung spannungsloser Stadtbereiche aus und bleibt doch topographisch identifizierbar. Die bildbestimmende Vordergrundszenerie mit dem Troß des niederländischen Gesandten Adriaen Pauw und dessen Kutsche als Blickfang stammt von Gerard ter Borch. Wie der Monogrammist das Stadtbild, so inszenierte er den Einzug, den tatsächlichen Ablauf stilisierend, um zeremonielle Vorrechte des niederländischen Gesandten verbunden mit dem politischen Anspruch seines Heimatlandes bildrezeptiv wirksam zu dokumentieren. So gesehen irritieren weder die Haltung der Reisenden in der Kutsche (Adriaen Pauw, seine Ehefrau Anna van Ruytenburgh und ihre Enkelin Adriana), die zum Familienportrait gruppiert sind, in dieser Pose allerdings kaum unterwegs gewesen sein dürften, noch die leichte, für eine tagelange Reise bedingt taugliche, sechsspännige Kutsche, der Mangel an Gepäck oder die indifferente Vegetation, die mit entlaubten Ästen und absterbenden Stümpfen, aber auch fülligen Baumkronen, weniger die bestimmte Jahreszeit, als symbolisch den Anlaß der Reise meint. Obschon das Gemälde einen belegten Vorgang thematisiert, ist es kaum als historisches ‘Ereignisbild’ zu sehen, sondern muß eher dem Genre eines ‘Einzugsbildes’ aus dem Bereich der fürstlichen Ikonographie zugeordnet werden.
Provenienz
Stadtmuseum Münster
Inv.Nr. GE - 358 - 2
Literatur
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 25
- S.J. Gudlaugsson, Gerard ter Borch, Bd. 1.2, s’Gravenhage 1959/60, Bd. 1, S. 51-57, Bd. 2, S. 74-76, S. 74-76
- Gerard ter Borch. Zwolle 1617 - Deventer 1681, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster / Mauritshuis Den Haag, Münster 1974 , S. 68-71
- Ausst.Kat. Münster. 800-1800, Münster 1984/85, Nr. 201, Nr. 201
- Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1977, Nr. 29
- 30jähriger Krieg, Münster und der Westfälische Frieden, Stadtmuseum Münster, bearb. von Claudia Becker, Bd. 1.2, Münster 1998, S. 9
- Angelika Lorenz, Barockmalerei und ‘wissenschaftliche’ Kunstsicht, in: Geschichte der Stadt Münster, Bd. 3, S. 433-437, S. 433-437
- Ulrich Thieme u. Felix Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 1-37, Leipzig 1907-50, S. 337
Ansicht von Westen
um 1675 (mit Text Ende 17. Jh.)
Huych Allard / Carel Allard (hier: Verleger)
Kupferstich
42,0 x 205,5 cm (4 Platten)
Gekonnt im Aufbau und Detail, professionell in der Ausführung, hält sich die Ansicht eng an eine Radierung von Gerhard Altzenbachs aus dem Jahre 1618, besticht aber durch gesteigerten Detailreichtum, technische Sorgfalt und Raffinesse der Lichtführung, die der Stadtsilhouette anschauliche Plastizität verleihen. Übernommen ist die unwirkliche Überhöhung der Bebauung zum Stadtmittelpunkt, abgeändert oder ergänzt sind vor allem Wohnbebauung und Befestigung. Der heraldische Hinweis auf den 1650 verstorbenen Bischof Ferdinand von Bayern ist denkmalartig eingebettet in die ruhmreiche Stadtgeschichte, die ihren augenfälligen Ausdruck in der figürlichen Darstellung der ‘FONDAETTEURS DER STADT MUNSTER’ findet. Sie umgeben ein Postament, dessen Frontseite eine kleine aber genaue Kopie der Planansicht von Simon Beckenstein (Nr. 6) ziert und dessen Bekrönung das von Genien flankierte bischöfliche Wappen bildet.
Provenienz
Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, Leihgabe des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens Abt. Münster
Inv.Nr. C - 9791A.V.
Literatur
- Lit: Fauser, Nr. 9374, Nr. 9374
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 11
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 29
- Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1977, Nr. 22
- Koeman I, S. 31, S. 31
- Joseph Prinz, Münster 1648. Gedanken zu einem alten Bild, Münster 1973, Münster 1973
Ansicht von Norden
1777
Karl zur Lippe-Biesterfeld
Tusche, braun laviert
23,0 x 59,5 cm (Blatt: 35,5 x 65,0 cm)
Gelöst von tradierten Darstellungsweisen und inspiriert von einer geänderten, die Stadt im landschaftlichen Zusammenhang sehenden und auch empfindenden Naturauffassung, zeigt der Laienzeichner ausgeprägten Sinn für Komposition und Atmosphäre. Der Bildraum ist in parallelen Schichten aufgebaut. Kulissenartig hebt sich ein dunkler, sparsam staffierter Vordergrundstreifen von der hellen, großflächigen Landschaft des Mittelgrundes ab, dessen Horizont die stärker auf malerische Wirkung denn auf Naturnähe angelegte Stadtsilhouette wie ein schmales Band konturiert. Zwei Drittel der Bildhöhe bleiben der kontrastierenden Wolkenbildung des Himmelsabschnittes vorbehalten. Effektvoll verbindet ein hoher Baumstamm des Vordergrunds die einzelnen Zonen und durchbricht somit auch das Stadtbild, überlegt plaziert im spannungslosen Abschnitt der Silhouette zwischen Überwasserkirche und Schloß. Ungeachtet möglicher Kompositionsvorbilder erweist sich der adelige (Laien-) Zeichner als überdurchschnittlich geschickt. Die gut leserliche Signatur ‘Charles C(omte) d(e) S(chaumburg) Lippe’ weist auf ein Mitglied der gräflichen Familie Schaumburg-Lippe. Zum Zeitpunkt der Datierung vermerkt die Genealogie der Familie Lippe in der Linie Schaumburg allerdings keinen Angehörigen dieses Vornamens, dagegen wohl einen in der Linie Biesterfeld (Karl zur Lippe-Biesterfeld 1735-1810).
Provenienz
Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Inv.Nr. KdZ 219 LM (K 30 - 1)
Literatur
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 121
- Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1977, Nr. 34
Ansicht von Westen
um 1790
Joseph Meurer
Feder
8,0 x 27,5 cm (Blatt: 15,0 x 33,5 cm)
Blick vom Graben, vorbei am südlichen Teil des Schlosses, auf die Stadt, die dank Raffung architektonisch schwach akzentuierter Stadtbereiche als turmreiche Silhouette erscheint, doch übertriebene Vertikalisierung vermeidet. Verglichen mit Ertzenbachs Stadtansicht (Nr. 69), die ebenfalls als Vorlage für Handwerkskundschaften diente, mutet die Zeichnung von Joseph Meurer (1736-1816), der ab 1770 als Maler und Kupferstecher in Münster nachweisbar ist, modern an - besonders in der Wiedergabe des Schlosses, das bei Ertzenbach bildbestimmend barocke Pracht entfaltet, hier jedoch nebensächliche Notierung findet. Zur Hälfte angeschnitten, fast ohne Dekor und ohne Distanz gebietende Gärten, dagegen vom Wildwuchs bis zur Beletage verdeckt, wirkt es wie ein düsteres, isoliertes Monument. Auf der Höhe des Zeitgeschmacks erweist sich Meurer auch in der strengen Architekturrahmung, die mit ionischem Kyma, Hermenpilastern und Akanthus klassizistische Ornamentmotive zitiert und mit den Trompeten Famas - seitlich des Stadtwappens - vom Ruhme Münsters kündet.
Provenienz
Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Inv.Nr. K 63 - 396 LM
Literatur
- Klaus Stopp, Die Handwerkskundschaften mit Ortsansichten. Beschreibender Katalog der Arbeitsatteste wandernder Handwerks-gesellen. 1731-1830. Katalog Bundesrepublik Deutschland, Bd. 4, Landau - Rottweil, Stuttgart 1983, Nr. D 350
- Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1977, Nr. 33
Ansicht von Südwesten
1795
Aquarell
9,5 x 16,5 cm (Blatt: 18,0 x 11,0 cm)
Das kleine Bild mit der Ankunft französischer Emigranten in Münster ziert den Umschlag einer handschriftlichen Liste emigrierter Geistlicher, die 1794/95 in Stadt und Hochstift Münster Aufnahme fanden. Über 400 geflüchtete Kleriker, darunter zwei Kardinäle und dreizehn Bischöfe, sind für die Jahre 1795/96 in der Stadt bezeugt. Daß sich Münster bevorzugt als Zufluchtsort für die Geistlichkeit sah, symbolisiert die gänzlich auf Sakralbauten reduzierte Stadtsilhouette mit einer darüber schwebenden weiblichen Figur, die mit dem Kreuz der Fides in der Hand und dem Anker der Spes zu Füßen zwei theologische Tugenden zugleich vertritt. Die Stadt allein in ihren Umrißformen anzugeben, bereitet dem anonymen Laienzeichner ebenso Schwierigkeiten wie die Personengruppe im Vordergrund, bestehend aus einem dreiköpfigen Empfangskomitee, auf das eine Gruppe von Flüchtlingen in scherenschnittartiger Seitenansicht zuschreitet. Die naive Unbefangenheit des Zeichners, ob im szenischen Geschehen, in Topographie oder Landschaftmotiven, überspielt zeichnerische Unbeholfenheit und verleiht dem Aquarell einen eigenen, in seiner Kargheit die Situation atmosphärisch treffend erfassenden Charakter, fern akademischer Bewertungskriterien.
Provenienz
NW-Staatsarchiv Münster
Depositum Altertumsverein, Mscr. Nr. 195
Literatur
- Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1977, Nr. 35
Ansicht von Südwesten
1798
Franz Wernekinck
Aquarell u. Deckfarben
12,0 x 26,0 (Blatt: 50,5 x 37,5 cm)
Der Arzt, Botaniker und münsterische Universitätslehrer Franz Wernekinck (1764-1839) plante Ende des 18. Jahrhunderts ein mehrbändiges Werk über wild wachsende Pflanzen im Bistum Münster. Das aufwendige und kostspielige Unternehmen gedieh im Druck nicht über Titelblatt, Dedikation und sechs Seiten Text hinaus. Nur auf das Titelblatt eines Exemplars der wenigen erhaltenen Drucke ist eine Ansicht von Münster gezeichnet, die folglich nicht als Vorlage für eine druckgraphische Umsetzung gefertigt, sondern exemplarspezifisch sein dürfte. Obgleich als Künstler nur mit botanischen Motiven belegt, dürften Beobachtungsgabe und zeichnerisches Darstellungsvermögen Franz Wernekinck auch zu anderen Bildinhalten befähigt haben, etwa zu der Münster-Ansicht auf dem Titelblatt. Aufgenommen von einem Standort nahe der Weseler Straße, wird der Blick über einen weiten, sparsam gestalteten Vordergrund und vorbei an Kommenden- und Pluggenwindmühle auf die Silhouette geführt. Die Stadt treffend charakterisierend, dabei perspektivisch nicht ungeschickt, entfernt sich die Ansicht lediglich in der Überbetonung der Sakralbauten von der tatsächlichen Umrißsilhouette. Erst in der Vergrößerung offenbaren sich Darstellungsmängel. Angefangen bei der Schilderung des Schlosses, das seine Dreiflügelform verloren hat während die Nikestatue beträchtlich an Höhe gewann, bis zur Ludgerikirche, deren Turm nicht länger die Trennung von Chor und Langhaus betont, sondern wie ein Campanile neben das Kirchengebäude gestellt ist.
Provenienz
Universitäts- und Landesbibliothek Münster
Literatur
- Hans Kaja, ‘Franz Wernekinck’. Arzt und Botaniker (1764-1839) und seine Pflanzenbilder aus dem Münsterland, Münster 1995, Münster 1995
Ansicht von Süden
um 1802
Feder, laviert
17,5 x 33,0 cm
Um Naturnähe der wichtigsten Bauten bemühte Südansicht, die auf eigene Beobachtungen zurückgehen dürfte. Zu den bis dahin bekannten Zeichnungen und Graphiken läßt sich keine Bildabhängigkeit feststellen. Die anonyme Ansicht findet sich zusammen mit je einer Darstellung der Rathausfassade (Nr. 490) und der Lambertikirche (Nr. 303) in einer undatierten französischen Handschrift, die zusammenfassend Kerssenbrocks Geschichte der Wiedertäufer enthält. Vermutlich stammt sie, wie auch die Zeichnungen, von einem der zahlreichen nach Münster geflüchteten Emigranten. Bild- und Textangaben ermöglichen eine enge Eingrenzung ihrer Entstehung. Auf der Rathausfassade, ebenfalls ad naturam gezeichnet, sind noch die 1803 beseitigten Einbauten in der Bogenhalle zu sehen. Die untere Zeitgrenze setzen die Erläuterungen zur Gesamtansicht mit dem Hinweis, die Mühle vor dem Aegidiitor sei zwischen 1799 und 1800 errichtet worden.
Sehr genau vermerkt der Zeichner die wichtigsten Bauten, angefangen beim Schloß (1), über die genannte Mühle (2) und einem bezifferten, doch in der Legende nicht aufgeführten, unscheinbaren Gebäude (3) bis zur Georgskommende (4). In dichtem Abstand folgen die Petrikirche der Jesuiten (5), die Liebfrauenkirche (6), das Observantenkloster (7), die Aegidiikirche (8), das Magdalenenhospital (9), das Kapuzinerkloster (10) und der bildmittig situierte Dom (11), vor dessen Langhaus kaum wahrnehmbar die Spitze der Jacobikirche (12) erscheint, gefolgt von der gleichfalls unscheinbaren Kirche der Minoriten (13). Kräftige Akzente setzen zur rechten Bildkante hin die Türme von Ludgeri-, Lamberti-, Martini- und Dominikanerkirche (14-16 u. 18). Links der Dominikanerkirche das Klarissenklosters (17), rechts die Clemenskirche (19), der spitze Dachreiters des Klosters Mariental, gen. Niesing (20) und schließlich eine ‘jolie maison’ (21), gebaut auf dem alten Festungswerk zwischen Ludgeri- und Servatitor. Gemeint ist das Ende des 18. Jahrhunderts von Johann Engelen auf der ehemaligen Johannis-, späteren Twickel-Schanze errichtete stattliche Wohnhaus, nach dessen Erbauer die Schanze abermals umbenannt wurde.
Provenienz
Stadtmuseum Münster
Inv.Nr. HS 2925
Ansicht von Südosten
1815
J.Chr. Savin
Radierung u. Kupferstich
28,5 x 45,0 cm (Blatt: 34,0 x 47,0 cm)
Das Blatt ist in zwei Versionen bekannt. Einem unvollendeten Vorabdruck auf dem die radierten Teile fertiggestellt sind während die mit dem Stichel zu bearbeitenden - Himmel und Gewässeroberflächen - als weiße Flächen erscheinen. In der endgültigen, hier gezeigten Version, weist die Signatur J. Chr. Savin als entwerfenden und radierenden Künstler aus. Vielleicht ist er identisch mit dem 1764 in Grenoble geborenen Zeichner und Kupferstecher Jaques Christophe Savin. Zu sehen ist die Stadt aus großer Distanz von einem Standort bei Haus Lütkenbeck: eingebettet in die umgebende Natur, deren dichte Vegetation lediglich die Türme der Silhouette erkennen lassen. Zum bildbestimmenden Motiv gerät der Vordergrund - ein locus amoenus, komponiert aus stimmungsbetonenden Versatzstücken: stille und mäandernde Gewässer, pittoreske Gesteinsformation, malerische Vegetationsvielfalt, pastorale und bukolische Idylle und ein in Betrachtung all dessen versunkenes Paar. In der Bearbeitung mit dem Stichel vollendete Savin nicht nur das Blatt, sie diente ihm darüber hinaus zur Betonung von Stimmungswerten, etwa der Verteilung von Licht und Schatten, die den Gegenständen Plastizität und der Komposition Tiefe verleiht, den Vordergrund kulissenartig in bildparallelen Schichten kontrastieren läßt und die ferne Silhouette in Sonnenlicht taucht. Die Hell-Dunkel-Effekte konturieren die Komposition und zeigen den Künstler deutlicher als Vertreter der traditionellen heroischen, denn der romantisch gestimmten Landschaft des beginnenden 19. Jahrhunderts. Technisch besticht das Blatt durch große Sorgfalt und feine Nuancierung der Grautöne, die bereits der Wirkung des späteren Stahlstichs nahekommt.
Provenienz
Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Inv.Nr. K 11 - 09 LM
Literatur
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 54
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 147
- Ausst. Kat. Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten, Münster 1977, Nr. 36, Nr. 36
- Das malerische und romantische Westfalen. Aspekte eines Buches, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1974, Nr. 188
Ansicht von Südwesten
1815/16
J.Chr. Savin
Kupferstich
8,0 x 14,0 cm (Blatt: 11,5 x 16,5 cm)
Lose Folge von 14 Ansichten aus Münster ohne Titel
Provenienz
Die Ansicht von Südwesten auf die Stadt ist eines von vierzehn für den Verlag Coppenrath gefertigten, kleinformatigen Blätter, die ohne Gesamttitel 1815/16 auf den Markt kamen und die ebenfalls Savin als Entwerfer und Kupferstecher angeben. Qualitativ liegen sie in einem Maße unter der eben genannten Ansicht, daß zwei Künstler zu vermuten sind. Auch die Signatur weist in diese Richtung: auf dem großen Blatt steht sie korrekt unterhalb der Darstellung, auf den kleinen Stichen ist sie nachträglich, teils an unüblichen Stellen angebracht, etwa unterhalb der Objektbezeichnung oder neben der Verlagsadresse. Wenn der in Grenoble geborene Zeichner und Kupferstecher Jaques Christophe Savin, der u.a. Ansichten von Rom für einen Londoner Verlag fertigte, in Zusammenhang mit Münster zu bringen ist, dann in erster Linie mit einer Ansicht vom Schloß und dem eben genannten Fernblick von Südosten. Letzterer vereint professionell künstlerischen Entwurf mit routinierter Ausführung und läßt die vorliegende Südwest-Ansicht aus der Coppenrathschen Folge nahezu dilettantisch wirken, ob in der simplen, symmetrischen Rahmung aus überschnittenen Bäumen, dem kahlen Mittelgrund, dem lediglich zitatartigen Realitätsbezug zur Architektur in kaum bewältigter Perspektive, den hölzernen Staffagefiguren, dem Fehlen jeglicher Stimmungswerte oder der groben, sichtbar mühsamen graphischen Ausführung. Diese hat nichts gemeinsam mit der Professionalität des zuvor genannten Blattes. Gewählt ist ein Standort auf der Promenade nahe dem Aegidiitor, von dem der Blick auf den bedeutsamsten und malerischsten Rest der Befestigung fällt: auf das Rondell des Neuwerks und die anschließende, bis zum Einfluß der Aa in die Stadt reichende Mauer. Dahinter ragen über wenigen Häuserdächern die Türme der Sakralbauten empor.
Literatur
- WP 76/1/357 und 76/1/358, WP 76/1/357 und 76/1/358
Ansicht von Südwesten
1821
Friedrich von Boeselager
Öl/Lw.
30,5 x 41,0 cm
Für seinen Laienstatus überdurchschnittlich geschickt, kopierte Friedrich Freiherr von Boeselager (1799-1856) den wenig zuvor entstandenen Kupferstich von Savin (....), zudem in der schwierig zu handhabenden Technik der Ölmalerei. Sich inhaltlich genau an den Kupferstich haltend, vermag er nicht nur anschaulicher und differenzierter zu schildern, sondern korrigiert auch auffällige perspektivische Fehler. Klar konturiert und detailliert setzen sich Sakralbauten von Wohnhäusern und mancher nadelspitze Kirchturm von hochgewachsenen Pappeln ab, was zu unterscheiden die Vorlage nicht immer erlaubt. Bauformen eng adaptierend, bringt er doch eigene Beobachtungen ein, etwa die architektonische wie dekorative Gliederung der Kirchtürme, die Struktur der Befestigungsreste oder die Differenzierung ungeordneter Baumassen, mit denen die Vorlage den Raum zwischen Rondell und linker Bildkante füllt. Auf einen Angler reduziert er die Personenstaffage; dieser erscheint dafür in Dimensionen und Betätigung glaubwürdiger als der vorgegebene.
Provenienz
Privatbesitz
Ansicht von Südwesten
um 1830
Porzellanmalerei
Kanne: Höhe 12,0 cm
Ansicht: ca. 5,0 x 6,5 cm
Milchkännchen in bauchiger Urnenform auf eingeschnürtem, profiliertem Fuß. Die grünlichbraune Glasur des Korpus spart auf der Schauseite ein goldgerahmtes Bildfeld aus, mit einer nach Savins Kupferstich (Nr. 89) nicht besonders fein gemalten Ansicht von Münster, die in der Umsetzung auf eine wesentlich reduzierte Bildbreite eine nahezu kuriose Raffung und Vertikalisierung erfährt. Allerdings waren bei Gebrauchsporzellan Miniaturmalereien eher die Ausnahme, beschränkt auf hochwertige Manufakturen mit Auftragsarbeiten, bei denen herausragende Qualität erreicht wurde, besonders in der Wiedergabe von Portraits .Das Kännchen gehört zu einem Service, von dem noch eine Tasse mit einer Ansicht des Schlosses (Nr. 459) bekannt ist.
Provenienz
Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Inv.Nr. P - 556 LM
Literatur
- Das malerische und romantische Westfalen. Aspekte eines Buches, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1974, Nr. 258
- Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1977, Nr. 44
Ansicht von Südwesten
1834
Carl Anton Moll
Lithograph: Heinrich Anton Auling
Lithographie
32,5 x 48,5 cm
Aufgenommen vom Neuen Krug an der Weseler Straße, dem ehemaligen Standort einer Sägemühle, fällt der Blick vom terrassenartigen Vordergrund auf die unmittelbare Umgebung des Stadtgebietes und die Türme der vom Schloß bis St. Mauritz reichenden Silhouette. Der Entfernung entsprechend erscheinen sie schemenhaft, lediglich durch Umrißform und charakteristische Details individualisiert. Nur ihre Überhöhung verhindert, daß die genrehafte Vordergrundszenerie zum bildbestimmenden Motiv gerät. Der obligatorische, seitlich rahmende Baum ist hier zu einer Baumgruppe erweitert, deren Laubwerk das Bild bis zur Mitte füllt und so diese Bildseite übermäßig akzentuiert, zusätzlich unterstrichen vom Blickfang der Vordergrundszenerie, einem vorbeiziehenden Pferdefuhrwerk. Der Entwurf stammt von dem wenig bekannten münsterischen Portrait- und Landschaftsmaler Carl Anton Moll (1802-1842), die Ausführung von Heinrich Anton Auling (1806-1882). Letzterer erlernte das Zeichnen bei Franz Michelis d.Ä. (1765-1835) am Paulinum, die lithographische Technik bei Cornelius Schimmel (1793-1867), einem der führenden Lithographen in Münster, zu denen neben Christian Espagne (1794-1838) er dann selber zählte.
Provenienz
Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Inv.Nr. K 12 - 47 LM
Literatur
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 56
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 168
- Das malerische und romantische Westfalen. Aspekte eines Buches, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1974, Nr. 190
- Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1977, Nr. 38
- Drei münsterische Lithographen. Christian Espagne. Cornelius Schimmel. Heinrich Auling, Stadtmuseum Münster, bearb. von Susanne Paul-Menn, Münster 1990, Nr. 29
Ansicht von Südwesten
um 1850
Porzellanmalerei
Kanne: Höhe 21,0 cm
Schlanke, birnenförmige Kaffeekanne auf eingezogenem Standring mit s-förmigem Henkel und geschwungenem, hochgezogenem Ausguß, der in Form eines Tierkopfes endet. Henkel, Ausguß, Standring und pinienförmiger Knauf des flachen, eingelassenen Deckels sind gold staffiert. Auf den Schauseiten des weiß glasierten Korpus ist je ein goldgefaßtes Rechteckbild plaziert mit den Ansichten von Arnsberg bzw. Münster. Letztere orientiert sich an Savins Kupferstich, vermittelt aber ein ansprechenderes und glaubwürdigeres Bild als die Vorlage (Nr. 89). Zum einen liegt dies an der wesentlichen Reduktion der Turmhöhen und der insgesamt stimmigeren Proportionierung der Silhouette, zum anderen an der gefälligen Komposition von Natur und Architektur.
Provenienz
Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Inv.Nr. P 378 LM
Literatur
- Das malerische und romantische Westfalen. Aspekte eines Buches, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1974, Nr. 241
- Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1977, Nr. 43
- Westfalia Picta. Die westfälischen Ortsansichten vor 1900, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, hg. von Jochen Luckhardt, Münster 1987, Nr. 144
(Teil-) Ansicht von Osten
um 1860
Aquarell
30,5 x 45,0 cm
Titelblatt zu einem Album mit 64 Zeichnungen und Aquarellen aus dem Besitz des Malers Alexander Michelis (1823-1868). Der in Münster geborene Künstler studierte 1843-1850 an der Akademie in Düsseldorf und lebte dort bis zu seiner Übersiedlung nach Weimar 1863, wo er bis zu seinem Tod an der großherzoglichen Kunstschule unterrichtete. Das Blatt entspricht der gleichermaßen phantasievollen wie überladenen Manier, in der etliche Düsseldorfer Akademiemaler der zweiten Jahrhunderthälfte Zierblätter für Alben, Erinnerungsbücher, Chroniken, aktuelle Ereignisse usw. entwarfen, darunter als wohl bekanntester Caspar Scheuren. Seine sogenannten ‘Arabeskenblätter’ sind opulent inszeniert, mitunter recht pathetisch und sentimentbeladen. Ähnliches bahnt sich auf dem vorliegenden Blatt an. Aus unendlicher Himmelsferne ziehen Genien spielerisch eine Blüten- und Blattgirlande über die rheinseitige Silhouette von Düsseldorf hinweg in die Bildmitte. An Dimension zum Vordergrund erheblich zunehmend umgibt die Girlande dort drei Wappenschilde (Düsseldorf, Nürnberg und Münster) sowie zwei asymmetrische Bildfelder und das Wort Album, arrangiert aus vielfach gewundenen und zu Lettern verknoteten Bändern. Das linke Bildfeld füllt eine Teilansicht von Nürnberg, das rechte eine von Münster. Der ungewöhnliche, spontane Blickwinkel, aus dem beide Städte zu sehen sind, zeugt von souveräner künstlerischer Sicherheit, der weder topographische Übersichtlichkeit noch Detailtreue ein besonderes Anliegen war. Dennoch sind die Städte unverwechselbar charakterisiert: Nürnberg im Blick vom Spittlertor über Lorenzkirche zur Burg, Münster von der geschickt überschnittenen Überwasserkirche zu Dom und St. Lamberti und Düsseldorf von der attraktiven Rheinseite.
Provenienz
Privatbesitz
Ansicht von Nordosten
um 1865
Gustav Frank
Königl. lithographisches Institut, Berlin
Lithographie
35,0 x 57,5 cm (Blatt: 46,0 x 63,0 cm)
Blick vom Turm der Martinikirche auf die Stadt mit der Lambertikirche in der Mittelachse. Große Genauigkeit, ein bis dahin nicht gekannter Detailreichtum und die präzise zentralperspektivische Erfassung der Bebauung lassen fototechnische Hilfsmittel vermuten, zumal sich Gustav Frank gänzlich auf diese überblickartige Aufnahmeform spezialisierte. Geschickt sind die groß dimensionierten, da nahe dem Betrachterstandort gelegenen Bauten an der Martinistraße dunkel abgedeckt, um den Blick auf die hell beleuchtete Bebauung an Neubrücken- und Hörsterstraße zu lenken sowie auf deren architektonische Merkmale, den großen bzw. kleinen Romberger Hof. Die Horizontlinie überschneidend ragen aus der Vielfalt der Haus- und Dachformen die Türme und Kuppeln der Sakralbauten heraus, entsprechend ihrer jeweiligen Entfernung zum Aufnahmeort detailliert nahsichtig oder schemenhaft entfernt, wie der oberhalb des Chores von St. Lamberti angedeutete Turm der Ludgerikirche. Ohne Korrektur präsentiert aber auch Frank das Stadtbild nicht. So dürfte einiges nicht in der geschilderten Deutlichkeit wahrzunehmen sein, etwa die Sägemühle an der Weseler Straße oder auch das Schloß, anderes dagegen kaum zu übersehen sein, wie Fabrikschornsteine, die hier an keiner Stelle das Stadtbild verunzieren. Dennoch kann Franks Darstellung als eines der wertvollsten Bilddokumente zur Stadtbaugeschichte gelten, da die Fotographie zu dieser Zeit noch nicht in der Lage war, einen derart weiträumigen Ausschnitt des Stadtgebietes in vergleichbarer Präzision wiederzugeben.
Provenienz
Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Inv.Nr. K 20 - 66 LM
Literatur
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 61
- Max Geisberg, Die Ansichten und Pläne der Stadt Münster i.W., Münster 1910, Nr. 174
- Münster. Bilder aus fünf Jahrhunderten. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, bearb. von Bernard Korzus, Münster 1977, Nr. 12
Ansicht von Süden
um 1895
E. Frank
Lichtdruck
32,0 x 49,0 cm (Blatt: 40,0 x 55,0 cm)
Architektonisch genaue Bestandsaufnahme der Stadt, aufgenommen von erhöhtem Standort am Ludgeriplatz. Der Blickwinkel reicht vom Schloßplatz an der linken Bildkante bis zu den Türmen des Bahnhofsgebäudes an der rechten und dehnt sich bis zur nördlichen Stadtgrenze in die Tiefe; selbst der Buddenturm ist zwischen Überwasserkirche und Dom noch zu sehen. Vermutlich hat E. Frank nicht wie angegeben nach der Natur, sondern nach fotographischen Vorlagen gezeichnet. Zur Entstehungszeit des Blattes reproduzierte die Druckgraphik längst nach Fotographien. Schon um 1870 empfiehlt sich beispielsweise in Münster Heinrich Aulings lithographisches Atelier in diesem Verfahren (vgl. Nr. 128). Sinsel & Co. in Leipzig waren darauf spezialisiert, wie zahlreiche Vergleichsbeispiele belegen, darunter für Westfalen Bielefeld und Minden. Auch hierfür lieferte E. Frank die Vorlagen - architektonisch ähnlich detailliert und betriebsam staffiert.
Provenienz
Stadtarchiv Münster
Sign. Ansichten 177

