Jüdische Gemeinschaften in Westfalen und Lippe digital

Jüdische Gemeinschaften digital bietet eine Übersicht zu Zeiträumen und Organisationsformen jüdischen Lebens in den Orten der Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster. Grundlage ist das vom Institut für vergleichende Städtegeschichte gemeinsam mit der Historischen Kommission für Westfalen herausgegebene Werk „Historisches Handbuch jüdischer Gemeinschaften in Westfalen und Lippe“ [zum Projekt] (2008–2016). Die Übersichtskarten der Regionalbände wurden an dieser Stelle zu einer Karte zusammengeführt und vereinheitlicht.

Die interaktive Karte ist in räumlicher wie zeitlicher Struktur dynamisch. Über Layer können verschiedene Kartengrundlagen sowie administrative Grenzen ein- und ausgeblendet werden. Auch die verschiedenen Phasen jüdischen Lebens – von vor 1500 bis 2016/2017 – sind auswählbar. Popup-Elemente informieren über die Anzahl von Juden zu bestimmten Zeiten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sowie über erhaltene Kultusstätten (Friedhöfe, Synagogen sowie Mikwen).

Interaktive Karte zu den Jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe

Erläuterungen der Ortsinformationen

Der erste Beleg gibt Auskunft über den frühesten bekannten Nachweis von Juden am Ort bzw. über die Anzahl von Juden zu Zeitpunkten, die nicht den gewählten Zeitschnitten entsprechen.

Als einheitliche Zeitschnitte wurden für Orte in Preußen die Stichjahre 1858, 1871, 1895 und 1925 gewählt. Inhaltlich sind damit die Einrichtung der Synagogenbezirke (1850er Jahre) und die Phasen der Reichsgründung, der Hochindustrialisierung sowie – nach Erstem Weltkrieg und Hyperinflation – eine Zeit relativer Stabilisierung in Politik und Wirtschaft abgedeckt. Von 2016/17 stammen die letzten Angaben zu Mitgliederzahlen der jüdischen Gemeinden in Westfalen und Lippe. Für Orte in Lippe wurden statt der Stichjahre 1871 und 1895 die Jahre 1880 und 1900 gewählt, da nur für diese Jahre Statistiken vorliegen.

In Klammern ist jeweils die Gesamteinwohnerzahl angegeben. Zahlenangaben beziehen sich auf Einzelpersonen; „Familien“ sind als solche gekennzeichnet. Die Einwohnerzahlen wurden dem „Historischen Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe“ entnommen. Die Angaben für 1858, die in den drei Regionalbänden nur teilweise publiziert sind, wurden ergänzt (1). Sind keine Zahlen aufgeführt, fehlen hierzu Aussagen in den Quellen.

Für manche Orte (z.B. Habinghorst/Castrop-Rauxel) ließ sich die Anzahl der dort wohnenden Juden nicht ermitteln, doch es sind jüdische Geschäftsleute in der Literatur belegt. In wenigen Fällen (z.B. Bökendorf/Brakel, Dolberg/Ahlen, Liedern/Bocholt und Vellern/Beckum) ließen sich keine Juden nachweisen, diese Orte wurden nur im Zusammenhang mit der Einteilung der Synagogenbezirke in den 1850er Jahren erwähnt.

Historische Bezeichnungen aus den Statistiken wie „Freiheit“, „Gerichtsbezirk“, „Herrlichkeit, „Landgemeinde“ oder „Wigbold“ wurden für den jeweiligen Zeitpunkt übernommen. Eingemeindungen werden in Einzelfällen erwähnt, da einige Orte mit jüdischer Bevölkerung durch die kommunale Neuordnung in anderen Städten aufgegangen sind.

Kultusstätten sind in der Karte nur verzeichnet, wenn sie sichtbar erhalten geblieben sind. Darin unterscheidet sich die Kartierung von dem Werk von Pracht-Jörns (2). Friedhöfe werden nicht erwähnt, wenn lediglich ein Erinnerungsmal an einen ehemaligen jüdischen Friedhof erinnert. Synagogen werden genannt, wenn es sich um eigenständige Gebäude handelte. Erhaltene Synagogengebäudereste wie z.B. in Enniger, Körbecke, Laasphe und Lüdenscheid werden ebenfalls erwähnt. Noch vorhandene Bauwerke, in denen sich zeitweise Betsäle befanden, werden nicht generell aufgeführt, aber Reste davon, sofern sie öffentlich zugänglich sind. Das ist z.B. in Lüdenscheid der Fall, wo Reste des ehemaligen Betsaals in die Stadtbücherei integriert wurden. Synagogenneubauten nach 1945 sind dann verzeichnet, wenn sie auf dem Grundstück der vormaligen – während der NS-Zeit zerstörten – Synagoge (z.B. Gelsenkirchen, Herford, Münster) oder des vormaligen Gemeinde- bzw. Schulhauses (z.B. Recklinghausen) errichtet wurden.

Die Belege beziehen sich auf die Regionalbände des Handbuchs (A = Bd. Arnsberg; D = Bd. Detmold; M = Bd. Münster) bzw. auf neuere Forschungsergebnisse.

Allen Karten liegen die Kreis- bzw. Amts- und Gemeindegrenzen der 1850er Jahre zugrunde. Grundlagen für die digitale Karte:

  • Preußische Landesaufnahme 1891–1912 (Maßstab 1:25.000); sie wird sichtbar ab einem Darstellungsmaßstab von ca. 1:60.000
  • Reliefkarte des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG)
  •  aktueller Web-Atlas vom BKG

Die vergebenen Ortspunkte sind jeweils in der Ortsmitte eingezeichnet. Sie entsprechen nicht dem Standort von Synagoge oder Friedhof bzw. dem Sitz der jüdischen Gemeinde.

Die Kartenlegende der gedruckten Versionen wurde erweitert um Orte mit jüdischen Einwohnern vor dem Jahr 1500. Die Erläuterungen zu den gedruckten Einzelkarten sind hier als PDF hinterlegt.

 

 Rita Schlautmann-Overmeyer

 

1) Statistische Nachrichten über den Regierungs-Bezirk Münster für die Jahre 1858–1860, nach amtlichen Quellen bearb. von Regierungs-Rath König, Münster 1860 sowie Reekers, Stephanie/Schulz, Johanna, Die Bevölkerung in den Gemeinden Westfalens 1818–1950, Dortmund 1952.

2) Pracht-Jörns, Elfi, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen (= Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern), Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster, Köln 1998–2005.