Teilnahme Research Workshop "Arabic Pasts" 2022, London

Antragstellende: Natalie Kraneiß
Fachbereich, Studienrichtung: FB 09, Promotion Islamwissenschaft und Arabistik

Zum Programm des Research Workshops "Arabic Pasts" 2022

Vortrag: "Same Old, Same Old? – An Examination of the Kitāb al-Ansāb of al-Samʿānī (d. 562/1166) and its Later Revisions with Simple Digital Methods"

Vom 6. bis 8. Oktober 2022 fand im Aga Khan Centre in London der seit mehreren Jahren etablierte Research Workshop Arabic Pasts statt, der dazu dient, in einer kollegialen, unterstützenden und wertschätzenden Atmosphäre vorläufige Überlegungen und Beobachtungen vorzutragen und zu diskutieren.

Am ersten Konferenztag trugen renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor, deren Vorträge – wie sich am Ende des Tages herausstellte – in einem überraschend enthüllten Festband zu Ehren eines der Organisatoren, Prof. Dr. Hugh Kennedy, versammelt waren. Es war bewegend, von den persönlichen Begegnungen der Vortragenden mit Hugh Kennedy als Lehrer, Kollege und Freund zu hören – und von den vielen Forschungsprojekten, die von seiner Arbeit inspiriert waren. Am Ende des Tages stellte Hugh Kennedy selbst seine neue Übersetzung des Futūḥ al-Buldān von al-Balāḏurī vor. Zum krönenden Abschluss wurde ihm – völlig perplex, gerührt und in Anwesenheit seiner Familie und Enkelkinder – eine Ausgabe des Festbands überreicht, in dem die Beiträge von 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern enthalten sind. Diese familiäre, freundschaftliche Atmosphäre hat mir einen Eindruck davon vermittelt, wie ein gelungenes, erfolgreiches Leben als Wissenschaftler aussehen und schließlich auch belohnt werden könnte.

Am zweiten und dritten Tag fand das reguläre Programm des Workshops statt, in dem verschiedene Forschungsprojekte aus der gesamten Tiefe der islamischen Geschichte, von der Frühzeit des Islam bis in das 20. Jahrhundert, und in ihrer ganzen regionalen Breite von al-Andalus bis weit in den Osten der islamisch geprägten Welt vorgestellt wurden. Die Veranstalter Sarah Savant, Hugh Kennedy und James McDougall betonten, dass dies in der Tat Auswahlkriterien bei der Zusammenstellung des Programms gewesen seien – und dass Vortragende aller Karrierestufen eingeladen worden seien, ihre Projekte in unterschiedlichen Stadien der Fertigstellung vorzustellen.

Bei diesem Workshop konnte schließlich auch ich als Nachwuchswissenschaftlerin und Doktorandin am Institut für Arabistik und Islamwissenschaft in Münster einige Überlegungen zu meinem Forschungsthema „Das Kitāb al-Ansāb von al-Samʿānī (gest. 1166) und dessen Überarbeitungen bis in das 17. Jahrhundert“ vortragen und diskutieren. Ich hatte bereits vor dem Workshop einen Aufsatzentwurf geschrieben und wollte diese Gelegenheit nutzen, um Feedback zu meinen Überlegungen zu erhalten. Besonders hilfreich war es für mich, dass ich bereits wenige Wochen zuvor in einem anderen Kontext über dieses Thema vorgetragen hatte. Die dort erhaltenen Rückfragen und Anregungen habe ich in die Überarbeitung meines Vortrags einarbeiten und erneut zur Diskussion stellen können. Dieser Arbeitsprozess war nicht nur effektiv und hat mir viel Spaß gemacht, sondern hat mir geholfen, meine ursprüngliche These – die ich fallengelassen hatte – wieder aufzunehmen und nun mit mehr Selbstbewusstsein zu vertreten, dabei aber meine Argumente in einer anderen Rahmenerzählung zu präsentieren. Hier habe ich also praktisch nachvollziehen können, wie hilfreich es für meinen Forschungsprozess ist, Thesen vorzustellen und die Rückmeldung von Fachkolleg/innen zu berücksichtigen. Das Vortragen in einer Fremdsprache, vor einem Fachpublikum und von einem Podium herab, übertragen per Zoom an eine mehr oder weniger unbekannte Anzahl von Zuhörern, war zunächst einschüchternd. Leise Zweifel an meinen Fähigkeiten verschwanden dank der positiven, unterstützenden Atmosphäre schnell. Das von mehreren Seiten geäußerte positive Feedback, sowohl inhaltlich als auch formal, hat zusätzlich bestätigt, dass mein Vortrag durch gute Vorbereitung und Übung an Qualität und Klarheit gewinnt. Die Teilnahme an der Konferenz hat mich schließlich ermutigt, mich auch als Nachwuchswissenschaftlerin an qualifizierten Diskussionen mit Fachkollegen zu beteiligen und meine Perspektive einzubringen.

Eine besondere Hoffnung hat sich durch die Teilnahme ebenfalls erfüllt: Eine der Organisatorinnen, Sarah Savant, führt ein am Aga Khan Centre angesiedeltes Forschungsteam (das Kitab Project), das sich mit Methoden der Digital Humanities befasst und seit mehreren Jahren daran arbeitet, mit OCR-Technologie einen riesigen Textkorpus aus dem islamisch geprägten Raum verfügbar zu machen. Da mehrere Mitglieder des Teams vor Ort in London ansässig sind und an dem Research Workshop teilnahmen, konnte ich mich mit diesen Personen austauschen, die Strukturen des Projekts besser verstehen und wichtige Kontakte zur weiteren Zusammenarbeit knüpfen. So habe ich mich kürzlich online mit der Person treffen können, die hauptverantwortlich für den Kitab Corpus ist. In diesem Gespräch haben wir vereinbart, dass ich Zugang zur Plattform erhalte, mit der das Team arbeitet, und dort selbst einen Text bearbeiten kann, mit dem ich anschließend weiterarbeiten kann, der aber auch in den für alle verfügbaren Korpus aufgenommen wird. In diesem Sinne war die Teilnahme für mich von sehr großem Wert und ich bin sehr dankbar, dass ich Förderung für diesen Aufenthalt erhalten habe.