(A2-1) Die materialistische Weltanschauung im europäischen Kontext des 18. Jahrhunderts

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beginnt sich in Europa ein Typus von Weltanschauung herauszubilden, der sich vor allem durch drei Elemente auszeichnet:

  1. Er steht in einem kritischen Verhältnis zur Religion, sei es in einer eher aggressiven Konfrontation, sei es in einem Bemühen um Unabhängigkeit oder Neutralität gegenüber der Religion.
  2. Er will sich von Illusionen verabschieden und gibt sich betont „realistisch“; dabei beruft er sich mehr oder weniger stark auf die Autorität der an Einfluß gewinnenden Naturwissenschaften.
  3. Er sucht Einfluss auf die Gestaltung der Gesellschaft zu gewinnen, zum Teil in einem unmittelbar praktisch-politischen Sinne, zum Teil aber auch auf indirektem Wege über die Aufklärung der Individuen.

Diese Weltanschauungstypus ist nicht auf einzelne Länder beschränkt, sondern ein europäisches Phänomen: Für Frankreich ist der Materialismus des 18. Jahrhunderts zu nennen, später dann der Positivismus. In Großbritannien entsteht der Utilitarismus. In Deutschland der historische und der naturwissenschaftliche Materialismus.

In dem Projekt sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen (und ähnlichen) weltanschaulichen Strömungen auf europäischer Ebene untersucht werden. Insbesondere:

  • Welche inhaltlichen Konvergenzen und Divergenzen bestehen zwischen ihnen?
  • In welchem Verhältnis stehen diese inhaltlichen Positionen zu den sozialen, politischen, kulturellen Bedingungen in den verschiedenen Ländern?
  • Welche Unterschiede in der Auseinandersetzung mit der organisierten Religion (den Kirchen) und im politischen Engagement bestehen zwischen de verschiedenen Strömungen unter den jeweiligen nationalen Bedingungen?

Das Projekt ist Teil der Koordinierten Projektgruppe Verflüssigung und Verfestigung normativer Diskurse.