The politics of al-Andalus: Islam in the Iberian Peninsula and the use and abuse of the past

Öffentlicher Abendvortrag in englischer Sprache von Hans-Blumenberg-Gastprofessorin Prof. Dr. Maribel Fierro

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Die historische Region al-Andalus auf der Iberischen Halbinsel, die zwischen 711 und 1492 unter muslimischer Herrschaft stand, hat sich innerhalb und außerhalb Spaniens stark in den Erinnerungskulturen der Frühen Neuzeit niedergeschlagen. In ihrem öffentlichen Abendvortrag spricht die Blumenberg-Gastprofessorin Maribel Fierro darüber, wie sich die historischen Erfahrungen der multireligiösen Gesellschaft von al-Andalus auf verschiedene, politisch und religiös bedingte Geschichtsbilder bis in die unmittelbare Gegenwart hinein ausgewirkt haben.

Während das Konzept „al-Andalus“ im Spanien des 19. Jahrhunderts einerseits als das fundamental „Andere“, andererseits aber auch als Symbol für Vielfalt verwendet wurde, betrachtete man es in der islamischen Welt als „verlorenes Paradies“. Für die Juden Mitteleuropas wiederum wurde Sefarad, eine hebräische Bezeichnung für die Iberische Halbinsel, zu einem positiv konnotierten Bezugspunkt für das vermeintlich friedliche Zusammenleben von Angehörigen unterschiedlicher religiöser Bekenntnisse. In jüngster Zeit ist al-Andalus in der westlichen Welt zu einer Ressource im Kampf einerseits gegen Islamophobie, andererseits gegen die Herausforderungen multikultureller und multireligiöser Gesellschaften geworden. Das Konzept „al-Andalus“ ist noch immer ein Kampfbegriff, der zu unterschiedlichen religiösen und politischen Zielen eingesetzt wird, nicht nur im Rahmen identitätspolitischer Kontroversen.

Maribel Fierro
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Die Islamwissenschaftlerin und Historikerin Maribel Fierro hat im Sommersemester 2023 die Hans-Blumenberg-Gastprofessur am Exzellenzcluster„Religion und Politik“ inne. Seit 2005 ist sie Forschungsprofessorin am Zentrum für Geistes- und Sozialwissenschaften innerhalb der größten öffentlichen Forschungseinrichtung Spaniens, dem Consejo Superior de Investigaciones Científicas in Madrid. Zuvor war sie als Directeur d’études associé am Centre de Recherches Historiques in Paris tätig und forschte als Gastwissenschaftlerin an internationalen Einrichtungen wie der Divinity School der Universität Chicago und der École des hautes études en sciences sociales in Paris.

Maribel Fierro ist Autorin zahlreicher grundlegender Werke zur Rolle und Bedeutung des Islams in der mittelalterlichen Geschichte Spaniens. In ihren Forschungen befasst sie sich insbesondere mit der Rolle von Gewalt in politischen und religiösen Konflikten sowie dem Verhältnis von Wissen, Häresie und politischer Kultur im islamischen Westen.

Damit gibt die Blumenberg-Gastprofessorin den Forschungen des Exzellenzclusters wesentliche Impulse. Auch ihre Arbeiten zur Instrumentalisierung der islamischen Geschichte Europas in aktuellen politischen Auseinandersetzungen in Spanien bieten wichtige, epochenübergreifende Perspektiven auf die Forschungen im Rahmen des dritten Themenjahres „Religiöse Dynamiken“ des Exzellenzclusters.

Zu den Veröffentlichungen von Maribel Fierro zählen Werke wie „The Almohad Revolution. Politics and Religion in the Islamic West during the Twelfth – Thirteenth Centuries“ und die Biographie „ʻAbd al-Rahman III. The First Cordoban Caliph”. Zu ihren jüngsten Veröffentlichungen gehört die 2021 erschienene Biographie des Kalifen ʻAbd al- Muʼmin mit dem Titel „ʻAbd al-Muʼmin. Mahdism and Caliphate in the Islamic West”.