„Zentrale Figur des mittelalterlichen Judentums“

Zum Umgang der Dominikaner mit dem Philosophen Maimonides im Talmud Prozess

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PD Dr. Görge Hasselhoff

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Über die Wirkungsgeschichte des jüdischen Philosophen Moses Maimonides (1138-1204) in Judentum und Christentum hat der evangelische Theologe PD Dr. Görge Hasselhoff aus Dortmund in der Ringvorlesung „Transfer zwischen Religionen“ gesprochen. Der Gelehrte, der „Moshe ben Maimon oder latinisiert Moses Maimonides genannt wird, stellt eine der zentralen Figuren des mittelalterlichen Judentums dar.“ Der Referent befasste sich in seinem Vortrag mit dem philosophisch-enzyklopädischen Hauptwerk „Führer der Unschlüssigen“ des Gelehrten. Der Wissenschaftler legte dar, wie es im 13. Jahrhundert in Europa verbreitet und zu einer der zentralen Schriften in philosophischen und religiösen, auch christlichen Debatten wurde.

Der Vortrag trug den Titel „Ein neues Bild vom Judentum? Maimonides im Paris des 13. Jahrhunderts“. Er war Teil der Ringvorlesung, die die Projektgruppe „Transfer“ des Exzellenzclusters im Sommersemester gemeinsam mit dem Centrum für religionsbezogene Studien (CRS) der WWU veranstaltet.

Das Denken des jüdischen Gelehrten Maimonides wirkte sich sowohl auf das Religionsgesetz (Halakha) aus als auch auf die Philosophie, erläuterte der Theologe. „In beiden Bereichen versuchte er, eine Synthese von aristotelischer Welterklärung und biblischer Schöpfungstheologie zu erreichen.“ Schon kurz nach seinem Tod 1204 in Kairo wurde das Hauptwerk zunächst zweimal ins Hebräische und dann mehrfach ins Lateinische übertragen. Theologen des Dominikanerordens wie Albertus Magnus (um 1200-1280) und Thomas von Aquin (um 1225-1274) nahmen es auf und christianisierten es, sie brachten es also mit der christlichen Lehre in Einklang, wie Dr. Hasselhoff erläuterte.

Der Vortrag stellte die Übersetzungen in Lateinische in Beziehung „zu einem kurz andauernden, aber sehr wirkungsvollen Geschehen“ im Paris der 1240er Jahre. „In dieser Zeit unternahm der Dominikanerorden im sogenannten Prozess gegen den Talmud den Versuch, das Judentum und seine talmudischen Überlieferungen zu diskreditieren. Der Orden machte Teile des Talmud und auch Auszüge aus dem Werk des bedeutenden Bibelexegeten Rashi (1040-1105) – ein Kürzel für Rabbi Schlomo ben Jizchak – öffentlich zugänglich. Das diente dazu, die vermeintliche Absurdität talmudischer Kodifizierung der rabbinischen Tradition und Autorität zu belegen.“ In diesem religiös-politischen Umfeld sei Maimonides‘ Werk, das Ausdruck eines rationalistischen Judentums und auch innerhalb des Judentums umstritten war, übersetzt und er selbst von dem Orden „zu einer Figur gegen das talmudisch-rabbinische Judentum stilisiert“ worden.

Der Referent, PD Dr. Görge Hasselhoff von der TU Dortmund, gilt als einer der führenden Wissenschaftler für die Pariser Übersetzungskulturen der 1230er und 1240er Jahre und arbeitet gegenwärtig in einem vom European Research Council (ERC) geförderten Projekt zur Edition lateinischer Talmudübertragungen an der Universität Barcelona.

Plakat der Ringvorlesung

Plakat

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Ringvorlesung „Transfer zwischen Religionen“

Am Dienstag, 23. Juni, hält der Philosoph Prof Dr. Jens Halfwassen aus Heidelberg eine Vortrag unter dem Titel „Warum ist die negative Theologie für monotheistische Religionen attraktiv? Überlegungen zur Platonismusrezeption in den abrahamitischen Religionen“. Der Vortrag beginnt um 18.15 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22. Die Vortragsreihe „Transfer zwischen Religionen. Wenn religiöse Traditionen einander beeinflussen“ untersucht, wie es zwischen Religionen in verschiedenen Kulturräumen und Epochen zu vielfältigen Formen des Austauschs religiöser und kultureller Traditionen kam. Am Exzellenzcluster werden Transfer-Phänomene seit 2012 im Forschungsfeld „Integration“ untersucht. (ska/vvm)