Menschenrechte in der katholischen Kirche

Neuer Band des Jahrbuchs für Christliche Sozialwissenschaften erschienen

Buchcover „Jahrbuch für Christliche Sozialwissenschaften“

Buchcover

Mit Menschenrechten in der katholischen Kirche beschäftigt sich der neue Band des Jahrbuchs für Christliche Sozialwissenschaften, das Sozialethikerin Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins vom Exzellenzcluster herausgibt. „Der aktuelle Band gilt Herausforderungen und uneingelösten Potentialen der Menschenrechte, deren Aneignung für die katholische Kirche mit der Sozialenzyklika Papst Johannesʾ XXIII. ‘Pacem in terris‘ von 1963 und im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) grundsätzlich vollzogen wurde“, erläutert die Theologin. „Damit rückt auch die Frage nach dem Stellenwert der Menschenrechte für die institutionelle Gestalt und die rechtliche Ordnung der Kirche sowie für die Kommunikation zwischen Gläubigen und Hierarchie in den Fokus sozialethischer Aufmerksamkeit.“

Das Buch mit dem Titel „Menschenrechte in der katholischen Kirche“ ist als Band 55 des Jahrbuchs für Christliche Sozialwissenschaften im Aschendorff-Verlag erschienen. Die meisten Beiträge gehen auf eine Tagung zurück, die das Institut für Christliche Sozialwissenschaften in Kooperation mit dem Exzellenzcluster „Religion und Politik“ und dem Religionspädagogischen Institut Luxemburg im Oktober 2013 unter dem Titel „Maßstab Menschenrechte. Anspruch und Umsetzung in der katholischen Kirche“ veranstaltet hat.

Im Eröffnungsbeitrag befasst sich der Münchner Politikwissenschaftler und Ex-Kultusminister Prof. Dr. Hans Maier mit dem Thema „Kirche und Menschenrechte – Menschenrechte in der Kirche“. Er erinnert darin an Reaktionen der Kirche auf die neuzeitlichen Menschenrechtsbewegungen und formuliert Desiderate einer Rezeption der Menschenrechte im Innern der Kirche. Die ersten drei Forschungsbeiträge des Bandes dienen einer Bestandsaufnahme der Menschenrechtsthematik: Die Moraltheologin und Friedensethikerin Prof. Dr. Linda Hogan aus Dublin reflektiert die Rezeption der Enzyklika „Pacem in terris“ im Hinblick auf das Verhältnis von Menschenrechten und Friedensethik. Die bisherigen Erträge der Menschenrechtsrezeption der kirchlichen Sozialverkündigung analysiert der Beitrag des Münchner Moraltheologen und Menschenrechtsethikers Prof. Dr. Konrad Hilpert. Die Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Tine Stein aus Kiel untersucht menschenrechtlich relevante Aspekte in der Verfassungsstruktur der Kirche und richtet das Augenmerk auf das Spannungsverhältnis zwischen „Gewissensfreiheit und Glaubensgehorsam“. Der vierte Beitrag des katholischen Theologe Prof. Dr. Stephan Goertz aus Mainz konzentriert sich auf die Problematik ethischer Autonomie und analysiert den inneren Zusammenhang von sittlicher Autonomie, Menschenwürde und Menschenrechten aus moraltheologischem Blickwinkel.

Drei kanonistische Beiträge befassen sich mit der institutionellen Dimension der Rezeption beziehungsweise Nicht-Rezeption der Menschenrechte. Eine grundlegende Orientierung zu den Freiheitsrechten in der katholischen Kirche legt Prof. Dr. Adrian Loretan, Professor für Kirchenrecht und Staatskirchenrecht an der Universität Luzern, vor. Der Kirchenrechtler Prof. Dr. Thomas Schüller aus Münster untersucht anhand konkreter Beispiele die Spannung zwischen dem Anspruch der Religionsfreiheit auf der einen und dem Dictum „Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil“ (extra ecclesiae nulla salus) auf der anderen Seite.

Die Regensburger Kirchenrechtlerin Prof. Dr. Sabine Demel erörtert die Beteiligungsrechte der Laien und Frauen in der katholischen Kirche auf der Basis des kirchlichen Gesetzbuches von 1983. Mit dieser Perspektive korrespondieren die pastoraltheologischen Problemanzeigen des Pastoraltheologen Prof. Dr. Rainer Bucher von der Universität Graz (Österreich), der die mangelnde Verwirklichung grundsätzlich gegebener Partizipationsmöglichkeiten kritisiert und bestehende Grenzen der Mitwirkung und Verantwortungswahrnehmung von Laien und Frauen markiert.

Ein Literatur-Überblick des Theologen PD Dr. habil. Axel Heinrich aus Hamburg skizziert jüngere Reaktionen auf die Friedensenzyklika „Pacem in terris“ in der deutschsprachigen sozialethischen Forschungsliteratur. Weitere Beiträge dienen der Bestandsaufnahme und Klärung des Forschungsstands. Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins leitet am Exzellenzcluster das Projekt C2-10 Kritik von innen. Modelle sozialen Wandels in der katholischen Kirche. (exc/bhe)

Inhaltsverzeichnis:

  • Marianne Heimbach-Steins, Petr Štica: Vorwort
  • Ouvertüre
    • Hans Maier: Kirche und Menschenrechte - Menschenrechte in der Kirche
  • Forschungsbeiträge
    • Linda Hogan: Human Rights and the Ethics of Peace: The Contribution of Pacem in Terris
    • Konrad Hilpert: Menschenrechtsrezeption in der Kirche: Was hat sich bisher entwickelt? Theologisch-ethische Perspektiven
    • Tine Stein: Kirche und Menschenrechte - eine politikwissenschaftliche Analyse und kirchenpolitische Stellungnahme aus aktuellem Anlass
    • Stephan Goertz: Autonomie im Disput. Moraltheologische Überlegungen zum Anspruch auf Selbstbestimmung    
    • Adrian Loretan: Die Freiheitsrechte in der katholischen Kirche. Aporien und Desiderate
    • Thomas Schüller: Religionsfreiheit und Kirchenrecht - offene Fragen und ungelöste Probleme
    • Sabine Demel: Beteiligungsrechte der Laien und Frauen in der katholischen Kirche. Grundlagen und Grenzen im CIC/1983
    • Rainer Bucher: Menschenrechte in der Kirche. Eine pastoraltheologische Analyse
  • Literatur
    • Axel Heinrich: Tendenzen in neuerer sozialethischer Literatur zu der Enzyklika Pacem in terris 
  • Tagungsberichte
    • Michelle Becka: Ethik und Empirie. Bericht zum Kongress der Internationalen Vereinigung für Moraltheologie und Sozialethik 2013 in Graz
    • Andreas Fisch, Christoph Krauß: Ressourcenkonflikte. Bericht über das 15. Berliner Werkstattgespräch der Sozialethiker(innen)
    • Julia Blanc: Die Bedeutung der Option für die Armen in der Christlichen Sozialethik. Bericht zum 23. Forum Sozialethik in der Katholischen Akademie Schwerte
    • Hermann-Josef Große Kracht, Jonas Hagedorn: Relaunching corporatism? Bericht über die 4. Heppenheimer Tage zur christlichen Gesellschaftsethik
  • Qualifikationsarbeiten
    • Qualifikationsarbeiten in der deutschsprachigen katholischen Sozialethik
  • Autorinnen und Autoren

Hinweis: Heimbach-Steins, Marianne (Hg.): Jahrbuch für Christliche Sozialwissenschaften. 55. Band: Menschenrechte in der katholischen Kirche. Münster: Aschendorff 2014, 268 Seiten. ISBN: 978-3-402-10987-8. 36,00 Euro.

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