Das Eigene und das Fremde

Nachwuchstagung untersucht religiöse und politische Rhetorik in Mittelalter und Renaissance

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Eine Szene aus "Les douze dames de rhétorique", Cod. gall. 15 (Bayerische Staatsbibliothek).

Lange galt das Mittelalter als Epoche mit einer gemeinsamen Religion, einer gemeinsamen Sprache, kurz: mit einer Kultur der Universalität, die in der Renaissance zerbrochen sei. Dieses einheitliche Bild war vor allem vom Geschichtsverständnis der Romantik geprägt, ist von der Forschung jedoch widerlegt. Deren Augenmerk richte sich heute verstärkt auf die Vielfalt der Kulturen, Religionen und sprachlichen Ausdruckformen, die sich gegenseitig beeinflussten und zur Entwicklung Europas zwischen 600 und 1600 beitrugen, heißt es in der Einladung zu einer Nachwuchstagung, an deren Organisation Mitglieder des Exzellenzclusters beteiligt sind. Sie untersucht vom 14. bis 16. Oktober die „Diversität und Rhetorik in Mittelalter und Renaissance“. Kooperationspartner ist die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und das Deutsche Historische Institut (DHI) Rom. Die Tagung findet am Historischen Kolleg in München statt.

Ob bewusste Aneignung neuer kultureller Einflüsse oder Versuche der Abgrenzung: Beide Reaktionen brachten eher Phänomenen der Diversität hervor anstelle fester Identitäten, so die Organisatoren. Wenn es um das Eigene und das Fremde ging, bediente man sich in Mittelalter und Renaissance der Gesetze der Rhetorik. Zu Beginn der Tagung wird daher thematisiert, welchen Änderungen dieses aus der Antike überkommene Regelsystem selbst unterworfen war. Insbesondere aber wollen die Wissenschaftler den fachlichen Austausch nutzen, um Differenzen und Identitäten zu analysieren, wie sie in der religiösen und politischen Rhetorik konstruiert wurden. (bhe)

Die folgenden WissenschaftlerInnen des Münsteraner Exzellenzclusters „Religion und Politik“ sprechen bei der Tagung:

  • Maximilian Schuh: In dicendo ornatus et copiosus. Zur inhaltlichen und institutionellen Diversifizierung des Rhetorikunterrichts an der Universität Ingolstadt im 15. Jahrhundert.
  • Sita Steckel: Predigen über die Prediger. Religiöse Identität und Rhetorik im Kontext des Bettelordensstreits.
  • Stefanie Rüther: Die Gewalt der Anderen. Zur rhetorischen Verortung von Söldnern in der politisch-religiösen Semantik des Mittelalters.