Abgeschlossene Forschungsprojekte

  • DFG INTERO: Aktivierung des Defensivsystems durch interozeptive Empfindungen bei Jugendlichen mit chronischen Schmerzen

    Projektdauer: 2015 - 2018
    Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (HE 5942/4-1; SCHN 415/5-1)
    Projektstatus: Abgeschlossen
    Kontakt:  Prof. Dr. Tanja Hechler & Prof. Dr. Silvia Schneider
    Kooperationspartner*innen: Prof. Dr. Silvia Schneider (Ruhr-Universität Bochum), Dr. Dirk Adolph (Ruhr-Universität Bochum), Dr. Christiane Pané-Farré (Ernst-Moritz-Universität Greifswald), Piotr Gruszka (Ruhr-Universität Bochum) und Christoph Benke (Ernst-Moritz-Universität Greifswald)


    Chronische Schmerzerkrankungen im Kindes- und Jugendalter nehmen nicht nur zu, sondern gehen auch für die Betroffenen mit schwerwiegenden Einschränkungen im schulischen, körperlichen und sozialen Bereich einher. Insbesondere chronische Kopf- und Bauchschmerzen sind unter Kindern und Jugendlichen weit verbreitet. Forschung hierzu in den letzten Jahren konnte zeigen, dass nicht die Schmerzintensität selbst, sondern die Angst vor Schmerzen maßgeblich für die Schwere der Beeinträchtigungen sowie das Ausmaß an Vermeidungsverhalten verantwortlich ist. Ziel dieses Forschungsprojekt war es daher zu untersuchen, welche Effekte das Auslösen körpereigener (interozeptiver) Empfindungen auf verschiedene psychophysiologische Parameter (als Indikatoren für die Aktivierung des Defensivsystems) sowie das subjektive Angst- und Schmerzerleben von Jugendlichen mit chronischen Schmerzen hat. 

    Hierzu durchliefen Jugendliche zwischen 11 und 18 Jahren mit chronischen Bauch- (CAP) oder Kopfschmerzen (CH) sowie Jugendliche ohne chronische Schmerzen (HC) in einer quasi-experimentellen Laborstudie zwei verschiedene Paradigmen: Das Provokationsparadigma bestand aus drei verschiedenen Muskelanspannungsaufgaben, in denen die Jugendlichen dazu angeleitet wurden, entweder ihre Nackenmuskulatur, Bauchmuskulatur oder ihre Fäuste anzuspannen, um interozeptive Empfindungen hervorzurufen (zu provozieren). Es wurde angenommen, dass für die CAP-Jugendlichen die Anspannung der Bauchmuskulatur (proximale Bedingung) und für die CH-Jugendlichen die Anspannung der Nackenmuskulatur (proximale Bedingung) aversiver sei als für die beiden jeweils anderen Gruppen und dass das Anspannen der Fäuste in keiner der drei Gruppen als aversiv erlebt werde (Kontrollbedingung). Im zweiten Paradigma, der Imagination, sollten sich die Jugendlichen anhand kurzer Textbeschreibungen verschiedene Alltagssituationen bildlich vorstellen (imaginieren), die entweder schmerzspezifisch, angstspezifisch oder neutral waren. Es wurde erwartet, dass die schmerzspezifische Imagination für Jugendliche mit chronischen Schmerzen aversiv sei, während die angstspezifische Imagination für alle und die neutrale Imagination für keine der Gruppen aversiv sein sollte. Neben der Selbstbeurteilung der erlebten Angst, Vermeidungstendenz und Schmerzintensität während der Paradigmen durch die Jugendlichen wurden als physiologische Parameter auch ihre Startle Reflexe, Hautleitfähigkeit und Herzrate erfasst.

    Es zeigte sich, dass die Provokation proximaler Empfindungen insbesondere bei Jugendlichen mit chronischen Bauchschmerzen zu einer gesteigerten physiologischen Defensivreaktion sowie erhöhten selbstberichteten Angst führte und die Imagination schmerzspezifischer Empfindungen mit einer erhöhten Herzrate, Startle Reflexen und selbstberichteten Angst bei Jugendlichen mit chronischen Schmerzen einher ging. Die Ergebnisse des Provokationsparadigmas deuten somit darauf hin, dass die Anspannung der Bauchmuskulatur eine Art “unmittelbare Bedrohung” darstellt, durch die defensive Reflexe verstärkt werden, die der Verhaltensvorbereitung (Flucht) dienen. Hingegen lässt sich die durch das Imaginationsparadigma beschleunigte Herzrate als Form der persönlichen Bedrohung interpretieren, die stark an die individuelle Schmerzsymptomatik gekoppelt ist. Insgesamt lieferte das Projekt neue und zentrale Erkenntnisse zur Verbesserung von therapeutischen Interventionen wie der interozeptiven Exposition in vivo (Provokationsparadigma) und in sensu (Imaginationsparadigma), die bei Kindern und Jugendlichen angewendet werden können, um deren Angst vor körpereigenen Empfindungen zu verringern.


    Präregisterierung:
    Gruszka, P., Schaan, L., Adolph, D., Pané-Farré, C. A., Benke, C., Schneider, S., & Hechler, T. (2018). Defence response mobilization in response to provocation or imagery of interoceptive sensations in adolescents with chronic pain: A study protocol. Pain Reports, 3(Suppl 1). doi: https://doi.org/10.1097/PR9.0000000000000680 

    Publikationen:
    Flack, F., Pané-Farré, C. A., Zernikow, B., Schaan, L. & Hechler, T. (2017). Do interoceptive sensations provoke fearful responses in adolescents with chronic headache or chronic abdominal pain? A preliminary experimental study. Journal of Pediatric Psychology, 42(6), 667-678. doi: https://doi.org/10.1093/jpepsy/jsx087 

    Gruszka, P., Schaan, L., Adolph, D., Pané-Farré, C. A., Benke, C., Schneider, S., & Hechler, T. (2018). Defence response mobilization in response to provocation or imagery of interoceptive sensations in adolescents with chronic pain: A study protocol. Pain Reports, 3(Suppl 1). doi: https://doi.org/10.1097/PR9.0000000000000680 

    Opdensteinen, K. D., Rach, H., Gruszka, P., Schaan, L., Adolph, D., Benke, C., Pané-Farré, C. A., Dierolf, A., Schneider, S. &   Hechler, T. (2024). "The mere imagination scares me” - Evidence for fear responses during mental imagery of   pain-associated interoceptive sensations in adolescents with chronic pain. PAIN.  doi: http://dx.doi.org/10.1097/j.pain.0000000000003041 

    Opdensteinen, K. D., Rach, H., Gruszka, P., Schaan, L., Adolph, D., Melzig, C. A., & Hechler, T. (2025). Interoceptive threat in adolescents with chronic pain: Evidence for fear responses during anticipation and provocation of internal bodily sensations. The Journal of Pain, 105449. doi: https://doi.org/10.1016/j.jpain.2025.105449 

  • Kindliches Körpergefühl: KiKö Stress

    Projektdauer: 2016 - 2020
    Förderung: Angegliedert an das EINSTEIN-Projekt
    Projektstatus: Abgeschlossen;
    Weiterführung und Adaptation im Rahmen des laufenden Forschungsprojektes EMA-Intero
    KontaktProf. Dr. Tanja Hechler
    Kooperationspartner*innen: Prof. Dr. André Schulz (Universität Luxemburg), Prof. Dr. Gregor Domes (Universität Trier)


    Die Identifikation und Integration körpereigener Prozesse (Interozeption) ist nicht nur relevant für Emotions- und Kognitionstheorien. Veränderte interozeptive Prozesse, wie eine gesteigerte Interozeption bei Menschen mit Panikstörung, werden heute als relevante Prozesse für die Entstehung und Aufrechterhaltung von psychischen Störungen, wie Angststörungen und chronischen Schmerzen, diskutiert. Wie sich funktionale und dysfunktionale interozeptive Prozesse in der Kindheit entwickeln, ist bis dato kaum erforscht. Exposition mit frühen umgebungsbezogenen Stressoren (Missbrauchserfahrungen, aber auch frühe Schmerzerfahrungen) und eine veränderte HPA-Aktivität werden als potentielle Mechanismen für dysfunktionale interozeptive Prozesse diskutiert.

    Ziel des Projektes ist es, den Einfluss eines akuten kindgerechten Laborstressors (kognitiver Matchingtask und unfreundliche Versuchsleitung) auf die interozeptive Genauigkeit von gesunden Vorschulkindern (4-6 Jahre) zu untersuchen. So können Erkenntnisse generiert werden a) zur Validität des kindgerechten Laborstressors, und b) zu den Effekten des induzierten Stresses auf die interozeptive Genauigkeit und den Einfluss von physiologischem Arousal und Stresshormonen. 


    Publikationen:

    Opdensteinen, K. D., Schaan, L., Pohl, A., Schulz, A., Domes, G., & Hechler, T. (2021). Interoception in preschoolers: New insights into its assessment and relations to emotion regulation and stress. Biological Psychology, 165, 108166. https://doi.org/10.1016/j.biopsycho.2021.108166 

    Schaan, L., Schulz, A., Nuraydin, S., Bergert, C., Hilger, A., Rach, H., & Hechler, T. (2019). Interoceptive accuracy, emotion recognition, and emotion regulation in preschool children. International Journal of Psychophysiology : Official Journal of the International Organization of Psychophysiology, 138, 47–56. https://doi.org/10.1016/j.ijpsycho.2019.02.001 

  • Painconcepts and Treatment: Entwicklung und Evaluation eines multidimensionalen Instruments zur Erfassung von Schmerzkonzepten bei Erwachsenen

    Projektdauer: 2020 - 2025
    Förderung: Intern
    Projektstatus: Abgeschlossen
    Kontakt:  Prof. Dr. Tanja Hechler & Prof. Dr. Michael Schneider & Catherina Lenhof
    Kooperationspartner*innen: Dr. Joshua W. Pate (University of Technology Sydney), Dr. Tabea Kloos, Dipl.-Psych. Anna Fiegler


    Dieses Forschungsprojekt beschäftigte sich mit der Erfassung biopsychosozialer Schmerzkonzepte Erwachsener mithilfe eines neu entwickelten, innovativen Fragebogens, der BiPS Matrix.

    Mit Schmerzkonzept ist gemeint, was eine Person unter Schmerz versteht, was Schmerz eigentlich ist, welche Funktion Schmerz hat und welche biologischen Prozesse zu dessen Entstehung und Aufrechterhaltung beitragen. Das Schmerzerleben wird durch die eigenen Schmerzkonzepte beeinflusst und kann daher durch die Modifikation von Misskonzepten, also fehlerhaften oder unvollständigen Konzepten zu chronischen Schmerzen, z.B. im Rahmen von Psychoedukationen, positiv beeinflusst werden.

    In diesem Projekt erfolgte die Adaptation des Fragebogens für Erwachsene auf der Basis der für Kinder und Jugendlichen adaptierten BiPS Matrix. Hierzu wurden bereits bekannte und etablierte Fragebögen, wie z.B. der NPQ-d (Richter et al., 2019) hinzugezogen.

    Anschließend wurde der Fragebogen sowohl Schmerzexpert*innen vorgelegt als auch gesunden Erwachsenen und Psychotherapeut*innen in Ausbildung. Auf Basis der Expert*innenbefragung, die die hohe Relevanz der Erfassung biopsychosozialer Schmerzkonzepte widerspiegelte, wurde die BiPS Matrix auf eine Länge von 40 Items gekürzt.

    Weitere Analysen zeigten, dass auf Basis der BiPS Matrix latente Schmerzprofile gesunder Erwachsener erstellt werden können und dass diese spezifischen Profile mit weiteren, schmerzbezogenen Variablen, wie z.B. dem schmerzbezogenen Vorwissen, zusammenhängen.

    Somit liegt der Fragebogen nun in einer Kinder- (24 Items) und Erwachsenenversion (40 Items) vor und befindet sich in der Validierungsphase.


    Publikationen:
    Wickering, L., Lautwein, C., Fiegler, A., Allerdißen, L., Kloos, T., Schneider, M., & Hechler, T. (2024). [An instrument to assess biopsychosocial pain concepts in adults: Development and evaluation by experts]. Schmerz. https://doi.org/10.1007/s00482-024-00793-2 

    Wickering, L., Lautwein, C., Nitsche, H., Schneider, M., & Hechler, T. (2023). Know Pain, No Pain? Preliminary Testing and Application of a New Tool to Assess Biopsychosocial Pain Concepts in Children. Children, 10(5), 814. https://doi.org/10.3390/children10050814 

    Lenhof, C., Dukek, L., Wickering, L., Hitschler, L., Schneider, M., & Hechler, T. (2025). Identifying Latent Profiles of Healthy Adults’ Biopsychosocial Pain Concepts. Pain Research and Management, 2025(1), 5706849. https://doi.org/10.1155/prm/5706849 

     

  • Erfassung biopsychosozialer Schmerzkonzepte im Kindes- und Jugendalter (Paincontreat): die BiPS Matrix

    Projektdauer: 2020 - 2025
    Förderung

    • Kurzzeitstipendium zum Einstieg in die Promotion (2021). Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz (MWG) im Rahmen der Forschungsinitiative Rheinland-Pfalz

    • Abschlussförderung für Promovierende aus Mitteln der Forschungsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz (Nachwuchsfonds)

    Projektstatus: Abgeschlossen
    Kontakt: Prof. Dr. Tanja Hechler & Prof. Dr. Michael Schneider & Catherina Lenhof
    Kooperationspartner*innen: Dr. Joshua W. Pate (University of Technology Sydney), Dr. Tabea Kloos, Dipl.-Psych. Anna Fiegler


    Dieses Forschungsprojekt beschäftigte sich mit biopsychosozialen Schmerzkonzepten von Kindern und Jugendlichen mit Hilfe eines Fragebogens, der BiPS-Matrix.

    Mit Schmerzkonzept ist gemeint, was eine Person unter Schmerz versteht, was Schmerz eigentlich ist, welche Funktion Schmerz hat und welche biologischen Prozesse zu dessen Entstehung und Aufrechterhaltung beitragen. Das Schmerzkonzept wird dann zentral, wenn Menschen mit andauernden Schmerzen konfrontiert sind, da wir wissen, dass falsche Vorstellungen vom Schmerz, z.B. dass bei chronischen Schmerzen etwas im Körper „kaputt“ ist, zu unangemessenen Bewältigungsstrategien führen können. Bisher ist die Datenlage jedoch dünn. Langfristig verfolgen wir das Ziel, Schmerzkonzepte von Kindern sowie Eltern und Therapeuten zu erfassen und Misskonzepte mit Hilfe von entsprechenden Psychoedukationen zu verändern.

    Dazu wurde eine Fragenmatrix erstellt, durch die biopsychosoziale Aspekte von Schmerz erfasst werden. Für die Entwicklung des Fragebogens wurden Items aus bestehenden Fragebögen und aktueller Fachliteratur in Betracht gezogen. 47 Teilnehmer/innen (17 - 68 Jahre) beendeten eine Onlinebefragung und füllten den Fragebogen aus. Auf Grundlage der psychometrischen Daten der Items, der Kommentare der Teilnehmer/innen und inhaltsbezogenen Aspekte wurden 62 Items ausgewählt. Vorläufige Analysen (Masterarbeit Tabea Kloos, 2019) zeigen eine akzeptable internale Konsistenz der Skalen. Die Summe aller Skalenwerte korrelierte signifikant mit dem zuvor gemessenen Schmerzwissen.

    In den Folgeprojekten wurde die BiPS-Matrix Expert*innen vorgelegt, gekürzt und für Kinder und Jugendliche adaptiert. Der Fragebogen liegt nun in einer Kinder- (24 Items) und Erwachsenenversion (40 Items) vor und befindet sich in der Validierungsphase.


    Publikationen:
    Wickering, L., Lautwein, C., Fiegler, A., Allerdißen, L., Kloos, T., Schneider, M., & Hechler, T. (2024). [An instrument to assess biopsychosocial pain concepts in adults: Development and evaluation by experts]. Schmerz. https://doi.org/10.1007/s00482-024-00793-2 

    Wickering, L., Lautwein, C., Nitsche, H., Schneider, M., & Hechler, T. (2023). Know Pain, No Pain? Preliminary Testing and Application of a New Tool to Assess Biopsychosocial Pain Concepts in Children. Children, 10(5), 814. https://doi.org/10.3390/children10050814 

    Lenhof, C., Dukek, L., Wickering, L., Hitschler, L., Schneider, M., & Hechler, T. (2025). Identifying Latent Profiles of Healthy Adults’ Biopsychosocial Pain Concepts. Pain Research and Management, 2025(1), 5706849. https://doi.org/10.1155/prm/5706849