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Humanistenwissen und Lebenspraktiken im frühneuzeitlichen Spanien

DFG bewilligt 695.000 Euro für Gemeinschaftsprojekt | Beteiligt sind Romanisten aus Münster, Bonn, Kiel, Tübingen und München
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Prof. Dr. Christoph Strosetzki

„Was ist der Mensch?“ Mit dieser Frage stellte der frühneuzeitliche Humanismus den Menschen ins Zentrum des Interesses. Dabei wurde der Mensch nicht nur theoretisch und allgemein, sondern auch in seinen konkreten Erscheinungsformen und praktischen Verrichtungen betrachtet. Waren im Mittelalter alle Praktiken, ihre eingeübten Regeln und zugehörigen Wissensgebiete in der Theologie und deren Ethik verankert, berücksichtigen die humanistischen Abhandlungen in der Frühen Neuzeit immer stärker das durch Erfahrungen und Beobachtungen gewonnene Wissen. Die unterschiedlichen Alltagswelten beruflicher und privater Art wurden beobachtet, beschrieben, miteinander verglichen und beurteilt.

Romanisten der Universitäten Münster, Bonn und Kiel untersuchen nun gemeinsam mit Fachkollegen von der Universität Tübingen und der LMU München welchen Einfluss das Wissen der Humanisten im Spanien der Frühen Neuzeit auf die Lebenspraktiken der Menschen hatte und welche Spannungsfelder zwischen mittelalterlichem Wertesystem und humanistischer Weltsicht entstanden. Gefördert wird das Projekt „Humanistenwissen und Lebenspraktiken im Spanien der Frühen Neuzeit“ von der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die dafür über einen Zeitraum von drei Jahren rund 695.000 Euro zur Verfügung stellt.

266.000 Euro gehen an das Romanische Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Im Mittelpunkt des münsterschen Teilprojekts des Literaturwissenschaftlers Prof. Dr. Christoph Strosetzki steht die Figur des frühneuzeitlichen Kaufmanns. „Die sich in der Frühen Neuzeit verändernde Position des Kaufmanns steht paradigmatisch für die neue Wertschätzung des Bürgers“, erläutert Christoph Strosetzki. Im Rahmen seines Projekts untersucht der Romanist, der zugleich als Koordinator der internationalen Forschergruppe fungiert, wie sich das Ansehen des Kaufmanns und dessen Ausbildung und Lebenspraxis mit dem Aufstieg Spaniens zur Welthandelsmacht gewandelt haben.

Die Teilprojekte im Einzelnen:

Prof. Dr. Mechthild Albert, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn: „Los saberes del ocioso - Muße, Geselligkeit und Wissen im Siglo de Oro“

PD Dr. Folke Gernert, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: „Voraussagen zwischen okkultem Wissen und Wissenschaft“

Prof. Dr. Christoph Strosetzki, Westfälische Wilhelms-Universität Münster: „Der Kaufmann als Vertreter des negotium“

Prof. Dr. Christoph Strosetzki (Uni Münster)
PD Dr. Folke Gernert (Uni Kiel)