Julius Virnyi, M.A.

Wissenschaftlicher Mitarbeiter


Institut für Kulturanthropologie/
Europäische Ethnologie

Scharnhorststraße 100
48151 Münster
Raum 419

Tel.: +49 (0)251/83-25121
Fax: +49 (0)251/83-28316
E-Mail: julius.virnyi@uni-muenster.de

Sprechstunde
donnerstags 10-12 Uhr nach Vereinbarung per E-Mail

  • Vita

    10/2012 – 09/2016 Studium der Kultur- und Sozialanthropologie und Geschichte, Westfälische-Wilhelms-Universität Münster. Abschluss: B.A.
    10/2016 – 01/2019 Studium der Kulturanthropologie/Volkskunde, Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Abschluss: M.A.
    12/2018 – 04/2019 Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Patristik und neutestamentliche Textforschung, Westfälische Wilhelms-Universität Münster.
    Seit 05/2019 Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster.
  • Forschungsinteressen

    • Namenforschung

    • Kulturgeschichte der Verwaltung

    • Ehre/Ehrungen

    • Wissens- und Wissenschaftsgeschichte der Volkskunde

    • Universitätsgeschichte

  • Forschungsprojekt

    Promotionsforschung:

    Namensänderungen in Westfalen, 1867-1961: Öffentliche Verwaltung zwischen populärer Praxis und politischer Steuerung (Arbeitstitel)

    Personennamen befinden sich an einer sensiblen Schnittstelle zwischen Individuum und Gesellschaft. Einerseits präsentieren sie sich als intimer und persönlicher Teil eines jeden Menschen und sind mit den Lebensgeschichten und Lebenswegen seiner Trägerinnen und Träger verbunden. Anderseits sind Namen vielfach in kollektiven alltäglichen, rechtlichen und politischen Diskursen und Praktiken eingebettet – auf Ebene der Familie, der Gemeinde und des Staates.

    An diesem Spannungsverhältnis setzt das Promotionsprojekt „Namensänderungen in Westfalen“ an, indem es sich in historisch-anthropologischer Perspektive mit der Praxis von öffentlich-rechtlichen Namensänderungen im Regierungsbezirk Münster in dem Zeitraum von 1867 bis 1961 befasst.

    Seit dem späten 18. Jahrhundert wurde die Namensführung in Preußen zunehmend verrechtlicht, standardisiert und reguliert. Namensänderungen, die nicht durch das Zivilrecht geregelt wurden (Heirat, Scheidung, Adoption), galten seitdem als begründungsbedürftige Ausnahmefälle, die vom Staat – seit 1822 direkt durch den König und ab 1867 durch die Bezirksregierungen – genehmigt werden mussten. Im Rahmen dieser Fälle entstand ein mal mehr mal weniger intensiver schriftlicher Austausch zwischen Antragstellerinnen und Antragstellern, Verwaltungsbehörden (Regierungspräsidium, Landratsamt, Bürgermeisteramt, Amtsgericht, Amt, Innen- und Justizministerium, Standesamt) und je nach Kontext weiteren Personen (z.B. Familienangehörige, Namensträger) und Institutionen (u.a. Polizeibehörden, Pfarrgemeinden, Fürsorgeheime). Unter den informationsliefernden und entscheidenden Behörden zirkulierte eine Vielzahl an Schreiben, Protokollen, Formularen, Urkunden und Aktennotizen. Diese Aktenbestände, deren Überlieferung sich überwiegend in den Archivbeständen der Landes- und Kommunalarchive befindet, bilden die Quellengrundlage der Arbeit. Ein weiterer, ergänzender Teil des Quellensamples ergibt sich aus den zeitgenössischen Expertendiskursen, wie sie sich etwa in juristischen Fachzeitschriften und Ratgeberpublikationen für die Verwaltungspraxis darstellen.

    Analytisch sind zwei Perspektiven zentral: einerseits die der Antragstellerinnen und Antragsteller und die Frage danach, welche Anlässe und Gründe sie für Namensänderungen zu Protokoll gaben und wie sie diese in der Interaktion mit der Bürokratie im Rahmen ihrer Möglichkeiten beschrieben und plausibilisierten. Ging es vorranging um die Ablehnung des bisherigen Namens oder um die Annahme des neuen Namens? Sollte ein Name verdeutscht, die Schreibweise geändert oder eine vermeintlich falsche Eintragung im Kirchenbuch bzw. Standesamtsregister korrigiert werden? Dem gegenüber stehen die Perspektive der Verwaltung und die Bearbeitungspraxis der Änderungsgesuche. Welche Behörden, (staatliche und nichtstaatliche) Institutionen und Personen wurden involviert, wie äußerte sich die Kommunikation zwischen ihnen und wann setzte politische Steuerung ein? Wie zeigt sich in diesem Feld das Verhältnis zwischen populärer Praxis und politischer Gesellschaftsordnung, vermittelt durch die staatlichen Verwaltungen? Welche Informationen und Dokumente von und über Antragstellerinnen und Antragsteller wurden angefordert und in welchen Kreisen zirkulierten sie? Wie wurden sie gelesen und für den Entscheidungsprozess genutzt? In übergeordneter Weise stellt sich die Frage, welche Rolle dabei Kategorien wie Identität, Herkunft, Familie, Verwandtschaft, Geschlecht, Volk, Rasse, Nation und Staatsbürgerschaft implizit und explizit in der Kommunikation zwischen den Akteuren einnahmen und wie sich diese im Zeitverlauf wandelten.

    Theoretisch orientiert sich die Forschung an Impulsen aus der Anthropology of Bureaucracy und der Kulturgeschichte der Verwaltung. Verwaltung und Behörden werden in dieser Lesart nicht als neutrale und rationale Ausführer von Gesetzesvorgaben gesehen, sondern vielmehr als Orte lokaler Herrschaftsausübung aber auch des Eigen-Sinns und der Widerständigkeit konzipiert, in denen mit den „little tools of knowledge“ (Peter Becker) – dem Verfassen, Dokumentieren, Zirkulieren und Archivieren von Informationen – aktiv Wissen produziert, interpretiert und transformiert wird. In dieser Perspektive werden Subjekte, soziale Beziehungen und ‚Wirklichkeit‘ nicht bloß repräsentiert, sondern vielmehr erst geschaffen und immer wieder verändert. Das Sprechen und Aushandeln von Namen und Namenspraktiken als eines der zentralen „state projects of legiblity“ (James Scott) geben in diesem Gefüge weitreichende Erkenntnisse über (alltags)kulturelle und soziale Ordnungen sowie Wissens- und Machtbestände.

  • Publikationen

    Monographien

    Geehrte Volkskunde. Ehrenpromotionen und Ehrenbürgerschaften an der Universität Münster (1922-1968) (Münsteraner Schriften zur Kulturanthropologie/Europäischen Ethnologie, Bd. 21). Münster/New York 2021: Waxmann.

    Rezensionen:
    Volkskunde. Tijdschrift over de cultuur van het dagelijks leven 122:1 (2021), S. 122-125 (Marc Jacobs)

    Aufsätze und Beiträge

    „Ich halte trotzdem meinen Antrag aufrecht und bitte, demselben zu entsprechen.“ Zur Praxis der Verwaltung am Beispiel von Namensänderungen in Westfalen. In: Westfalen/Lippe - historisch, 16/06/2023, https://hiko.hypotheses.org/2910.

    Hofnamen. In: Graugold: Magazin für Alltagskultur 2 (2022), S. 160.

    Zum Gedenken an Paul Krause. In: Sabine Happ/Veronika Jüttemann (Hg.): „Es ist mit einem Schlag alles so restlos vernichtet“. Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Münster (Veröffentlichungen des Universitätsarchivs Münster, Bd. 12). Münster 2018: Aschendorff, S. 526-530.

    Zum Gedenken an Aurel von Szily. In: Sabine Happ/Veronika Jüttemann (Hg.): „Es ist mit einem Schlag alles so restlos vernichtet“. Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Münster (Veröffentlichungen des Universitätsarchivs Münster, Bd. 12). Münster 2018: Aschendorff, S. 628-633.

    Der Fußball. In: Lena Krull (Hg.): Westfälische Erinnerungsorte. Beiträge zum kollektiven Gedächtnis einer Region (Forschungen zur Regionalgeschichte, Bd. 80). Paderborn 2017: Fernand Schöningh, S. 443-456.

  • Lehre

    Wintersemester 2022/2023
    080305 Kolloquium: Familie und Verwandtschaft: Historische und aktuelle Zugänge
                         [gem. mit PD Dr. Bettina Bock von Wülfingen, Dr. Michael Hecht, Prof. Dr. Isabel Heinemann, Prof. Dr. Silvia
                         Schultermandl & Prof. Dr. Elisabeth Timm]
    080822 BA M1 Übung: Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten

    Sommersemester 2022
    088300 Kolloquium: Familie und Verwandtschaft: Historische und aktuelle Zugänge
                         [gem. mit PD Dr. Bettina Bock von Wülfingen, Dr. Michael Hecht, Prof. Dr. Isabel Heinemann, Prof. Dr. Silvia
                         Schultermandl & Prof. Dr. Elisabeth Timm]

    Wintersemester 2021/2022
    086294 Kolloquium: Familie und Verwandtschaft: Historische und aktuelle Zugänge
                         [gem. mit Dr. Michael Hecht, Prof. Dr. Isabel Heinemann, Christian Kintner & Prof. Dr. Elisabeth Timm]
    086821 BA M1 Kurs: Ausgewählte Begleitlektüre zur Vorlesung
    086825 BA M3 Methodenseminar: Historisch-anthropologische Methoden

    Sommersemester 2021
    084820 BA M2 Proseminar: Einführung in die Ehrforschung. Kultur- und sozialanthropologische Perspektiven

    Wintersemester 2020/2021
    082833 BA M1 Kurs: Ausgewählte Begleitlektüre zur Vorlesung
    082835 BA M1 Übung: Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten
    082838 BA M3 Übung: Historische Methoden

    Sommersemester 2020
    080820 BA M2 Seminar: Ehre und Ehrungen

    Wintersemester 2019/2020
    088822 BA M1 Seminar: Einführung
    088824 BA M1 Übung: Wissenschaftliches Arbeiten
    088828 BA M3 Übung: Historische Methoden

    Sommersemester 2019
    086820 BA M2 Seminar: Familie und Verwandtschaft – Kultur- und sozialanthropologische Perspektiven
    086824 BA M6 Seminar: Ehre und Ehrungen – Analytische Konzepte und Fallstudien