Julius Virnyi, M.A.

Wissenschaftlicher Mitarbeiter


Institut für Kulturanthropologie/
Europäische Ethnologie

Scharnhorststraße 100
48151 Münster
Raum 419

Tel.: +49 (0)251/83-25121
Fax: +49 (0)251/83-28316
E-Mail: julius.virnyi@uni-muenster.de

Sprechstunde
donnerstags 10-12 Uhr nach Vereinbarung per E-Mail

  • Vita

    07/2025 Karl-Zuhorn-Preis des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe in der Kategorie Nachwuchs
    seit 06/2021 Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie, Universität Münster. Dissertationsprojekt: „Namensänderungen in Westfalen, 1867-1961: Öffentliche Verwaltung zwischen populärer Praxis und politischer Steuerung“ (Arbeitstitel).
    05/2019 –05/2021 Lehrkraft für besondere Aufgaben, Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie, Universität Münster
    12/2018 – 04/2019 Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Patristik und neutestamentliche Textforschung, Universität Münster
    10/2016 – 01/2019 Studium der Kulturanthropologie/Volkskunde, Universität Münster, Abschluss M.A.
    10/2012 – 09/2016 Studium der Kultur- und Sozialanthropologie und Geschichte, Universität Münster. Abschluss: B.A.
  • Forschungsinteressen

    Namenforschung

    Kulturgeschichte der Verwaltung

    Ehre/Ehrungen

    Wissens- und Wissenschaftsgeschichte der Volkskunde

    Universitätsgeschichte

  • Forschungsprojekt

    Promotionsforschung:

    Namensänderungen in Westfalen, 1867-1961: Öffentliche Verwaltung zwischen populärer Praxis und politischer Steuerung (Arbeitstitel)

    Personennamen befinden sich an einer sensiblen Schnittstelle zwischen Individuum und Gesellschaft. Einerseits präsentieren sie sich als intimer und persönlicher Teil eines jeden Menschen und sind mit den Lebensgeschichten und Lebenswegen seiner Trägerinnen und Träger verbunden. Anderseits sind Namen vielfach in kollektiven alltäglichen, rechtlichen und politischen Diskursen und Praktiken eingebettet – auf Ebene der Familie, der Gemeinde und des Staates.

    An diesem Spannungsverhältnis setzt das Promotionsprojekt „Namensänderungen in Westfalen“ an, indem es sich in historisch-anthropologischer Perspektive mit der Praxis von öffentlich-rechtlichen Namensänderungen im Regierungsbezirk Münster in dem Zeitraum von 1867 bis 1961 befasst.

    Seit dem späten 18. Jahrhundert wurde die Namensführung in Preußen zunehmend verrechtlicht, standardisiert und reguliert. Namensänderungen, die nicht durch das Zivilrecht geregelt wurden (Heirat, Scheidung, Adoption), galten seitdem als begründungsbedürftige Ausnahmefälle, die vom Staat – seit 1822 direkt durch den König und ab 1867 durch die Bezirksregierungen – genehmigt werden mussten. Im Rahmen dieser Fälle entstand ein mal mehr mal weniger intensiver schriftlicher Austausch zwischen Antragstellerinnen und Antragstellern, Verwaltungsbehörden (Regierungspräsidium, Landratsamt, Bürgermeisteramt, Amtsgericht, Amt, Innen- und Justizministerium, Standesamt) und je nach Kontext weiteren Personen (z.B. Familienangehörige, Namensträger) und Institutionen (u.a. Polizeibehörden, Pfarrgemeinden, Fürsorgeheime). Unter den informationsliefernden und entscheidenden Behörden zirkulierte eine Vielzahl an Schreiben, Protokollen, Formularen, Urkunden und Aktennotizen. Diese Aktenbestände, deren Überlieferung sich überwiegend in den Archivbeständen der Landes- und Kommunalarchive befindet, bilden die Quellengrundlage der Arbeit. Ein weiterer, ergänzender Teil des Quellensamples ergibt sich aus den zeitgenössischen Expertendiskursen, wie sie sich etwa in juristischen Fachzeitschriften und Ratgeberpublikationen für die Verwaltungspraxis darstellen.

    Analytisch sind zwei Perspektiven zentral: einerseits die der Antragstellerinnen und Antragsteller und die Frage danach, welche Anlässe und Gründe sie für Namensänderungen zu Protokoll gaben und wie sie diese in der Interaktion mit der Bürokratie im Rahmen ihrer Möglichkeiten beschrieben und plausibilisierten. Ging es vorranging um die Ablehnung des bisherigen Namens oder um die Annahme des neuen Namens? Sollte ein Name verdeutscht, die Schreibweise geändert oder eine vermeintlich falsche Eintragung im Kirchenbuch bzw. Standesamtsregister korrigiert werden? Dem gegenüber stehen die Perspektive der Verwaltung und die Bearbeitungspraxis der Änderungsgesuche. Welche Behörden, (staatliche und nichtstaatliche) Institutionen und Personen wurden involviert, wie äußerte sich die Kommunikation zwischen ihnen und wann setzte politische Steuerung ein? Wie zeigt sich in diesem Feld das Verhältnis zwischen populärer Praxis und politischer Gesellschaftsordnung, vermittelt durch die staatlichen Verwaltungen? Welche Informationen und Dokumente von und über Antragstellerinnen und Antragsteller wurden angefordert und in welchen Kreisen zirkulierten sie? Wie wurden sie gelesen und für den Entscheidungsprozess genutzt? In übergeordneter Weise stellt sich die Frage, welche Rolle dabei Kategorien wie Identität, Herkunft, Familie, Verwandtschaft, Geschlecht, Volk, Rasse, Nation und Staatsbürgerschaft implizit und explizit in der Kommunikation zwischen den Akteuren einnahmen und wie sich diese im Zeitverlauf wandelten.

    Theoretisch orientiert sich die Forschung an Impulsen aus der Anthropology of Bureaucracy und der Kulturgeschichte der Verwaltung. Verwaltung und Behörden werden in dieser Lesart nicht als neutrale und rationale Ausführer von Gesetzesvorgaben gesehen, sondern vielmehr als Orte lokaler Herrschaftsausübung aber auch des Eigen-Sinns und der Widerständigkeit konzipiert, in denen mit den „little tools of knowledge“ (Peter Becker) – dem Verfassen, Dokumentieren, Zirkulieren und Archivieren von Informationen – aktiv Wissen produziert, interpretiert und transformiert wird. In dieser Perspektive werden Subjekte, soziale Beziehungen und ‚Wirklichkeit‘ nicht bloß repräsentiert, sondern vielmehr erst geschaffen und immer wieder verändert. Das Sprechen und Aushandeln von Namen und Namenspraktiken als eines der zentralen „state projects of legiblity“ (James Scott) geben in diesem Gefüge weitreichende Erkenntnisse über (alltags)kulturelle und soziale Ordnungen sowie Wissens- und Machtbestände.

  • Publikationen

    Monographien

    Geehrte Volkskunde. Ehrenpromotionen und Ehrenbürgerschaften an der Universität Münster (1922-1968) (Münsteraner Schriften zur Kulturanthropologie/Europäischen Ethnologie, Bd. 21). Münster/New York 2021: Waxmann.

    Rezensionen:
    Volkskunde. Tijdschrift over de cultuur van het dagelijks leven 122:1 (2021), S. 122-125 (Marc Jacobs)

    Westfälische Forschungen 74 (2024), 665-667 (Bernd Weber)

    Aufsätze und Beiträge

    „da ich den festen Glauben hatte, daß dieses mein richtiger Name war“ – Namen in Westfalen zwischen staatlichen Wissensbeständen und gelebtem Alltag um 1900. In: Westfalen/Lippe – historisch. Blog der Historischen Kommission für Westfalen (LWL) (erscheint Ende 2025)

    „Da der Münsterländer Bauer gerne an das Althergebrachte festhält“ – Hofnamen in Westfalen zwischen Alltag und staatlicher Regulierung, 1901-1919. In: Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie 73:2 (2025) (erscheint Ende 2025)

    „Kann man ihn als einen aufrechten Überläufer zum Deutschtum ansehen?“ Namensänderungsanträge von ‚Ruhrpolen‘: Alltag und nationalistische Politisierung, 1901-1914. In: Joachim Baur/Claus-Marco Dieterich/Michaela Haibl/Gudrun M. König/Jens Stöcker/Markus Tauschek/Jan Watzlawik (Hgg.): Analysen des Alltags. Komplexität, Konjunktur, Krise. Tagungsband des 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft (DGEKW), 4. bis 7. Oktober 2023, Technische Universität Dortmund (erscheint Ende 2025).

    „Ich halte trotzdem meinen Antrag aufrecht und bitte, demselben zu entsprechen.“ Zur Praxis der Verwaltung am Beispiel von Namensänderungen in Westfalen. In: Westfalen/Lippe - historisch. Blog der Historischen Kommission für Westfalen (LWL), 16/06/2023, https://hiko.hypotheses.org/2910.

    Hofnamen. In: Graugold: Magazin für Alltagskultur 2 (2022), S. 160.

    Zum Gedenken an Paul Krause. In: Sabine Happ/Veronika Jüttemann (Hgg.): „Es ist mit einem Schlag alles so restlos vernichtet“. Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Münster (Veröffentlichungen des Universitätsarchivs Münster, Bd. 12). Münster 2018: Aschendorff, S. 526-530.

    Zum Gedenken an Aurel von Szily. In: Sabine Happ/Veronika Jüttemann (Hgg.): „Es ist mit einem Schlag alles so restlos vernichtet“. Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Münster (Veröffentlichungen des Universitätsarchivs Münster, Bd. 12). Münster 2018: Aschendorff, S. 628-633.

    Der Fußball. In: Lena Krull (Hg.): Westfälische Erinnerungsorte. Beiträge zum kollektiven Gedächtnis einer Region (Forschungen zur Regionalgeschichte, Bd. 80). Paderborn 2017: Fernand Schöningh, S. 443-456.

  • Vorträge (Auswahl)

    2025

    "um nicht für alle Zeiten als Pollake zu gelten" – Gesuche um Verdeutschungen "polnisch klingender" Namen im westfälischen Ruhrgebiet, 1901-1919
    Flurnamen, Ortsnamen, Familienamen. Workshop zur Namenforschung. Kommission Alltagskulturforschung für Westfalen, Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Sauerland-Museum, Arnsberg, 22. November 2025.

    „Ich meine, solch veraltete Zustände gehören nicht mehr in unsere heutige Zeit“ - Hofnamen in Westfalen zwischen populärer Praxis und administrativem Alltag, 1901-1919
    Öffentlicher Vortrag im Rahmen der Mitgliederversammlung der Kommission Alltagskulturforschung für Westfalen, Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Freilichtmuseum Hagen, Museumsterrassen, 24. Oktober 2025.


    2024

    „Sitte“ oder „Unsitte“? Hofnamen in Westfalen zwischen Alltag und staatlicher Regulierung, 1901-1919.
    Neue Forschungen zu Themen der Geschichte der ländlichen Gesellschaft. Sommertagung der Gesellschaft für Agrargeschichte. Landwirtschaftsverlag, Münster-Hiltrup, 28. Jun 2024.

    Namensänderungen in Westfalen, 1900-1919: Historisch-anthropologische Perspektiven.
    Historisch-kulturwissenschaftliche Werkstatt (hwk). Institut für Empirische Kulturwissenschaft. Universität Hamburg, 16. Januar 2024.


    2023

    Namensänderungen in Westfalen, 1867-1961: Öffentliche Verwaltung zwischen populärer Praxis und politischer Steuerung.
    Analysen des Alltags: Komplexität, Konjunktur, Krise. 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft. Seminar für Kulturanthropologie des Textilen. Technische Universität Dortmund, 6. Oktober 2023.

    Vorstellung des Promotionsprojekts.
    Verwaltung als Praxis. Workshop zu Theorien und Methoden einer kulturwissenschaftlich gewendeten Geschichte des Verwaltens. Ruhr-Universität Bochum/Universität Wien, 14. Juli 2023.

    Vorstellung des Promotionsprojekts.
    5. Workshop für Doktorandinnen und Doktoranden zur Geschichte Westfalens. Historische Kommission für Westfalen. Historisches Museum Bielefeld, 10. März 2023.


    2022

    „Ich bin ein guter Deutscher und möchte daher einen guten deutschen Namen führen.“ Namensänderungsanträge von „Ruhrpolen“ im frühen 20. Jahrhundert.
    Forschung for Future. Ein Kolloquium von Promovierenden für Promovierende. Historisches Seminar. Universität Münster, 29. November 2022.

    „Aus Liebe zum Deutschtum und im Interesse meines Kindes.“ Einblicke in die Gesuche um Namensänderungen der „Ruhrpolen“ in den Akten der Regierung Münster, 1900-1914.
    Doktorandenkolloquium Dortmund-Münster. Seminar für Kulturanthropologie des Textilen. Technische Universität Dortmund, 30. Juni 2022.


    2021

    Vorstellung des Promotionsprojekts.
    Forschungskolloquium Familie und Verwandtschaft: historische und aktuelle Zugänge. Universität Münster, 28. Januar 2021.

  • Lehre

    Wintersemester 2024/2025
    084822 BA M1 Übung: Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten

    Wintersemester 2023/2024
    084822 BA M1 Übung: Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten

    Wintersemester 2022/2023
    080305 Kolloquium: Familie und Verwandtschaft: Historische und aktuelle Zugänge
                         [gem. mit PD Dr. Bettina Bock von Wülfingen, Dr. Michael Hecht, Prof. Dr. Isabel Heinemann,
                         Prof. Dr. Silvia Schultermandl & Prof. Dr. Elisabeth Timm]
    080822 BA M1 Übung: Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten

    Sommersemester 2022
    088300 Kolloquium: Familie und Verwandtschaft: Historische und aktuelle Zugänge
                         [gem. mit PD Dr. Bettina Bock von Wülfingen, Dr. Michael Hecht, Prof. Dr. Isabel Heinemann,
                         Prof. Dr. Silvia Schultermandl & Prof. Dr. Elisabeth Timm]

    Wintersemester 2021/2022
    086294 Kolloquium: Familie und Verwandtschaft: Historische und aktuelle Zugänge
                         [gem. mit Dr. Michael Hecht, Prof. Dr. Isabel Heinemann, Christian Kintner & Prof. Dr. Elisabeth
                         Timm]
    086821 BA M1 Kurs: Ausgewählte Begleitlektüre zur Vorlesung
    086825 BA M3 Methodenseminar: Historisch-anthropologische Methoden

    Sommersemester 2021
    084820 BA M2 Proseminar: Einführung in die Ehrforschung. Kultur- und sozialanthropologische
                         Perspektiven

    Wintersemester 2020/2021
    082833 BA M1 Kurs: Ausgewählte Begleitlektüre zur Vorlesung
    082835 BA M1 Übung: Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten
    082838 BA M3 Übung: Historische Methoden

    Sommersemester 2020
    080820 BA M2 Seminar: Ehre und Ehrungen

    Wintersemester 2019/2020
    088822 BA M1 Seminar: Einführung
    088824 BA M1 Übung: Wissenschaftliches Arbeiten
    088828 BA M3 Übung: Historische Methoden

    Sommersemester 2019
    086820 BA M2 Seminar: Familie und Verwandtschaft – Kultur- und sozialanthropologische
                         Perspektiven
    086824 BA M6 Seminar: Ehre und Ehrungen – Analytische Konzepte und Fallstudien