Geschichte des Haus der Niederlande

1589-2025
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Das Gebäude, das heute das Haus der Niederlande beherbergt, wurde im Jahr 1589 im Herzen von Münster erbaut. Es diente über zwei Jahrhunderte hinweg der Kramergilde als Versammlungsort und Lagerstätte für Waren. Aus dieser ursprünglichen Nutzung leitet sich auch der Name Krameramtshaus ab. Besonders bedeutend war der sogenannte Zunftsaal, in dem Bankette und Gildetreffen stattfanden, sowie das prächtig ausgestattete Kaminzimmer mit seiner bis heute erhaltenen Holzvertäfelung aus dem Jahr 1621.

Im Krameramtshaus wurde Geschichte geschrieben: Während der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden, der den Dreißigjährigen Krieg beendete, residierten hier die acht Gesandten der Niederlande. Im Kaminzimmer fand am 30. Januar 1648 die Unterzeichnung des Friedensvertrags zwischen den Niederlanden und Spanien statt – ein zentraler Schritt auf dem Weg zur Anerkennung der Niederlande als souveräner Staat. Das Krameramtshaus kann somit als eine Geburtsstätte des niederländischen Staates angesehen werden.

 

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Nach der Auflösung der Gilden im frühen 19. Jahrhundert erlebte das Haus mehrere Eigentümerwechsel. 1824 gelangte es in den Besitz eines Privatkonsortiums, bevor es 1842 von der Stadt Münster gekauft wurde. Das Gebäude wurde für unterschiedlichste Zwecke genutzt: zunächst als städtische Pfandleihanstalt, später als Sitz des Westfälischen Provinzialvereins für Wissenschaft und Kunst.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Krameramtshaus zwar nicht zerstört, aber schwer beschädigt. Nach Kriegsende wurde es aufwendig renoviert. Von 1946 bis 1949 diente der Zunftsaal sogar als Notkirche, da die nahegelegene Lambertikirche von mehreren Bomben getroffen worden war.

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Ab den 1950er Jahren wurde der Gebäudekomplex zu einem wichtigen städtischen Kulturzentrum. Neben der Stadtbücherei fanden hier das Stadtarchiv, das Kulturdezernat und das Presseamt ihren Platz. Mit der Zeit zog jedoch ein Großteil dieser Einrichtungen wieder aus, da die wachsende Stadtbücherei mehr Raum beanspruchte. 1993 wurde schließlich eine neue Zentralbibliothek neben dem Krameramtshaus eröffnet.

Nach umfassender Renovierung zog 1995 das neu gegründete Haus der Niederlande im Krameramtshaus ein. Die feierliche Eröffnung am 15. Mai 1995 fand im Beisein des niederländischen Kronprinzen Willem-Alexander und des belgischen Kronprinzen Philippe statt – symbolträchtig zum Jahrestag des niederländisch-spanischen Teilfriedens von 1648. Zeitgleich zog der Nachfolgeverein der Kaufmannschaft von 1835 erneut in das Haus ein, was eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlug.

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Das Haus der Niederlande vereint heute drei Einrichtungen der Universität Münster: das Institut für Niederländische Philologie, das Zentrum für Niederlande-Studien (ZNS) sowie die Bibliothek im Haus der Niederlande. Seit 1995 ist es ein Ort der akademischen Lehre, der Forschung und kulturellen Austauschs mit den Niederlanden und Flandern. Zahlreiche Studierende, WissenschaftlerInnen, aber auch interessierte BürgerInnen nutzen das Haus als Begegnungsstätte.

In den letzten Jahrzehnten fanden hier unzählige Veranstaltungen statt – von Vorträgen, Tagungen und Lesungen bis hin zu Ausstellungen und Konzerten. Hochrangige Gäste wie König Willem-Alexander und Königin Maxima, niederländische Ministerpräsitenten, der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl und MinisterpräsidentInnen aus NRW, sowie renomierte AutorInnen und KünstlerInnen waren im Haus zu Gast. Aktuelle Themen, die sowohl Deutschland als auch die Niederlande und Flandern betreffen, wie zum Beispiel Drogenpolitik, Sexismus in der Literatur, Diskriminierung, Rassismus oder Erinnerungskultur, werden in Ausstellungen und Abendverstaltungen angesprochen und bieten Gelegenheit für informative Begegnungen und interessante Gespräche

Auch in Zukunft wird das Haus der Niederlande nicht nur WissenschaftlerInnen und Studierenden, sondern auch all den BürgerInnen offen stehen, die sich für die westlichen NachbarInnen interessieren. Es ist und bleibt ein bedeutender Ort der Erinnerung, Bildung und Verständigung zwischen Deutschland und den Niederlanden.

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