GOTTES FREVNDT, DER PFAFFEN FEINDT – Studierende erhalten anhand von Exponaten des LWL Museums Einblicke in die Sprache der Frühen Neuzeit
Nicht sprichwörtlich, sondern im wahrsten Sinne des Wortes „bei Adam und Eva“ begann eine Exkursion von Germanistik-Studierenden im LWL Museum für Kunst und Kultur. Allerdings handelte es sich um ein ganz besonderes Paar: einem, das nach dem großen Bildersturm durch die Wiedertäufer im Frühjahr 1534 in Münster von Johann Brabender für den Dom gefertigt wurde. Auftraggeber war Dietrich von Meschede im Jahr 1545, wie eine Putte zu Füßen des Baums der Erkenntnis auf einer Inschrift präsentierte.
Zeitlich liegt die Skulpturengruppe somit zu Beginn der Frühen Neuzeit und die Umstände ihrer Entstehung sind aufs Engste mit den Ereignissen der Reformation verbunden. Damit waren die Studierenden direkt in dem Zeitraum, mit dem sie sich in diesem Semester besonders beschäftigen. In ihrem Seminar „Sprache und Reformation“ unter der Leitung von Dr. Anna-Maria Balbach werden sie sich mit verschiedenen Quellen des 16. bis 18. Jahrhunderts auseinandersetzen und den Eigenheiten der damaligen Sprache nachspüren. Besonderes Gewicht erhalten dabei die Einflüsse von Reformation und Gegenreformation, die zum Beispiel dazu führten, dass Protestanten bewusst andere Wörter und Schreibweisen verwendeten als Katholiken.
Als eindrücklichen Einstieg in den historischen Kontext der Frühen Neuzeit unternahmen die Studierenden mit ihrer Dozentin die Exkursion in das neue LWL Museum in Münster. Dort führte der Kunsthistoriker Nico Niehoff die Gruppe anhand imposanter Skulpturen, Gemälden und Goldschmiedearbeiten in das Leben und die Kultur der Menschen zwischen dem Thesenanschlag 1517 und dem Westfälischen Frieden 1648 ein. Besonders interessant für die Germanistik-Studenten waren dabei die Schriftzeugnisse aus dieser Zeit. So konnten sie ein Exemplar der Luther-Bibel von 1555 bewundern, eine Schrift gegen das Wiedertäufertum mit einem Vorwort von Martin Luther, ein Flugblatt von 1622, das über die Brandschatzungen des „tollen“ - im Sinne von verrückten - Christian von Braunschweig berichtete, Briefe über die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden und zahlreiche Münzen mit aufschlussreichen Inschriften.
Unter den Münzen fand sich auch der so genannte „Pfaffenfeindtaler“. Dieser Taler diente der protestantischen Propaganda in mehrfacher Weise. Seine Inschrift „GOTTES FREVNDT, DER PFAFFEN FEINDT“ richtete sich gegen die katholischen Geistlichen, die damals abwertend als „Pfaffen“ bezeichnet wurden. Der „tolle“ Christan ließ diese Münzen drucken, um im Dreißigjährigen Krieg sein 20.000 Mann starkes Heer zu bezahlen. Der Legende nach hatte er zuvor den Paderborner Domschatz geraubt, der unter anderem auch den wertvollen Reliquienschrein des Heiligen Limborius, des Stattheiligen von Paderborn, enthielt. Diesen schmolz er ein, um daraus seinen „Paffenfeindtaler“ zur Verspottung der Katholiken zu gießen.
Den Abschluss fand die Führung in der Ausstellung zum Westfälischen Frieden von 1648. Hier erfuhren die Studierenden aus Sicht eines Gesandten des Papstes über die Verhandlungen in Münster. Dieser Gesandte berichtete regelmäßig nach Rom, um den Papst über den Fortschritt der fünf Jahre andauernden Verhandlungen zu unterrichten. Da der Fortschritt nicht immer nennenswert war, füllte der Gesandte die Seiten häufig auch auf andere Art und Weise. So erfährt man, dass das Wetter in Münster schon im 17. Jahrhundert hauptsächlich schlecht war und sich die Stadt im ständigen Regen befand. Des Weiteren schimpft er über das Westfälische Essen, das so miserabel sei, dass man es in Italien nicht einmal den Hunden vorsetzen würde.
Mit diesen Ausführungen ging eine äußerst interessante und kurzweilige Führung zu Ende, die den Studierenden einen anschaulichen Einblick in die Zeit von Reformation und Gegenreformation ermöglicht hatte.
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