DFG-Projekt: Gewissensverständnisse im Deutschen Bundestag: Ethische Implikationen für Abstimmungen ohne Fraktionsdisziplin

Im Juli 2023 ist das DFG-Projekt "Gewissensverständnisse im Deutschen Bundestag: Ethische Implikationen für Abstimmungen ohne Fraktionsdisziplin" gestartet. Im Projekt wird der Begriff des Gewissens, der im politischen System der BRD als Kern des Mandatsverständnisses zentral für die parlamentarische Entscheidungsfindung ist, im Kontext seiner Verwendung im Deutschen Bundestag aus theologisch-philosophischer Perspektive untersucht. Es gilt, eine Grundlage für weitere Auseinandersetzungen zu schaffen sowie eine Reflexion der Verwendung des Gewissensbegriffs zu initiieren.

Das Projekt wird geleitet von Prof. Dr. Monika Bobbert.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt ist Dr. Marius Menke.

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Forschungsschwerpunkt Ethik und Psychologie

Ethik und Psychologie befassen sich beide mit dem Menschen und seinem Handeln, was eine Zusammenarbeit der beiden Disziplinen, obwohl sie unterschiedlichen Methoden und Fragestellungen folgen, interessant macht.
Vor allem der anwendungsbezogenen Ethik kann die Psychologie Erkenntnisse und Konzepte zu ethisch relevanten Fragen bieten. So erforscht beispielsweise die allgemeine Psychologie moralrelevante Handlungsvoraussetzungen wie Situationswahrnehmung oder Motivation. Autonomiefähigkeit und moralische Urteilsbildung untersucht die Entwicklungspsychologie. Die Persönlichkeitspsychologie fragt nach interindividuellen Unterschieden im Hinblick auf moralische Überzeugungen. Außerdem untersucht die Psychologie beispielsweise, inwieweit ein Mensch seine Affekte kontrollieren kann oder wie die Fähigkeit zur Perspektivübernahme gelernt und ausdifferenziert wird.

Ziel des Forschungsschwerpunktes ist es, für beide Disziplinen relevante Konzepte und Begriffe aus ethischer sowie psychologischer Perspektive zu beleuchten, methodische und inhaltliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzuzeigen, und so die Grundlage für eine stärkere interdisziplinäre Zusammenarbeit zu schaffen.

Im Rahmen des Forschungsschwerpunkts wird gemeinsam mit Prof. Dr. Dr. Jochen Sautermeister vom moraltheologischen Seminar der Universität Bonn ein Handbuch erarbeitet.

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Forschungsschwerpunkt Assistierter Suizid

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020 zu § 217 StGB hat das seit 2015 geltende Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nichtig erklärt und betont, dass jeder Mensch das Recht habe, seinem Leben ein Ende zu setzen und dabei die Hilfe anderer in Anspruch zu nehmen. Während Sterbehilfevereine und Sterbehilfebefürworter:innen das Urteil begrüßten, wurde von anderen Seiten kritisiert, dass die Spannung zwischen dem Grundrecht auf Leben und dem Grundrecht auf freie Persönlichkeitsentfaltung nicht zu Lasten eines der Grundrechte aufgelöst werden dürfe. Die Kirchen kritisierten, dass sozialer Druck dazu führen könne, dass Menschen sich für den assistierten Suizid entscheiden, und dass die Gefahr bestehe, dass Menschen angesichts von Lebenskrisen oder Problemen in höherem Alter individualisiert den Weg der Selbsttötung wählten statt auf soziale Unterstützung und gesellschaftliche Lösungen zu setzen.
Ärzt:innen und Pflegende sind verunsichert und die Abgeordneten des deutschen Bundestages entwickelten Vorschläge für eine rechtliche Neuregelung, die bei einer Abstimmung im Juli 2023 letztlich keine Mehrheit fanden. In Bezug auf das Bestreben einer rechtlichen Regelung haben sich folgende zentrale Problembereiche herauskristallisiert:

Wie lassen sich die "Freiverantwortlichkeit" und die „Festigkeit/Ernsthaftigkeit“ eines Wunsches nach assistiertem Suizid als Voraussetzungen gewährleisten? Welche Verantwortung und damit verbundene Aufgaben haben in diesem Zusammenhang die Außenstehenden? Wie können Menschen in Krisensituationen und schwierigen Lebensphasen unterstützt werden, um gangbare Alternativen zur Selbsttötung zu erschließen? Lässt sich durch ein "Schutzkonzept" verhindern, dass soziale Probleme durch das Naheliegen der Möglichkeit eines assistierten Suizids individualisiert werden?

Zudem stellen sich im Bereich der Seelsorge angesichts der Möglichkeit eines assistierten Suizids ethische und (kirchen)rechtliche Fragen.

Den genannten und weiteren Fragen wird im Forschungsschwerpunkt Assistierter Suizid nachgegangen.

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Forschungsschwerpunkt Care-Ethik

Im Anschluss an die Forschung der Psychologin Carol Gilligan, die sich mit der Arbeit Lawrence Kohlbergs auseinandersetzte, sind seit den 1980er Jahren insbesondere im Kontext feministischer Ethik zahlreiche Care-Ethik-Ansätze entstanden. Sie nehmen v. a. die menschliche Verletzlichkeit, Relationalität und Abhängigkeit in den Blick und weniger stark die Souveränität und Autonomie des Menschen. Außerdem soll Gefühlen und Empathie in ihrer Bedeutung für die Ethik Rechnung getragen werden.
Moraltheologie und Christliche Sozialethik weisen zwar vielfältige Bezüge zu Sorge/Care auf, unter anderem in der Beziehungsethik, in Medizin- und Gesundheitsethik, einer Ethik der (Erwerbs-)Arbeit und einer Ethik des Wohlfahrtsstaates. Wenig geklärt ist jedoch bisher, was das Spezifische einer Care-Ethik als Ethiktyp oder Paradigma in den theologisch-ethischen Fächern ausmacht und ob sich die theologische Ethik mit Sorge/Care nicht nur bereichsspezifisch sondern grundlegend befassen sollte.

Prof. Dr. Monika Bobbert hat zusammen mit Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins im September 2023 den 41. Kongress der Internationalen Vereinigung für Moraltheologie und Sozialethik zum Thema "Sorge - Care. Anthropologische Zugänge  - Ethische Konzepte - Gesellschaftliche Praxen" ausgerichtet. Der Forschungsschwerpunkt Care-Ethik wird in Publikationen und Forschungsprojekten vertieft werden.

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