Assistierter Suizid

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020 zu § 217 StGB hat das seit 2015 geltende Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nichtig erklärt und betont, dass jeder Mensch das Recht habe, seinem Leben ein Ende zu setzen und dabei die Hilfe anderer in Anspruch zu nehmen. Während Sterbehilfevereine und Sterbehilfebefürworter:innen das Urteil begrüßten, wurde von anderen Seiten kritisiert, dass die Spannung zwischen dem Grundrecht auf Leben und dem Grundrecht auf freie Persönlichkeitsentfaltung nicht zu Lasten eines der Grundrechte aufgelöst werden dürfe. Die Kirchen kritisierten, dass sozialer Druck dazu führen könne, dass Menschen sich für den assistierten Suizid entscheiden, und dass die Gefahr bestehe, dass Menschen angesichts von Lebenskrisen oder Problemen in höherem Alter individualisiert den Weg der Selbsttötung wählten statt auf soziale Unterstützung und gesellschaftliche Lösungen zu setzen.
Ärzt:innen und Pflegende sind verunsichert und die Abgeordneten des deutschen Bundestages entwickelten Vorschläge für eine rechtliche Neuregelung, die bei einer Abstimmung im Juli 2023 letztlich keine Mehrheit fanden. In Bezug auf das Bestreben einer rechtlichen Regelung haben sich folgende zentrale Problembereiche herauskristallisiert:

Wie lassen sich die "Freiverantwortlichkeit" und die „Festigkeit/Ernsthaftigkeit“ eines Wunsches nach assistiertem Suizid als Voraussetzungen gewährleisten? Welche Verantwortung und damit verbundene Aufgaben haben in diesem Zusammenhang die Außenstehenden? Wie können Menschen in Krisensituationen und schwierigen Lebensphasen unterstützt werden, um gangbare Alternativen zur Selbsttötung zu erschließen? Lässt sich durch ein "Schutzkonzept" verhindern, dass soziale Probleme durch das Naheliegen der Möglichkeit eines assistierten Suizids individualisiert werden?

Zudem stellen sich im Bereich der Seelsorge angesichts der Möglichkeit eines assistierten Suizids ethische und (kirchen)rechtliche Fragen.

Den genannten und weiteren Fragen wird im Forschungsschwerpunkt Assistierter Suizid nachgegangen.

Aktuelle Publikationen

Bobbert, Monika (Hrsg.): Assistierter Suizid und Freiverantwortlichkeit. Wissenschaftliche Erkenntnisse, ethische und rechtliche Debatten, Fragen der Umsetzung, Baden-Baden 2022 (Ethik und Recht in der Medizin, 45).
Rezension von Heike Schmoll in der FAZ

Bobbert, Monika: Einleitung: Assistierter Suizid und Freiverantwortlichkeit, in: dies. (Hrsg.), Assistierter Suizid und Freiverantwortlichkeit. Wissenschaftliche Erkenntnisse, ethische und rechtliche Debatten, Fragen der Umsetzung, Baden-Baden 2022, S. 11-34.

Bobbert, Monika: Ein freier, informierter und dauerhafter Wille zum assistierten Suizid? Psychologische und ethische Fragen, in: dies. (Hrsg.), Assistierter Suizid und Freiverantwortlichkeit. Wissenschaftliche Erkenntnisse, ethische und rechtliche Debatten, Fragen der Umsetzung, Baden-Baden 2022, S. 323-373.