Digitale Edition antiker Textzeugen des Ijobbuches mit Darstellung der Übersetzungsweise

Prof. Dr. Johannes Schnocks

Problemstellung

Das biblische Ijobbuch ist ein Text, der sich mit menschlichem Leid auseinandersetzt. Der ins Unglück geratene Ijob diskutiert mit seinen „Freunden“ und hält dabei daran fest, dass er nicht selbst – durch Fehlverhalten, was dann die Strafe Gottes ausgelöst hätte – an seinem Elend Schuld ist.

Das Buch wird heute als großes Werk der Weltliteratur gesehen. Für die antike jüdische und christliche Rezeption war das aber ein schwieriger Text. Wo kommen wir hin, wenn Gott schlechtes Verhalten nicht bestraft und gutes Verhalten nicht mit Lebensglück belohnt? Und: ist es gut und religiös angemessen, wenn leidende Menschen wie Ijob aufbegehren und mit Gott diskutieren, ja, wenn sie ihm vorwerfen, dass er sie ungerecht behandelt?

Das Ijobbuch der hebräischen Bibel – das ist der Masoretische Text (MT) – ist über weite Strecken ein schwieriger Text. Das gilt erst einmal philologisch (oft extrem seltenes Vokabular; poetische Sprache, die die syntaktischen Möglichkeiten voll ausreizt), aber auch inhaltlich, weil es sich immer wieder an Grenzaussagen heranmacht.

Die antiken Übersetzungen – hier der aramäische Targum (Tg), dazu zwei fragmentarische Übersetzungen aus Qumran und die griechische Übersetzung des Alten Testaments, die Septuaginta (LXX)  – versuchen jeweils, den Text „besser“ zu verstehen. Sie folgen z. T. Auslegungsregeln, die auch sonst im Judentum verwendet werden können. Über weite Strecken können Übersetzungen „unauffällig“ sein. Auch ist es denkbar, dass die Texte, die den Übersetzern vorlagen, von unserem Text abgewichen sind. Es gibt aber auch Fälle, wo der Sinn der Übersetzungen massiv abweicht. Hier kann man dann besonders gut sehen, wie die Übersetzenden gearbeitet haben.

Die Projektidee

Das Projekt einer digitalen Edition der antiken Textzeugen des Ijobbuches möchte die aramäischen Übersetzungen – zwei fragmentarische Über-setzungen aus  Qumran und den rabbinischen Targum – ins Deutsche übersetzen und mit dem hebräischen Text vergleichen. Als „Kontrollgröße“ soll auch der allerdings viel besser bearbeitete griechische Text der Septuaginta hinzugezogen werden.

In einer Synopse der ursprachlichen Tete und ihren deutschen Übersetzungen – das wäre in gedruckter Form eines Buches extrem unübersichtlich – macht die digitale Edition Unterschiede sichtbar und erklärt und kommentiert, wie die antiken Übersetzer gearbeitet haben. Die Übersetzungsweise wird damit deutlich herausgearbeitet.

Ein Beispiel zu Ijob 12,5: Wie aus „Unglück“ (MT) eine „Fackel“ (Tg) „zur festgesetzten Zeit“ (LXX) wird
© IBET | Ludger Hiepel und Johannes Schnocks