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Entzündungen im Gehirn – meine Forschung mit der Fruchtfliege

Ein Beitrag von Dr. Bente Winkler, Biologin an der Universität Münster
(Forschungsgruppe Prof. Dr. Christian Klämbt, Institut für Neuro- und Verhaltensbiologie)
 
Ich bin Bente Winkler und erforsche, wie das Gehirn bei Entzündungen reagiert. Dafür nutze ich die Fruchtfliege Drosophila melanogaster als Modellorganismus.
© Uni Münster – Michael Ibrahim

Was ich erforsche

Ich bin Neurobiologin und habe vor Kurzem meine Doktorarbeit abgeschlossen. In meinem Forschungsprojekt habe ich mir Entzündungsprozesse im Gehirn von Fruchtfliegen angeschaut. Dazu habe ich mit genetisch veränderten Fliegen gearbeitet und neue genetische Stämme erzeugt, bei denen eine Entzündung im Gehirn hervorgerufen wird. Infolgedessen wandern Immunzellen – die ähnlich zu unseren weißen Blutkörperchen sind – in das Gehirn ein. Mit diesem neuartigen Entzündungsmodell habe ich untersucht, wie Immunzellen in das Gehirn eindringen können und was sie dort bei einer Entzündung machen.

Warum meine Forschung wichtig ist

Viele von uns kennen oder kannten bestimmt mal jemanden, der an einer Krankheit wie Multiple Sklerose, Alzheimer oder Demenz erkrankt ist. Bis heute haben wir diese neurodegenerativen Krankheiten allerdings noch nicht so richtig verstanden, und sie können nicht geheilt werden. Inzwischen weiß die Forschung allerdings, dass Entzündungsprozesse im Gehirn bei all diesen neurodegenerativen Erkrankungen eine große Rolle spielen. Wenn das Gehirn entzündet ist, wandern manchmal Immunzellen aus dem Blut in das Gehirn ein. Im Gehirn helfen diese eingewanderten Immunzellen dann, je nach Kontext, die Entzündung entweder aufzulösen oder verschlimmern sie. Dieser wichtige Prozess und die Frage, wie die Immunzellen überhaupt in das Gehirn kommen, sind noch nicht vollständig erforscht. Um genau diese Ereignisse besser zu verstehen, habe ich das Entzündungsmodell in der Fruchtfliege entwickelt.

Mikroskopische Aufnahme eines entzündeten Fruchtfliegengehirns. Zu sehen sind die zwei Gehirnhälften (links) und das Bauchmark (Strang in der Mitte, ähnlich dem Rückenmark bei Säugetieren). Blau dargestellt sind die Nervenzellen. Durch die Entzündung im Gehirn wird die extrazelluläre Matrix (grün) abgebaut, die das Gehirn umgibt. Dadurch können Immunzellen (pink) in das Gehirn eindringen.
© Bente Winkler – Uni Münster

Was ich in meiner Forschung herausgefunden habe

Das Gehirn ist durch die sogenannte Blut-Hirn-Schranke vom Rest des Körpers gut isoliert und vor Keimen geschützt. Vor Kurzem konnte ich mit meinem Entzündungsmodell in der Fruchtfliege herausfinden, dass die Zellen der Blut-Hirn-Schranke bei einer Entzündung eine ganz bestimmte Kette von Signalen aktiviert. Dies ermöglicht es den Immunzellen, in das Gehirn einzuwandern. Der Signalweg führt dazu, dass an der Blut-Hirn-Schranke bestimmte Enzyme produziert werden. Diese Enzyme bauen dann einen Teil der Blut-Hirn-Schranke ab – genauer eine Schicht aus Proteinen, die sogenannte extrazelluläre Matrix. Blockiert man diesen Signalweg, kommen kaum noch Immunzellen in das Gehirn.

Können Fruchtfliegen wirklich bei der Erforschung von Krankheiten helfen?

Obwohl Fruchtfliegen so klein sind und ganz anders aussehen als wir, haben sie mehr Gemeinsamkeiten mit uns, als man denkt. Zum Beispiel haben Fruchtfliegen genau wie der Mensch ein gut geschütztes Gehirn sowie ein angeborenes Immunsystem – und Gehirn und Immunsystem interagieren miteinander. Da bei den Fruchtfliegen jedoch viele Prozesse vereinfachter als beim Menschen sind, nutzen wir sie in der Forschung, um grundlegende Mechanismen zu verstehen. Das Wissen aus der Forschung mit der Fruchtfliege kann dann Hinweise liefern, wie die Prozesse auch beim Menschen ablaufen könnten. Ich hoffe, dass mein Modell in Zukunft dazu beitragen kann, grundlegende Fragen zu Entzündungsprozessen im Gehirn zu beantworten. Dies ist die Voraussetzung dafür, Krankheiten wie Demenz irgendwann besser zu verstehen, und sie bekämpfen und hoffentlich sogar heilen zu können.

Links

Dieser Beitrag ist das Ergebnis eines Workshops zur Wissenschaftskommunikation für Nachwuchsforschende. Die Teilnehmenden lernten grundlegende Herangehensweisen und Qualitätskriterien sowie verschiedene Formate der Wissenschaftskommunikation kennen. Begleitet durch 1:1-Coachings gestalteten sie dann einen Beitrag über ihre eigene Forschung. Der Workshop wurde als Pilotprojekt gemeinsam vom Cells in Motion Interfaculty Centre und dem Centre for Emerging Researchers der Universität Münster entwickelt und durchgeführt.