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Münster (upm)
Mit einem Laser hat Eileen Otte ihr Reiseziel auf einen Zettel projiziert – Lindau am Bodensee.<address>© WWU - Peter Grewer</address>
Mit einem Laser hat Eileen Otte ihr Reiseziel auf einen Zettel projiziert – Lindau am Bodensee.
© WWU - Peter Grewer

Im Kreis der ganz Großen

Als einzige WWU-Studentin nimmt Eileen Otte an der Nobelpreisträger-Tagung in Lindau teil

Diese Mail vom 1. März sah aus wie jede andere. Zunächst. Als Eileen Otte die ersten Worte überflog, war ihr jedoch schnell klar, dass es die Mail war – die Zusage. Ein paar einleitende und freundliche Worte, schließlich der entscheidende Satz: "Wir laden Sie ein, am 66. Lindau Nobel Laureate Meeting teilzunehmen." Die Promotionsstudentin der Physik darf also beim traditionellen Nobelpreisträger-Treffen am Bodensee dabei sein – als einzige Studentin der Universität Münster. "Ganz ehrlich:Am Anfang wusste ich nicht einmal, dass junge Wissenschaftler überhaupt teilnehmen dürfen", sagt die Fünfundzwanzigjährige. "Aber jetzt finde ich es natürlich großartig. Es ist eine wirklich große Ehre."

Das 66. Meeting ist in diesem Jahr der Physik gewidmet. 1951 ins Leben gerufen, soll die Veranstaltung Nobelpreisträger und junge Wissenschaftler zusammenbringen und so das Netzwerk der Wissenschaftler fördern und den Wissenstransfer vor allem zwischen den Generationen erleichtern. "Für die Nobelpreisträger ist die Weitergabe eigener Erfahrungen die ausschlaggebende Motivation, an der Tagung teilzunehmen", meint Christian Schumacher, Mitarbeiter des Lindauer Organisationsteams. "Outstanding" und jünger als 35 Jahre müssen sie sein, die gut 400 Nachwuchswissenschaftler aus mehr als 80 Ländern, denen Gönner und Sponsoren diese einmalige Gelegenheit ermöglichen.

Am 25. Juni wird sich Eileen Otte in Münster in den Zug gen Innsbruck setzen und nach acht Stunden und 27 Minuten in Lindau eintreffen. Sie wird dort 31 Nobelpreisträger kennenlernen, die dem herausragenden Nachwuchs in Vorlesungen ihr Forschungsgebiet näherbringen und sie für ihr Thema begeistern wollen. Unter den Rednern befinden sich große Namen wie Arthur McDonald (Nobelpreis für den Beleg, dass Neutrinos eine Masse haben), Steven Chu (Nobelpreis für die Entwicklung von Methoden zum Kühlen und Einfangen von Atomen mit Hilfe von Laserlicht) oder Klaus von Klitzing, der für die Entdeckung des quantisierten Hall-Effekts ausgezeichnet wurde.

Eileen Otte hat sich "komplexen Lichtfeldern" verschrieben. Man spürt schnell, dass sie für ihr Thema "brennt". „Ich mag dieses Feld, weil es Grundlagenforschung bietet und gleichzeitig sehr anwendungsbezogen ist." Licht sei nicht nur einfach hell. Durch die Beeinflussung der Polarisation des Lichtes kann es zur optischen Mikromanipulation genutzt werden und so Bakterien in einer Petrischale tanzen lassen oder aber auch für die Speicherung, die Kodierung sowie den Transfer von Daten eingesetzt werden.

Das Programm der Tagung umfasst viele wissenschaftliche Themen, die für Laien unaussprechliche Titel haben, aber auch Themen wie "Sport und Physik" finden ihren Platz. Vielleicht kann Eileen Otte nach dem Besuch dieser Vorlesung endlich ihren Sport-Kollegen Antwort geben auf deren häufig gestellten Fragen: Wie kommst du bloß darauf, in Physik zu promovieren? Das ist doch ziemlich weit weg von deinen Hobbys Tanzen und Turnen, oder?

Um außerhalb der klassischen Vorlesungen informell ins Gespräch zu kommen, lässt der Zeitplan des Treffens viel Raum für gesellschaftliche Events. Vom gemeinsamen Frühstück in kleinen Expertenrunden mit sehr speziellen Themen der Physik bis hin zu abendlichen Dinnerveranstaltungen wie "Grill & Chill" ist alles dabei. Die Vernetzung der Wissenschaftler untereinander, aber auch der Austausch von kulturellen Eigenheiten der international zusammengesetzten Gemeinschaft machen diese Veranstaltung so besonders. "Ich möchte unbedingt Hiroshi Amano einige Fragen stellen", hat sich Eileen Otte vorgenommen. Es war der japanische Physiker, der 1989 erstmals blaue Leuchtdioden herstellte und dafür 2014 mit seinen Kollegen den Nobelpreis zugesprochen bekam.

Nachdem Eileen Otte in der Arbeitsgruppe "Nichtlineare Photonik" von Prof. Cornelia Denz angefangen hatte, wurde die Prorektorin für Internationales und wissenschaftlichen Nachwuchs schnell aufmerksam auf die begeisterungsfähige Jung-Physikerin – im September letzten Jahres schlug Cornelia Denz sie dem Dekan zur Nominierung für Lindau vor. Der Fachbereich schloss sich der Beurteilung von Cornelia Denz an und stimmte zu. "Eileen Otte ist eine exzellente Nachwuchs-Wissenschaftlerin, die schon früh und erfolgreich publiziert hat und die auf internationalen Tagungen viel Beachtung gefunden hat", lobt die Chefin. Für Eileen Otte folgte ein langer Prozess der Bewerbungen plus Motivationsschreiben – die Belohnung landete Anfang März in ihrem elektronischen Postfach. "Es ist ein tolles Gefühl, wenn die Heraeus-Stiftung mir sagt, dass es ihnen eine Freude ist, diesen Kongress für mich zu finanzieren", sagt Eileen Otte.

Während der Tagung lädt die Stiftung ihre Stipendiaten gemeinsam mit einigen Nobelpreisträgern zum Dinner ein. Darauf freut sich Eileen Otte besonders, da sie dort die Chance bekommt, wichtige Kontakte zu knüpfen und Kooperationen anzubahnen – entsprechend dem Tagungsmotto "Educate, Inspire, Connect". "Ein Forschungsaufenthalt in einem anderen Labor wäre beispielsweise eine großartige Sache", unterstreicht sie. Während ihrer Masterarbeit absolvierte sie bereits einen Auslandsaufenthalt in einem Labor auf Mallorca und gewann dort viele neue Perspektiven auf ihre Arbeit.

Eileen Otte freut sich auf eine außergewöhnliche Woche. Genau wie ihre Familie und Freunde, die die Daumen drücken, dass sie alles erreicht, was sie sich für die Treffen auf der Blumeninsel Mainau vorgenommen hat. "Jetzt sind sie alle genauso begeistert wie ich", meint sie. "Am Anfang, als ich ihnen das erste Mal von meinem großen Los berichtete, waren sie dagegen eher etwas verwirrt – von diesem Treffen hatten sie noch nie gehört."

Bereits zum 66. Mal findet die Nobelpreisträger-Tagung „Lindau Nobel Laureate Meetings“ am Bodensee statt. Das Treffen der herausragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom 26. Juni bis 1. Juli steht in diesem Jahr im Zeichen der Physik. 31 Nobelpreisträger reisen dazu aus der ganzen Welt an, ebenso 400 junge Forscher.

Quelle: "wissen|leben" Nr. 4, 22. Juni

Autorin: Sarah Eligehausen

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