(A2-6) Religiöse Akteure in der Global Governance

Religiöse Akteure sind in den letzten Jahren zunehmend in den Blick politikwissenschaftlicher Analysen geraten. Hier wurde vor allem die Frage des grundsätzlichen Verhältnisses zwischen nationalstaatlicher Politik und Religion diskutiert, wobei die These einer Säkularisierung von Politik und Gesellschaft sowie der gleichzeitigen Verlagerung des Religiösen ins Private zunehmend kritisch hinterfragt wird. Solche Prozesse der (De-)Säkularisierung finden vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Globalisierung statt. Diese wiederum führt sowohl zur Notwendigkeit internationaler, politischer Steuerung wie auch zu einem Hervortreten neuer normativer Konflikte, bzw. der Verlagerung bestehender normativer Konflikte auf die internationale Ebene. Hierbei eröffnen sich für religiöse nicht-staatliche Akteure, wie auch für andere zivilgesellschaftliche Akteure, neue Opportunitätsstrukturen der politischen Einflussnahme. So können religiöse Akteure zum Beispiel als 'moralische Instanz' in internationalen Verhandlungen diskursive Macht ausüben, sei es über Agenda-Setting-Prozesse oder durch diskursive Strategien des 'Framing' von öffentlichen Debatten. Vor diesem Hintergrund erforscht das Projekt die diskursive Macht religiöser Akteure im Wettbewerb um Deutungshoheit in der internationalen Politik.

Das Projekt untersucht die Bedingungen und Resultate des Konfliktes normativer „Wahrheiten“ in ausgewählten Politikfeldern, speziell der internationalen Entwicklungs- und Umweltpolitik. Dabei nimmt es die Rolle transnationaler religiöser Akteure in supranationalen Arenen, speziell internationalen Verhandlungen und UN-Weltkonferenzen, in den Blick. In diesen globalen Arenen werden zentrale Fragen wie die Definition von Entwicklung, die Frage der globalen Ungleichheit oder die Klima-Problematik verhandelt, die zugleich die normativen Grundlagen einer internationalen Gesellschaft als Wertegemeinschaft berühren: Welche Rolle spielen die besonderen Charakteristika religiöser Akteure in internationalen Verhandlungen und Debatten? Unter welchen Bedingungen können religiöse Akteure ihre Legitimität als glaubwürdige Akteure in diskursive Macht transformieren? Und wie beeinflussen externe Bedingungen wie institutionelle Settings und politische Opportunitätsstrukturen die erfolgreiche Ausübung diskursiver Macht religiöser Akteure und Normen?


Das Projekt ist Teil der Arbeitsplattform E Differenzierung und Entdifferenzierung und der Koordinierten Projektgruppe Verflüssigung und Verfestigung normativer Diskurse.