Vor 75 Jahren: Clemens August Graf von Galen, der "Löwe von Münster" stirbt

Kardinal von Galen beim Empfang in Münster nach seiner Kardinalserhebung.
Kardinal von Galen beim Empfang in Münster nach seiner Kardinalserhebung.
© Bistumsarchiv Münster

Am 22. März 2021 jährt sich zum 75. Mal der Todestag des Münsteraner Clemens August Kardinal von Galen, dem bekanntesten deutschen Bischof aus der Zeit des Nationalsozialismus. Nach seiner Seligsprechung im Jahr 2005 entbrannte in Wissenschaft und Öffentlichkeit eine Kontroverse um die Frage, wie "menschlich" ein Seliger überhaupt sein dürfe. Die am Seminar für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte angesiedelte "Forschungsstelle für die Geschichte des Bistums Münster" unter der Leitung von Prof. Hubert Wolf setzt sich anlässlich des Jahrestags intensiv mit dieser weit über Münster und Deutschland hinaus bekannten Persönlichkeit auseinander.

Papst Pius XII. kreierte am 18. Februar 1946 – knapp ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs – drei deutsche Bischöfe zu Kardinälen, darunter auch Galen. Eine Sensation. Da Münster kein traditioneller Kardinalssitz war, war die Kardinalserhebung Galens auf seinen mutigen Einsatz gegen das NS-Regime zurückzuführen. Als Purpurträger kehrte er nach Westfalen zurück und wurde dort mit frenetischen Jubelstürmen empfangen. Am 22. März 1946 dann die traurige Nachricht, die in der Bevölkerung einen regelrechten Schock auslöste: Kardinal von Galen tot – der Grund: ein Blinddarmdurchbruch.
In seinen drei weltberühmten Predigten vom Sommer 1941 hatte Galen klar gegen das Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten Stellung bezogen. Dieses öffentliche Auflehnen gegen das Regime prägt bis heute das Bild Galens im kollektiven Bewusstsein. Es müssen jedoch auch kritische historische Anfragen, wie etwa die Frage nach seiner problematischen Gutheißung des deutschen Russlandfeldzugs 1941, seiner obrigkeitshörigen national-konservativen Ausrichtung oder gar nach seinem ausbleibenden Protest gegen den Holocaust erlaubt sein. Klar ist allemal: Galen wurde durch seine drei Predigten zum Anwalt der Menschenrechte und zeigte genau zur richtigen Zeit Zivilcourage. In diesem Punkt kann der Münsteraner Bischof auch Vorbild für Menschen heute sein – sei es in Kirche oder Gesellschaft.

Obwohl Galen der meist erforschte deutsche Bischof der NS-Zeit ist, stellt die schwierige Quellenlage eine große Herausforderung für die Galen-Forschung dar: Da ein alliierter Bombenangriff auf das Bischöfliche Palais in Münster während des Krieges fast die komplette Registratur des Generalvikariats samt persönlicher Dokumente Galens zerstört hatte, liegt heute nur noch ein Rumpfbestand historischer Quellen vor. Die langersehnte und im März 2020 erfolgte Öffnung der Aktenbestände aus dem Pontifikat Piusʼ XII. (1939–1958) in den vatikanischen Archiven bietet der "Forschungsstelle für die Geschichte des Bistums Münster" die einmalige Möglichkeit, bisher unbekannte Aktenbestände zu Galen zu heben. Neue Forschungserkenntnisse zum "Löwen von Münster" dürften in den nächsten Jahren zu erwarten sein.

Prof. Dr. Hubert Wolf, der Leiter der Forschungsstelle, und Dr. Matthias Daufratshofer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, haben sich anlässlich des 75. Todestags Galens bereits in unterschiedlichen Medien zu Wort gemeldet: katholisch.de (09.03.2021); epd-Zentralausgabe (09.03.2021); Kirche und Leben (17.03.2021). Am 22. März wurde Dr. Matthias Duafratshofer zudem von der WDR-Lokalzeit Münsterland interviewt (ab 19:48 min).